Fraktionschef Florian Streibl (links) und Hubert Aiwanger liefern sich einen Machtkampf mit der CSU.
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Fraktionschef Florian Streibl (links) und Hubert Aiwanger liefern sich einen Machtkampf mit der CSU.

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Wer wie Aiwanger zocken will, braucht gute Nerven - und Karten, die das auch hergeben

Wer pokert, muss bluffen: Die Gegenspieler sollen glauben, dass er die besten Karten hat - oder haben könnte. Die Freien Wähler versuchen das gerade. Und sie spüren dabei einen Hauch von Weltpolitik, der sie streift.

Denn jetzt, nachdem sich Union, SPD und Grüne doch noch auf das Eine-Billion-Euro-Paket verständigt haben, kommt Bayern im Bundesrat eine Schlüsselrolle zu. Und zwar, so sieht es Aiwanger, vor allem den Freien Wählern. Ziehen sie nicht mit, scheitert das Paket im Bundesrat. Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte: Ausgerechnet Aiwanger, den die Wähler bundespolitisch haben abtropfen lassen, gibt das Zünglein an der Waage.

Die Grünen tun sich leichter als die Freien Wähler

Klar, CSU-Chef Markus Söder hat erst die Grünen und dann die Freien Wähler öffentlich gedemütigt. Er kann nicht aus seiner Haut, muss andere vorführen, damit seine Größe umso strahlender wirkt. Die Union bekommt die Quittung dafür in Berlin und muss sich das - unter anderen Umständen wohl selbstverständliche - grüne "Ja" teuer erkaufen.

Das ist nun passiert. Doch sollte Aiwanger glauben, das spielte seiner Taktik nur in die Hand, dürfte er sich täuschen. Denn das Berliner Paket sieht sehr viel Geld auch für die Länder vor - und dort natürlich auch für die Kommunen.

Anders als die Freien Wähler mussten die Grünen nicht befürchten, dass ihre Basis den Widerstand für falsch hält. Dort sind die Vorbehalte gegen die Bundeswehr groß, sorgen sich viele, das Geld aus dem Infrastrukturtopf könnte vor allem in das Straßen- und nicht ins Schienennetz fließen.

Bedenken, die sie bei den Freien Wählern nicht hegen. Dort fürchten sie etwas anderes: Die Parteispitze könnte ihr ohnehin schmales Blatt überreizen. Denn die Partei lebt von ihrer kommunalen Stärke. Vor Ort aber wissen sie, was die Milliarden für ihre Infrastruktur bedeuten.

Die Basis ist alarmiert

Die kommunalen Spitzenverbände sind längst auf den Barrikaden und drängen auch im Namen ihrer Mitglieder von den Freien Wählern darauf, dass Bayern im Bundesrat dem Paket zustimmt. Zwar tragen das nicht alle Vertreter der Freien dort mit. Doch die kommunalpolitische Verankerung der Aiwanger-Partei ist wesentlich breiter. Und die Angst dort ist groß, dass der Geldregen aus Berlin ausbleiben könnte.

Schlechte Bedingungen für einen Kampf mit der CSU. Dort wissen sie um Aiwangers Karten. Sie wissen, dass die Kommunalwahlen in einem Jahr seine Schicksalswahl sind. Sie können abwarten, bis Aiwangers Widerstand an der Realität scheitert. Es wäre nicht das erste Mal, auch darauf verweisen sie in der CSU mit einer gewissen Häme.

Zumindest in Bayern hat die CSU die besseren Karten. Und mit der SPD noch einen Joker. Denn die würde statt der Freien Wähler sofort in die Regierung gehen. Aiwanger sollte sich gut überlegen, ob er alles auf eine Karte setzt - oder lieber zurückzieht. Gewinnen kann er nichts mehr, aber viel verlieren.

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