25 Jahre Smartphone

Fluch und Segen: Wie das Smartphone die ganze Welt verändert hat

7.10.2021, 07:06 Uhr
Schwer und teuer: Vor 25 Jahren kam mit dem Nokia 9000 Communicator das erste Smartphone auf den Markt. Doch der wahre Siegeszug der Taschencomputer begann erst mit den Apps. 

© -, dpa Schwer und teuer: Vor 25 Jahren kam mit dem Nokia 9000 Communicator das erste Smartphone auf den Markt. Doch der wahre Siegeszug der Taschencomputer begann erst mit den Apps. 

Natürlich erinnert sich Dr. Annabelle Hornung an ihr erstes Handy. Auf einer Reise nach Prag hatte sie vor über 20 Jahren ein Mobilfunkgerät dabei. „Ich weiß nicht mehr, welche Marke das war. Ich war nur erreichbar und konnte diese SMS schreiben. Das habe ich aber relativ wenig gemacht, weil es mich genervt hat“, sagt die Leiterin des Nürnberger Museums für Kommunikation.

Das war es dann aber auch schon und mehr war in der Regel um die Jahrtausendwende herum weder nötig noch bezahlbar. Mobiltelefone wie der im August 1996 erstmals präsentierte Nokia 9000 Communicator, mit denen auch E-Mails verschickt und - oft mehr schlecht als recht - auf Webseiten zugegriffen werden konnte, waren etwas für Manager oder Technikenthusiasten.

Der Urahn des Computers für die Hosentasche hat im Kommunikationsmuseum auch einen Platz im neuen Bereich „Smarte Welt(en)/25 Jahre Smartphone“. Noch bis 9. Januar 2022 läuft zudem die Sonderausstellung „#neuland: Ich, wir und die Digitalisierung“.

Kaum ein Schlagwort wurde in den letzten Jahren derart inflationär gebraucht, auch weil es im allgemeinen Verständnis für viele verschiedene Dinge steht, von der Steigerung der Rechenleistung und höheren Übertragungsraten über die immer stärkere Vernetzung der Geräte bis hin zu den Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche.

Getrennte Welten

Dabei liegt der Beginn gerade dieser Entwicklung noch gar nicht lange zurück, sagt Hornung. Auch nachdem das Unternehmen Apple im Jahr 2007 das iPhone mit einer damals bahnbrechenden Software auf den Markt brachte, mit Handys auf einmal Fotos bearbeitet und bequem im Internet gesurft werden konnte, wurde noch viel am stationären PC erledigt.

Auch sie selber habe noch lange Zeit Mails vor allem von dort geschrieben, vom Computer aus das 2004 gegründeten Soziale Netzwerk Facebook besucht. Fotos wurden in der Regel noch mit normalen Kameras gemacht, Musik kam aus der Anlage und den richtigen Weg bei der Autofahrt fand man mit einem Navigationsgerät.

Denn alleine eine dauerhafte Internetverbindung hätte vielleicht nicht für den Siegeszug des Smartphones gereicht. Den entscheidenden Unterschied machten die Anwendungen Dritter. Mit der Möglichkeit, sich Facebook und viele andere Apps über die entsprechenden Stores von Apple und Google herunterzuladen „fing es an“, so Hornung.

In allen Bereichen

„In den letzten sieben bis acht Jahren hat sich das alles sehr beschleunigt“, aus dem Smartphone wurde „das Büro, das Smart-Home, die Disco, die Bücherei, alles“, sagt Hornung. Dazu kommen all die Anwendungen für die so genannte Selbstoptimierung, Fitness-Tracker und Schlafüberwacher.

Entsprechend groß sei die Beeinflussung unseres Lebens geworden, was unter anderem eindrucksvoll zu Beginn dieser Woche zu beobachten gewesen ist, wie Hornung meint. Der stundenlange Zusammenbruch von Facebook, Instagram und WhatsApp durch einen Konfigurationsfehler hatte 3,5 Milliarden Nutzer weltweit abgehängt.

Der Ausfall führte zu einer Verschiebung der Kommunikation, der Kurznachrichtendienst Twitter erlebte einen kurzzeitigen Boom, die Menschen telefonierten deutlich mehr miteinander und die eigentlich aus der Mode gekommene SMS erlebte ein Revival.

Damit zeigte sich auch, wie groß die Vorherrschaft des US-Konzerns und die Abhängigkeit der Nutzer von seinen Diensten ist. Hier zeige sich ein Stück weit auch eine Form der Entgrenzung zwischen Privatem und Öffentlichem, Beruflichem und Freizeit, die früher nicht denkbar gewesen wäre, so Hornung.

„Man ist mit den Sozialen Medien und dem digitalen Bereich der Arbeit viel stärker verwoben.“ Umso wichtiger ist für sie auch ein „Digital Detox“, sagt Hornung. Permanent online und erreichbar zu sein sein tue dem Menschen nicht gut. Themen, die ebenfalls erst in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen haben.

Durchlauferhitzer Corona

Und die Pandemie? „Wir können uns nicht mit Digitalisierung beschäftigen und Corona ausblenden“, sagt die Museumsleiterin auch mit Blick auf ihr Haus und die Lockdown-Erfahrungen. „Das hat auch mit uns etwas gemacht“, sagt Hornung.

Sehr schnell habe man versucht, für die Besucher ein digitales Angebot zu schaffen, vor allem auch für Kinder. Die Krise sei mit Blick auf die Digitalisierung in jeder Hinsicht ein „Durchlauferhitzer“ gewesen und habe eben auch für Museen, die in erster Linie für analoges Erfahren stehen, neue Fragen aufgeworfen. Etwa, „wie wir sinnliches Erleben ins Digitale bekommen“, so Hornung.

Die Herausforderungen der Digitalisierung vergleicht sie insgesamt mit denen der Industrialisierung. Immer mehr Menschen seien mehr oder weniger zu „digitalen Arbeiterinnen und Arbeitern“ geworden, nicht zuletzt eben auch durch die Corona-Krise.

Die Diskussion darüber werde weitergehen. Von einer Negativhaltung gegenüber der Entwicklung der letzten Jahrzehnte hält Hornung dabei nichts. Ob beim Übergang von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit, der Telegrafie zur Telefonie „sind alle neuen Medien immer verteufelt worden.“

1 Kommentar