Fall 4 von "Freude für alle"

Schimmel im eigenen Zuhause - Nürnbergerin wohnt in Bauwagen, doch für die Sanierung fehlt das Geld

Max Söllner

Redaktion Neumarkt

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17.11.2023, 13:29 Uhr
Kann sich nicht vorstellen, alleine in einer Wohnung zu leben: Laura K. blickt aus dem Fenster ihres Bauwagens.

© Max Söllner, NN Kann sich nicht vorstellen, alleine in einer Wohnung zu leben: Laura K. blickt aus dem Fenster ihres Bauwagens.

Laura K. ist zurück aus dem Ausland. Die Nürnbergerin hat eine fünftägige Bewerbung für ein renommiertes Schauspielstudium hinter sich. "Versuch es gar nicht erst", hatten ihr Kolleginnen und Kollegen vorab geraten - und so die 32 Jahre alte Frau erst recht motiviert. Doch es hat nicht gereicht. Die 300 Euro für Fahrt und Unterkunft waren vergeblich.

"Arbeiten gehen kostet erst einmal Geld", sagt die Nürnbergerin, auf ihrer Matratze sitzend. Ihr Zimmer hat zwei Fenster mit Tüchern als Vorhänge, eine kleine Ablage für den Laptop und gleich neben der Tür stehen Regale voller Klamotten. Platz für mehr gibt es nicht. K. lebt in einem Bauwagen auf einem Wagenplatz.

Schauspiel und Gesang sind ihr Hobby, bald wird sie wieder auf einer Bühne in Nürnberg zu sehen sein. Am Traum, davon auch einmal leben zu können, hält sie eisern fest. Bis dahin müssen 502 Euro Bürgergeld pro Monat reichen. Von denen nach der Auslandsbewerbung weniger als die Hälfte übrig sind.

K. hat kein Problem, über ihre Armut zu sprechen. Nur auf ihre Schauspiel-Gruppe soll nichts zurückfallen. "Als Schauspielerin nach Geld betteln, geht das?", fragt sie.

Ihr Partner sperrte sie ein

In Wirklichkeit heißt K. anders. Sie ist auf dem Land in Bayern aufgewachsen, hat eine schwer depressive Kindheit mit jahrelangen Suizidgedanken hinter sich. Ihre Eltern haben sich früh getrennt, der Vater starb jung, nach der Mittelschule begann sie eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin. "Obwohl ich wusste, dass ich das nicht machen will, habe ich es drei Jahre durchgezogen." Es waren drei sehr harte Jahre, voller Lästereien sowie Schuldzuweisungen ihrer Kolleginnen und Kollegen. K. hatte einen festen Partner, der sie einsperrte, misshandelte und unter Drogen setzte.

Eine traumatisierende Zeit, wie sie selbst sagt - bis es zur Trennung kam. "Ich bin danach einfach unterwegs gewesen, von Party zu Party, von Festival zu Festival, wohin mich der Wind getragen hat", erzählt K. Es sei eine coole Zeit gewesen. "Ich hatte nichts und immer alles, bin einfach nur mit Tatkraft weitergekommen."

"Ach Mädel, ich erkläre dir das jetzt mal"

Als Jugendliche wollte K. Schreinerin werden, doch ein Betrieb lehnte ihre Bewerbung mit der Begründung ab, dann eine zweite Toilette einbauen zu müssen. Schon als Kind habe sie Hammer und Nägel in die Hand genommen, sie beschreibt sich selbst als handwerklich talentiert. "Ach Mädel, ich erkläre dir das jetzt mal, komm gib her", habe sie ungeachtet dessen oft gesagt bekommen.

Hier in ihrem Bauwagen passiert das nicht, niemand redet ihr dazwischen. Für 250 Euro hat sie ihn in vor vier Jahren in einem stark sanierungsbedürftigem Zustand gekauft. Sie bringt ihn in kleinen Schritten auf Vordermann - abhängig davon, wofür das Bürgergeld reicht. Renovierungskosten habe das Jobcenter nicht übernommen, weil es in dem Bauwagen keine dauerhafte Bleibe sah. Es soll ihr stattdessen eine Obdachlosenunterkunft empfohlen haben. "Ich habe hier ein wunderschönes Zuhause, ich muss es nur herrichten", sagt K. Am Wagenplatz leben rund 20 Menschen, hier ist immer etwas los. Sie schätzt die Gemeinschaft und kann sich nicht mehr vorstellen, alleine eine Wohnung zu haben. "Ich finde, hier gibt es schön verrückte Menschen."

"Ich habe voll Bock": Dafür legt sie sich ins Zeug

Hätte K. mehr Geld, würde sie gerne dringend notwendige Renovierungen an ihrem Bauwagen finanzieren. So soll es im kommenden Sommer endlich in einem Aufwasch dem welligen und schimmelnden Boden an den Kragen gehen. Dafür müsste das Dach abgenommen werden. Das wäre die große Lösung, die entsprechend kostet. Reicht es dazu nicht, würde sie wie bisher in Trippelschritten weitersanieren. Der Schimmel wäre dann noch einige Zeit ihr Mitbewohner.

Zudem will sie die Spendengelder in weitere Bewerbungen investieren. Die Vorstellung, als Mittelschülerin vielleicht bald ein Studium anzufangen, bezeichnet sie als krass. Sie liest zur Vorbereitung lange Skripte, mit ihrer Legasthenie, und anders als zu Schulzeiten weiß sie, wofür: "Das Gefühl, wenn man es nach einem Auftritt geschafft hat und einen das Publikum empfängt - das ist so toll. Ich habe voll Bock."

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