Leider kein Einzelfall

"Es ist frustrierend": Treuchtlinger Pfarrer spricht über Vandalismus in der Marienkirche

Lidia Piechulek

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21.2.2023, 06:00 Uhr
Eingeschlagene Fenster, Socken auf der Bibel: Vandalismus in der Marienkirche kommt leider häufiger vor als man denkt. Zuletzt hinterließ jemand ein Paar Socken und Zigaretten in der Kirche.

© Matthias Fischer, NN Eingeschlagene Fenster, Socken auf der Bibel: Vandalismus in der Marienkirche kommt leider häufiger vor als man denkt. Zuletzt hinterließ jemand ein Paar Socken und Zigaretten in der Kirche.

Als Pfarrer Matthias Fischer am Freitagabend angerufen wurde, brauchte die Mesnerin gar nicht viel zu sagen: "Es ist wieder so weit", begann sie das Gespräch - und er wusste sogleich, was Sache ist. Rechts neben dem Eingangsbereich zur katholischen Marienkirche in Treuchtlingen gibt es eine kleine Kapelle, in der auch Opferlichter angezündet werden können. Eine Kirchenbank und eine Bibel laden zum stillen und persönlichen Gebet ein. Es ist ein Ort der Ruhe und Andacht - oder sollte es zumindest sein.

Im Sommer 2022 wurde ein Fenster der Konradskapelle eingeschlagen. 

Im Sommer 2022 wurde ein Fenster der Konradskapelle eingeschlagen.  © Matthias Fischer, NN

Am Abend des 10. Februar hinterließ jemand allerdings persönliche Gegenstände in diesem Bereich. Er entzündete etliche Opferlichter, rauchte ein paar Zigaretten und erleichterte seine Blase in einer Ecke des Raumes. Eine Schachtel mit Zigaretten hinterließ er auf der Kirchenbank, auf der aufgeschlagenen Bibel lag ein Paar Socken.

Es roch nach Urin und Zigaretten

Angewidert berichtet Treuchtlingens katholischer Pfarrer vom stechenden Gestank nach Urin und Zigaretten, der die gesamte Kirche erfüllte, als er am Ort des Geschehens ankam. Diesen Fall brachte er nicht zur Anzeige, anders als die vorausgegangenen Fälle von Sachbeschädigung.

"Es war schon schlimmer", sagt er trocken, und er erinnert etwa an Fälle vor seiner Zeit, im Vorfeld der Kirchensanierung, die 2006 begann. Damals hinterließ jemand "ein Häufchen im Beichtstuhl", berichtet er. Eine Zeit lang wurden etliche Opferlichter gestohlen, teilweise fünf bis sechs pro Woche. Seit 2020 wurde die Klingel des Pfarrhauses mehrere Male eingeschlagen. Ein Fenster des Kirchenschiffs wurde eingeworfen, vergangenen Sommer dann ein Fenster der Konradskapelle.

Für ihn sind die Fälle von Vandalismus vor allem eines: deprimierend. Sämtliche Schritte, die er eingeleitet hat, können nämlich nur begrenzt etwas ausrichten und die Ermittlungen, die nach jeder Anzeige eingeleitet wurden, wurden mangels Zeugen eingestellt. Dies alles sei eine frustrierende Aufgabe, fasst er zusammen.

Ähnliche Vorfälle in anderen Gemeinden

Dabei gibt es im Bereich des Kirchenschiffs und bei den Opferlichtern sogar schon Kameras zur Videoüberwachung. Der oder die Täter würden diese aber gekonnt umgehen. "Wir hoffen, sie irgendwann einmal auf frischer Tat zu ertappen", sagt Pfarrer Fischer. Auch über die Anschaffung weiterer Kameras wird mittlerweile nachgedacht. Eine weitere Option wäre es, die Kirche doch wieder zuzusperren.

Etliche andere Kirchen würden auch videoüberwacht, teilweise helfe es aber nur, diese zuzusperren. Seit bald 25 Jahren ist Matthias Fischer als Pfarrer tätig. Auch aus seinen vorherigen Gemeinden sind ihm Fälle von Vandalismus bekannt. Ein zusätzliches Problem am Standort Treuchtlingen könnte die Nähe zum Bahnhof sein, mutmaßt er.

Pfarrer setzt auf Dialog

Für die Öffentlichkeit zugänglich ist das Kirchenschiff erst wieder seit März 2020, und zwar etwa bis zum Einbruch der Dunkelheit, danach wird zugesperrt. Längst ist es für ihn und seine Mesnerin zur Routine geworden, regelmäßig in der Kirche vorbeizuschauen, um nach möglichen Tätern Ausschau zu halten. "Das ist alles eigentlich nicht die Aufgabe eines Pfarrers", konstatiert er.

Wie es ihm damit geht? "Es entsteht ein Schaden, der irgendwie beglichen werden muss. Es gibt aber keine Lösung dafür", sagt er diplomatisch. Ihn persönlich würde es freuen, wenn Der- oder Diejenige, die Wut auf die Kirche oder ihn persönlich empfindet, das Gespräch mit ihm suchte.

Auch könnte es sich bei einem oder mehreren der Vorfälle um eine Art Hilfeschrei handeln, räumt er ein. Sollte dies der Fall sein, würde er sich ebenfalls wünschen, dass Derjenige im Pfarrhaus (Elkan-Naumburg-Straße 1) vorbeikommt und dort vorstellig wird. "Es wird geöffnet und auch geholfen", sichert er zu. "Und dann braucht man sich auch nicht auf diese Weise bemerkbar machen."

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