29:31 in Flensburg

Keine Schockstarre in der "Hölle Nord": HCE muss sich erst in der Schlussphase beugen

Andreas Pöllinger

Sport-Redaktion

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12.11.2022, 22:15 Uhr
Seine sechs Treffer beim Ex-Verein reichten dem HC Erlangen in Flensburg nicht zu einem Punktgewinn: Simon Jeppsson.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr Seine sechs Treffer beim Ex-Verein reichten dem HC Erlangen in Flensburg nicht zu einem Punktgewinn: Simon Jeppsson.

Das neue Selbstbewusstsein des HC Erlangen hatte Raul Alonso, sein 43 Jahre alter Coach, vor der Verabredung mit der SG Flensburg-Handewitt zur Kenntnis gegeben. "Wir wissen, dass wir in der momentanen Verfassung eine Chance selbst gegen die ganz Großen haben", sagte Alonso vor dem Gastspiel des Tabellenfünften beim dreimaligen Meister und Champions-League-Sieger von 2014. Klein wollte sich der HCE vor den Norddeutschen nicht machen. Obwohl Frankens bestplatzierter Profiverein an die starken Leistungen der Vorwochen am Samstag dann auch anknüpfen konnte, reist er aus Flensburg ohne Punkte und mit einem 29:31 (13:15) nach Hause.

Die Partie am inneren Ende der Flensburger Förde begann für den HCE nicht schlecht. Erlangen zeigte sich engagiert in der Deckung und aufmerksam im Rückzugsverhalten. Klemen Ferlin wurde früh zu einem Faktor. Und Simon Jeppsson, der ehemalige SG-Akteur? Beschleunigte den Ball erst neben den rechten, dann neben den linken Pfosten ins Tor. In einem Match, in dem Treffer zunächst Mangelware blieben, bedeutete dies in der achten Minute die 2:1-Führung.

Zechel, Bissel, 4:2

Weiter in Front blieben die Gäste, nachdem Jeppsson Tim Zechel mit einem Anspiel an den Kreis gefunden hatte. 4:2 für den HCE hieß es gar, als Zechel von weit hinten dem vorne lauernden Bissel den Ball zugeworfen hatte. Nach knapp zehn Minuten war das ein mehr als zufriedenstellender Zwischenstand für Erlangen, der in Form eines Zwei-Tore-Vorsprung auch noch Bestand haben sollte, als ein selbstbewusster Lutz Heiny netzte.

Das mit dem Im-Vorsprung-Bleiben fiel den Franken in Flensburg in der Folge allerdings immer schwerer. Lasse Moller traf beharrlich, auch die SG-Abwehr arbeitete hart und akribisch, dem mittlerweile kurzhaarigen Antonio Metzner nach einem dynamischen Durchbruch und dem eingelaufenen Bissel gelang es trotzdem, den HCE nach etwas mehr als einer Viertelstunde vorne zu halten.

Zeitstrafen und Gegentore

Weil SG-Schlussmann Kevin Möller nun aber ebenfalls gekonnt parierte, Flensburgs enorme Qualität - eingestanzt von Nationalmannschaftskapitän Johannes Golla - verstärkt durchdrückte, hatten alsbald die Norddeutschen die Nase vorn. Der HCE kassierte Zeitstrafen. Und immer wieder Gegentore durch Lasse Möller. Kurz, nachdem Steinert per Siebenmeter an Flensburgs Torwart verzweifelt war und Goran Sogard auf der anderen Seite erfolgreich, war die gastgebende Spielgemeinschaft mit drei Treffern enteilt (13:10, 23.).

Abschütteln ließ sich das Alonso-Team aber nicht. Steinert traf jetzt vom Strich, Sebastian Firnhaber mit Glück und Geschick. Der HCE robbte sich wieder heran. Obwohl Bissel in der 27. Minute der Anschluss zum 13:14 glückte, betrug der Rückstand zur Pause aber zwei Tore.

Nach dem Neustart? War wieder Simon-Jeppsson-Zeit: Bereits zu Beginn der ersten Hälfte wurfstark, resultierte aus der Wucht des Schweden das 14:15. Als der wie schon gegen Hamburg agile Heiny das 16:16 als Zwischenstand vermerkt hatte, konnte man sich aus Sicht eines aufopferungsvollen HCE erneut Hoffnung machen, selbst in Führung zu gehen. Und war alsbald wieder mit zwei Toren hinten. Der HCE blieb gleichwohl dran. Und dank Heiny und Sellin im Gegenstoß auf Augenhöhe, 18:18 (36.).

Kevin Möller heizt die Hölle an

Es ging hin und her. Und wieder zunächst schlecht weiter für Erlangen. Kevin Möller parierte nacheinander gegen Bissel, Jepspson und noch einmal Bissel - Lasse Möller markierte auf der Gegenseite das 21:18 (42.). Die vielzierte "Hölle Nord" war da, der HCE aber immer noch nicht in einer Schockstarre.

"Es wird nie leicht hier", rief Raul Alonso seinen Spielern in einer Auszeit zu. Der eingewechselte Fäth traf, Ferlin parierte überragend gegen Semper. Weil das Zentrum bei Flensburger Angriffen nun aber zu durchlässig blieb, hielten die Hausherren den HCE im Rückstand. Zwei Metzner-Tore und viel Kampf später, hatte dieser durch Bissel dennoch zum 25:25 ausgeglichen (52.). Und sollte sich in dieser Übung durch Fäth, Steinert und noch einmal Fäth auch danach erfolgreich versuchen.

Beim Stand von 28:29 nahm Alonso seine letzte Auszeit. "Wir haben sie da, wo wir sie haben wollen“, erklärte Erlangens Coach Erlangens Spieler. Animierte sie dazu, cool zu bleiben in der „Hölle Nord“, die sich im Fortlauf der Partie trotz aller Anspannung nach der Auswärtsniederlage in Gummersbach zwischenzeitlich in einen Glutofen verwandelt hatte. Jeppsson warf im Gegensatz zu Golla gleichwohl neben das Tor, Fäth scheiterte an Kevin Möller. Sogard machte gegen erst am Ende zu ungenaue, erschöpfte Gäste schließlich den Deckel drauf.

Und trotzdem selbstbewusst

Nicht nur wegen Steinerts verwandeltem Siebenmeter zum Endstand, darf ein tapferer HCE die Herausforderungen gegen die Spitzenteams dennoch weiter suchen. Am Mittwoch ab 20.30 Uhr gastiert der THW Kiel in Nürnberg. Erlangen, das sich in Flensburg erst in der Schlussphase beugen musste, darf auch diese Herkulesaufgabe selbstbewusst angehen.

HC Erlangen: Ferlin; Jeppsson 6, Steinert 4/3, Heiny 4, Bissel 4, Metzner 3, Fäth 3, Sellin 2, Zechel 2, Firnhaber 1.

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