Menschenscheu und heimatlos
Überforderter "Schutzengel": Verwilderte Katzen suchen Pflegefamilien
23.3.2022, 15:42 UhrDer Verein mit Sitz in Mühlhausen in der Oberpfalz ist derzeit dabei, 13 streunende oder plötzlich herrenlose Katzen aus Unterrödel (Stadt Hilpoltstein) und knapp 30 Tiere aus Rothaurach (Stadt Roth) zu kastrieren. 13 weitere kamen ganz aktuell von einer erkrankten älteren Dame aus dem Raum Neumarkt hinzu. Danach brauchen die Tierschützer vorübergehend Pflegestellen, damit die Tiere zahm werden, bevor sie weitervermittelt werden können.
Ein Bauernhof bietet auch für Katzen ein passables Dach – oft sogar für sehr viele. Wenn ein Hof aber aufgelöst wird oder die „Kümmerer“ wegziehen, müssen auch die streunenden Vierbeiner anderweitig versorgt werden. Und sie müssen kastriert werden, damit nicht noch mehr herrenlose Katzen und Kater unterwegs sind. „Denn die meisten gehören ja niemandem“, weiß Anne Müller, Vorsitzende des Vereins „Schutzengel für alle Felle“.
In den konkreten Fällen in dem Hilpoltsteiner und dem Rother Ortsteil ist ein Grund für die Wohnungssuche der Katzen, dass zum Beispiel die Bauersleute den Hof auflassen. Für die 13 Katzen in Hilpoltstein wurde der Verein um Hilfe gebeten. Deshalb hat er sich mit sogenannten Lebendfallen (ein ein Meter langer Kasten mit Futter bestückt und einer Klappe, die sich schließt, sobald die Katze auf den Auslöser tritt) auf den Weg gemacht, um die Tiere einzusammeln. Sie werden ärztlich untersucht, entwurmt, kastriert und weitervermittelt, sobald sie zahm und zutraulich genug sind.
Doch viele der Katzen sind schon zwei bis fünf Jahre alt und haben ihr bisheriges Leben als „Streuner“ verbracht. „Die Menschen wollen aber was Schmusiges haben“, sagt Anne Müller. Bis die Bauernkatzen zahm genug sind, um als „Schmusekatzen“ auf dem schicken Wohnzimmersofa zu liegen, kann es sehr lange dauern. „Manchmal ein halbes Jahr oder noch länger“, hat Müller immer wieder beobachtet - auch im eigenen Haushalt, wo sie immer wieder Pflegekatzen aufnimmt.
"Spielen, schmusen, füttern"
Deshalb steht im Aufruf des Vereins für Pflegestellen auch explizit, was die Aufnahme bedeutet: „Diese Tiere leben dann bei Euch bis zur Vermittlung. Das heißt, Ihr müsst spielen, schmusen, füttern, Näpfe und Klos saubermachen, auch mal Erbrochenes, Urin oder Kot wegwischen, wahrscheinlich mehr putzen als jetzt, denn Ihr habt Haare und Streu in der Wohnung, oder die Katze legt das Futter genau neben den Napf auf den Boden, denn von frisch gewischten weißen Fliesen schmeckt das Futter immer viel besser. Ihr müsst zum Tierarzt zu Routineuntersuchungen und wenn das Tier krank ist. Wenn Interessenten da sind, kommen die bei Euch vorbei zum Kennenlernen.“
Im Klartext: „Es macht auf jeden Fall Arbeit und kostet Zeit und sicherlich auch mal Nerven, wenn man um 4.30 Uhr geweckt wird, weil die Katze Hunger hat oder fertig ist mit Schlafen. Und es kostet Euch Liebe und manchmal wohl auch ein paar Tränen, wenn ein lieb gewordenes Tier auszieht oder man es aufgrund fortgeschrittenen Alters oder Krankheit gehen lassen muss.“
Was es nicht kostet: Die Kosten für Futter, Streu und Tierarzt, die trägt der Verein. Und die Belohnung? „Die Freude, wenn man sieht, wie scheue oder schlecht behandelte Katzen (wieder) Vertrauen zu Menschen fassen, wenn kranke Katzen bei guter Pflege wieder aufblühen und letztendlich in ein tolles Zuhause vermittelt werden können.“
Viele junge Kätzchen im Frühjahr
Die Suche nach Pflegestellen für die jungen „Wilden“ sei übrigens nicht auf diese zwei bis drei Dutzend Katzen beschränkt. Immer wieder braucht der Verein tierliebe Pflegeeltern, die ihr Zuhause als Auffangstation und vorläufige Heimat für Katzen anbieten. Besonders jetzt. „Denn“, so Michaela Berthold, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins, „die Katzenschwemme fängt jetzt im Frühjahr erst an, wenn die vielen jungen herrenlosen Kätzchen geboren werden“.
Auch beim Tierschutzverein in Roth habe man angefragt, berichtet Berthold, sie selbst wohnt in Roth. Aber der Rother Verein werde nicht von sich aus aktiv, heißt es bei den „Schutzengeln“: „Man kann die Katzen zwar hinbringen, und dann werden sie auch kastriert. Aber zum Einfangen und Abholen ist man dort nicht bereit.“
Das bestätigt Dr. Ulrich Pfeiffer, Vorsitzender des Rother Tierschutzvereins: "Wir würden uns um Katzen aus dem hiesigen Bereich schon kümmern, aber die Leute müssten sie selbst einfangen und nach Absprache zu uns bringen." Eine entsprechende Anfrage an den Rother Verein sei aber nicht eingegangen.
Wer Katzen ein vorübergehendes Zuhause bieten kann, soll sich melden unter Telefon (01520) 7641999 oder unter info@schutzengel-fuer-alle-felle.net
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