Im Nationalpark Monfragüe lassen sich unter anderem Möchsgeier und Gänsegeier beobachten.
© Marlene Weyerer
Im Nationalpark Monfragüe lassen sich unter anderem Möchsgeier und Gänsegeier beobachten.

Zwischen Schinken und Geschichte

Extremadura? Endlich eine Reise in das echte Spanien, fernab aller Touristen-Klischees

Wer im Sommer an so manchen spanischen Strand reist, muss schauen, wo er zwischen Schirmen, Handtüchern und Sonnenbadenden seinen Fuß hinsetzt. Die Halbinsel mitsamt ihrer Inseln ist dann - so scheint es - überfüllt. Ein komplett gegenteiliges Bild bietet die Extremadura im westlichen Landesinneren. Zwischen Portugal und Madrid gelegen, findet man hier weite Landstriche mit wenigen Menschen. Eine Region so groß wie die Schweiz, wie die Niederlande. Aber statt 8,8 beziehungsweise 17,8 Millionen Einwohnern, leben in der Extremadura gerade einmal eine Million Menschen. Selbst ein Riese könnte hier den Fuß an den meisten Stellen abstellen, ohne jemanden zu stören.

Auch Touristen gibt es hier wenige, vor allem aus dem Ausland. 80 Prozent der Besucher sind selbst Spanier. Ein Urlaub, in dem man nicht anderen deutschen Urlaubern begegnet, ist ja fast schon exotisch. Und was findet man hier, wenn schon keine Menschen? Natur und Tiere.

Im Herbst ist es lange angenehm warm, im Frühling blühen große Kirschbaumfelder - und im Gegensatz zur tristen Heimat ist es schon grün. Am Himmel finden wir seltene Vogelarten. Im Nationalpark Monfragüe zum Beispiel lassen sich Mönchsgeier und Gänsegeier beobachten.

Auf den weiten Steineichen-Feldern weiden iberische Schweine. Bis die einmal zum berühmten spanischen Schinken verarbeitet werden, führen sie ein Leben, dass strenge Auflagen erfüllen muss. Pro Hektar dürfen Landwirte im Schnitt nur 1,25 Schweine haben, damit gewährleistet ist, dass die Tiere genug Auslauf haben. Außerdem müssen sie genügend Bäume haben, damit die Schweine sich mindestens die letzten 60 Tage ihres Lebens ausschließlich von Eicheln ernähren.

Die Extremadura zeigt die Geschichte Spaniens

Diese Gegend zeigt einem auf ruhige Art ein ursprüngliches Spanien. Mit Landwirtschaft statt Tourismus, mit viel Natur. Und mit einer Menge Geschichte. Anhand der Region lässt sich die Geschichte Spaniens verdeutlichen wie an kaum einem anderen Fleck des Landes. Viele Städte hier wurden von Römern gegründet. Die eindrucksvollsten Bauten liefert Mérida, eine Stadt wie ein Freilandmuseum. Egal wo die Menschen hier graben, sie stoßen auf antike Ruinen. Was die lokalen Bauherren zur Verzweiflung bringt, ist für Besucher ein wunderbarer Anblick.

Das römische Theater von Mérida wurde schon als Müllhalde verwendet - und ist gerade deswegen sehr gut erhalten.

Das römische Theater von Mérida wurde schon als Müllhalde verwendet - und ist gerade deswegen sehr gut erhalten. © Marlene Weyerer

Das römische Theater zählt zu den am besten erhaltenen der Welt, was zwei "Glücksfällen" zu verdanken ist. Als Diebe einst die Marmor-Säulen aus dem verlassenen Gebäude plündern wollten, hatten sie die Statik des Baus falsch eingeschätzt und wurden unter den Säulen samt Statuen und weiteren Steinen begraben. Die Skelette samt dem Seil, mit dem sie an der Säule ziehen wollten, wurden bei Ausgrabungen gefunden. Weil sie ab da verschüttet waren, sind die (inzwischen wieder aufgebauten) Statuen und Säulen bis heute zu sehen. Später nutzten die Einwohner Méridas das Theater und das Amphitheater daneben als Müllhalde. Der meterhohe Müll konservierte die Werke der Antike.

Die Geschichtsstunde geht weiter: Nach den Römern kamen in Spanien die Visigothen, später eroberten die Mauren weite Teile des Lands. In der Extremadura findet man überall Überbleibsel der arabischen Bauweise. Nach der "Reconquista", der Rückeroberung Spaniens durch die Christen, ließen die Adeligen große Stadtpaläste bauen. In manchen von ihnen kann man übernachten, der spanische Staat hat sie in sogenannte "Paradores" umgebaut. Durch die Nutzung als Hotel konnten so historische Gebäude erhalten werden.

Am besten lässt sich das mittelalterliche Spanien in Cáceres erkunden. Die Stadt im nördlichen Teil der Extremadura könnte Besuchern vorgaukeln, in der Zeit zurückgereist zu sein. Denn der historische Teil der Stadt ist seit der frühen Neuzeit unverändert. Nur die schöne Beleuchtung erinnert bei einem Nachtspaziergang an heute.

Iberische Schweine ernähren sich die letzten 60 Tage ihres Lebens nur von Eicheln.

Iberische Schweine ernähren sich die letzten 60 Tage ihres Lebens nur von Eicheln. © Marlene Weyerer

Wem das noch nicht genug Geschichte war, der kann zum Kloster von Yuste im Nordosten der Provinz Cáceres. Abgeschieden steht hier neben einem Hieronymiten-Kloster, in dem bis heute drei Mönche leben, der Palast, in dem Kaiser Karl V. seine letzten Lebensjahre verbrachte. Karl V. kam damals mit so vielen Soldaten und Dienern aus den Niederlanden angereist, dass bis heute mehr Menschen mit blauen Augen und hellen Haaren in der Region rund um Yuste geboren werden als im Rest der Region.

Nach so viel Geschichte darf man auch mal in der Jetztzeit ankommen. Zum Beispiel in einem der vielen Restaurants, die gute spanische Hausmannskost bieten. Und dazu natürlich leckeren Schinken.

Extremadura ist eine bevölkerungsarme Region im Westen Spaniens.

Extremadura ist eine bevölkerungsarme Region im Westen Spaniens. © Irene Daxer/Punktx

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