Studie zu gewaltbereiten Jugendgruppen in Bayern

Drogen, Waffen, Gewalt: So ticken Jugendbanden auch in Nürnberg

Arno Stoffels

Reporter-Team

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31.3.2023, 12:30 Uhr
Mitglieder von Jugendbanden in bayerischen Großstädten wie Nürnberg werden laut einer neuen Studie der Polizei immer krimineller.

© Alexas_Fotos/Pixabay Mitglieder von Jugendbanden in bayerischen Großstädten wie Nürnberg werden laut einer neuen Studie der Polizei immer krimineller.

Die neue Kriminalstatistik für Bayern ist eindeutig: 561.400 Straftaten wurden im Freistaat im letzten Jahr begangen - 10,4 Prozent mehr als 2021. Aussagekräftiger und auch beruhigender ist die Tatsache, dass die Kriminalität im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 gesunken ist. Allerdings gibt es Bereiche, die den Ermittlern Sorgen bereiten. Kinderpornographie, Erpressung und Betrug im Internet - und die Kriminalität von Jugendgruppen in bayerischen Großstädten, wie jetzt eine Auswertung der Kriminologischen Forschungsgruppe der Bayerischen Polizei (KFG) ergeben hat.

Im Fokus standen dafür Daten zu kriminellen Jugendbanden in Nürnberg, München, Augsburg und Germering im Landkreis Fürstenfeldbruck. Zu der Bande aus Nürnberg zählen 14, zu der aus München 32, zu der in Augsburg über 100 Mitglieder. Die Erkenntnisse der KFG sind durchaus alarmierend. Seit 2018 hat demnach die Zahl der von allen Jugendgruppen begangenen Delikte um das 16-fache zugenommen.

Zum Einsatz kommen Messer, Schlagringe, Schusswaffen

Nicht selten stehen diese Delikte in Verbindung mit Waffen oder Rauschgift. Der Deliktsschwerpunkt der Jugendbanden liegt auf Gewaltkriminalität, welche im Einzelnen die Straftaten Raub und räuberische Erpressung sowie Körperverletzung umfassen. Zusätzlich werden je nach Gruppierung auch häufig Delikte aus dem Bereich der Rauschgiftkriminalität polizeilich registriert.

Die Daten haben ergeben, dass knapp die Hälfte aller Jugendlichen im Verlauf ihrer Gruppenmitgliedschaft Waffen eingesetzt oder zumindest mitgeführt haben. "Das Spektrum an Waffen reicht dabei vom angespitzten Schraubendreher, Baseball- und Golfschläger über Schlagring und Teleskopschlagstock bis hin zu Messer, Machete und Schusswaffe", so die Studie. Bei den meisten der insgesamt 59 registrierten Waffen handelt es sich um Messer, danach folgen Schlagringe und Schreckschusswaffen.

Die Jugendlichen sind im Schnitt 17,6 Jahre alt. Dabei sind 52,8 Prozent zwischen 14 und 17 Jahre und 39,6 Prozent zwischen 18 und 20 Jahre alt. Die meisten Jugendlichen wurden jedoch im Alter zwischen elf und 14 Jahren erstmals wegen eines Delikts polizeilich registriert (61,1 Prozent), so die Erhebung.

In den Gruppen gibt es eine Hierarchie, Straftaten werden gemeinsam begangen

Von den Jugendlichen haben 62,6 Prozent eine deutsche und 37,4 Prozent eine ausländische Staatsangehörigkeit. "Gewaltbereite Jugendgruppen zeichnen sich durch eine interne Hierarchie, eine arbeitsteilige Organisation und gemeinsame Strafrechtsverstöße aus, wobei die Durchsetzung ihrer jeweiligen Normvorstellung auch mit Gewalt erfolgt", heißt es seitens der Polizei.

Die Gruppen sind zu 98,9 Prozent von männlichen Jugendlichen dominiert, die größtenteils eine Haupt- oder Mittelschule besuchen. Zudem belegt die Studie, dass sie überwiegend aus zerrütteten Familienverhältnissen stammen und in sozioökonomisch schwächeren Stadtvierteln aufwachsen. "Diese Viertel sind gekennzeichnet durch einen hohen Anteil an Migranten, ein niedriges Familieneinkommen und beengten Wohnraum".

Zudem bricht der Großteil der Mitglieder frühzeitig laut der Erhebung die Schule ab oder schafft den Abschluss nicht, wodurch ihnen später der Wunschberuf verwehrt bleibt und sich Perspektivlosigkeit ausbreitet. "Durch die Mitgliedschaft in einer gewalttätigen Jugendgruppe suchen die jungen Menschen Respekt und Anerkennung; finanzielle Anreize und der Ersatz für fehlenden familiären Halt sind weitere Motive der Zugehörigkeit."

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