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Wichtiges Korrektiv in der Koalition: Warum wir diese FDP sehr wohl brauchen

Stephan Sohr

Chefredakteur Nürnberger Zeitung

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12.2.2024, 16:44 Uhr
Sind sich oft uneins - aber vielleicht ist das auch gut so für die Koalition: Finanzminister Christian Lindner (links) und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

© Britta Pedersen, dpa Sind sich oft uneins - aber vielleicht ist das auch gut so für die Koalition: Finanzminister Christian Lindner (links) und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

SPD und Grüne kommen mit dem Vorwurf der Blockierer von der FDP schnell ums Eck, wenn die Liberalen mal wieder etwas verhindert haben, was ihnen am Herzen liegt. Wer sich selbst als progressiv einstuft, wie es vor allem die Grünen mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein tun, hat es halt nicht gern, wenn jemand, noch dazu aus dem eigenen Koalitionslager, die Frechheit besitzt, den vermeintlichen Fortschritt aufzuhalten.

Dem Markt Entwicklungsmöglichkeiten geben - das ist liberal

Wenn es etwa auf EU-Ebene um schärfere CO2-Grenzwerte für Lkw, Busse oder Autos geht, dann sollen diese Ziele "technologieoffen" erreicht werden, so das Mantra der FDP – mit den sogenannten E-Fuels. Die sind zwar noch weit von der Marktreife entfernt, aber dem Markt die Möglichkeit zu geben, sie dahin zu entwickeln, entspricht liberaler Politik. Deshalb pocht die FDP zu Recht darauf, E-Fuels als mögliche emissionsfreie Energiequelle mit zu berücksichtigen.

Gestoppt wurde auf Einspruch der FDP – und im Übrigen auch Italiens – der Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz. Das sollte noch deutlich über das schon geltende deutsche Gesetz hinausgehen. Abgesehen von der Frage, wie sinnvoll Doppelgesetzgebungen sind, waren die EU-Pläne umstritten, weil die Durchsetzung von Sozial- und Umweltstandards schon für Unternehmen ab 500 Mitarbeitern und mehr als 150 Millionen Euro Jahresumsatz gelten sollte. Die sich dann überlegen könnten, sich aus Ländern zurückzuziehen, in denen die Standards kaum einzuhalten, geschweige denn zu überprüfen sind. Was wiederum ärmeren Ländern mehr schaden als nutzen könnte.

Heizungsgesetz: Frühere Blockade der FDP hätte Koalition gut getan

Erinnert sei ferner an das berühmt-berüchtigte Heizungsgesetz. Ein grünes Prestigeprojekt, das die halbe Republik in Wallung brachte. Da hätte frühzeitige "Blockade" durch die FDP dem Koalitionsfrieden wohl gut getan. Doch die Liberalen setzen anscheinend bewusst auf den Knalleffekt, kurz vor knapp ihr Veto geltend zu machen. Mit dem Kalkül, so mehr zu bewirken als in endlosen Dauerverhandlungen.

Freunde macht man sich damit natürlich nicht. Aber gebraucht wird die FDP als marktwirtschaftliches Korrektiv in dieser Koalition trotzdem.

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