Persönliches zum Handball-Titelkampf

Exklusiv! Ein Erlanger berichtet von der EM: Gegen Corona bist du machtlos

23.1.2022, 17:00 Uhr
Das mentale Hin und Her mit Corona? Darüber kann Erlangens pandemiegeplagter Rückraumspieler inzwischen ziemlich gut Auskunft geben. 

© Marijan Murat/dpa Das mentale Hin und Her mit Corona? Darüber kann Erlangens pandemiegeplagter Rückraumspieler inzwischen ziemlich gut Auskunft geben. 

Die EM fühlt sich mittlerweile für mich an, als wäre ich nur noch ein Teil eines schlechten Films, dessen Skript so mies ist, dass die Handlung völlig unglaubwürdig und maßlos überdreht ist. Ich meine: Aus vollem Flug nach dem Polen-Spiel bin ich zu Boden gekracht, dann plötzlich gab es wieder Hoffnung, ich sei vielleicht nur falsch positiv getestet worden. Nun haben sich die weiteren Tests, der erste gleich in der Halle nach dem Spiel gegen Norwegen, allesamt als positiv erwiesen.

Sorgen und Hoffnung

So fühle ich mich jetzt auch: Mein Hals kratzt, ich habe leichten Husten bekommen, schon im Spiel habe ich mich platt und angeschlagen gefühlt. Ich wusste nur nicht: Ist es die harte sportliche Belastung, das mentale Hin und Her mit Corona? Immerhin habe ich da nun Gewissheit, dass es an einer Infektion liegt - zum Glück auch dank meiner Impfungen scheint es einigermaßen glimpflich auszugehen mit nur leichten Symptomen. Doch das tröstet mich nicht wirklich. Ich mache mir große Sorgen um die Gegenspieler aus diesem Spiel, Christian O’Sullivan habe ich drei Mal in der Deckung festgemacht, wir kamen uns dabei mit den Köpfen sehr nah. Ich hoffe sehr, sie alle bleiben gesund!

Und ich sitze nun wieder in Quarantäne - die Chance, nach fünf Tagen herauszukommen und ein Halbfinale mit Deutschland zu spielen, sind nahe null. 13 Spieler, mehr als die Hälfte unseres EM-Kaders, hat sich hier in Bratislava mit Corona infiziert - es macht mich traurig und auch wütend, weil ich mir denke, mit voller Kapelle hätten wir echt eine gute Chance gehabt, weit zu kommen: Die Stimmung war top, wir sind gut ins Turnier gestartet, haben die ersten Rückschläge hervorragend verkraftet - aber letztlich bist du gegen Corona machtlos, das zeigt diese EM leider sehr eindrucksvoll. Und irgendwie fehlt dadurch auch etwas: Du willst dich mit den besten der Besten messen, aber überall fehlen Spieler durch Infektionen. Natürlich muss man sich da die Frage nach dem Sinn stellen. Ich glaube aber, es war trotzdem richtig, diese riesige Bühne mit Millionen von Zuschauern für unsere Randsportart zu nutzen. Was wäre die Alternative gewesen? Dass man den Handballsport, seine Spannung, seine Leidenschaft, sein Tempo, seine Faszination, dass man all das nicht transportieren kann. Dass es jetzt so endet ist natürlich ein Schlag in die Magengrube, aber wir sollten uns darüber freuen, dass wir immerhin am Anfang Werbung machen konnten. Und auch, dass, wie es aussieht, die Omikron-Infektionen überwiegend mit leichten Symptomen verlaufen.

Ein Apartment in Erlangen

Nun geht es noch am Sonntag in speziellen Krankenwagen für uns Infizierte zurück nach Deutschland, Flamme (HCE-Mitspieler Sebastian Firnhaber, d. Red.) und ich haben uns in Erlangen ein Apartment gemietet, um uns noch vor unseren Frauen zu isolieren, bis die Krankheit ausgestanden ist. Wir testen täglich, die Teamärzte kümmern sich internistisch um uns. Sollten wir es nochmal spielbereit sein, würden wir aus Erlangen nach Ungarn zurück zur Mannschaft reisen. Aber ich frage mich auch, wie wir nach fünf Tagen krank im Bett der Mannschaft dann entscheidend helfen können? Ich glaube, man muss so vernünftig sein und die Sache an dieser Stelle wirklich schweren Herzens abhaken.
Euer Steini

Verwandte Themen