So gut wie MacLeod?

Warum die Ice Tigers noch viel mehr vom 19 Jahre jungen Roman Kechter erwarten

Sebastian Böhm

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28.9.2023, 11:00 Uhr
Stärker, schneller, selbstbewusster: So darf sich Roman Kechter neuerdings nach Spielen der Ice Tigers präsentieren. 

© Thomas Hahn, Sportfoto Zink Stärker, schneller, selbstbewusster: So darf sich Roman Kechter neuerdings nach Spielen der Ice Tigers präsentieren. 

Vorher haben sie ein Foto gemacht, wie immer. Diesmal wurde nebenbei noch ein neuer Partner vorgestellt, der die Eishockeyspieler mit Pizzen versorgt hatte, weil es für einen Besuch auf dem Oktoberfest doch eine vernünftige Grundlage braucht. Die Fahrt nach München, sie ist auch bei den Nürnberg Ice Tigers Tradition – und vor allem für die Rookies aus Nordamerika ein Abenteuer. Wer wollte, konnte auch diesmal in die Gesichtsausdrücke der Männer aus Örnsköldsvik oder Ohio einen gewissen Wiesn-Respekt interpretieren. Mittendrin aber lachte ein Spieler mit der Souveränität eines Oktoberfeststammgasts.

Natürlich kann das nicht sein, Roman Kechter ist ja gerade einmal 19 Jahre alt. Sein unübersehbares Selbstbewusstsein ist aber auch nicht durch Erfahrung oder Lebensalter zu erklären, sondern durch seine Leistungen in seinem Job. In allen vier Saisonspielen zählte Kechter zu besten Spielern bei den Ice Tigers, zweimal hat er bereits getroffen und Ende September ist nicht zu früh zu behaupten, dass er sich einen festen Platz in der Mannschaft erarbeitet hat. Je nach Perspektive fehlt im Satz zuvor ein "endlich" oder "schon".

Große Pläne neben Patrick Reimer

An Kechter waren die Erwartungen schon immer ein wenig höher. Schon als er die U15 des EHC 80 Nürnberg völlig überraschend zur Deutschen Meisterschaft geführt hatte, flüsterte man sich auf den Kabinengängen der Arena Nürnberger Versicherung die magische Buchstabenkombination NHL zu. Soll heißen, Kechters Talent war so offensichtlich, dass Trainer und Umfeld gar nicht anders konnten als träumen. Kechter zog aus, um Profi zu werden, wechselte nach Regensburg und weiter nach Rögle in Schweden, zwischendurch gab er in der ersten Corona-Saison sein DEL-Debüt für die Ice Tigers. Dass er damals sogar als Verteidiger eingesetzt wurde, lag nicht nur an den Umständen. Dem Nürnberger wurde auch weiterhin ein hoher Eishockey-IQ zugestanden.

Kechter kehrte zurück, führte Nachwuchsnationalmannschaften als Kapitän aufs Eis. Verletzungen verhinderten, dass er tatsächlich intensiver von den Klubs der NHL, der weltbesten Liga, beobachtet wurde. Der Draft 2022 wurde Geschichte, ohne dass sein Name genannt wurde. Und auch in Nürnberg blieb er hinter den Erwartungen zurück – allerdings eher abseits des Eises. Vor dem Sommer 2022 hatte Tom Rowe große Pläne für Kechter, wollte ihn als Mittelstürmer neben Patrick Reimer testen. Nach einer Krankheit aber wurde der Plan nicht umgesetzt, wohl auch weil der Cheftrainer mit er Einstellung seines jüngsten Profis nicht zufrieden war.

Am Freitag gegen Fischtown, am Sonntag in Berlin

Das ist Geschichte - und Kechter noch immer erst 19. Den Sommer 2023 hat Kechter mit Athletiktrainer Andreas Bachmann so gestaltet, wie man das von einem ehrgeizigen jungen Mann erwarten darf. "Er war einfach nicht in der Form, in der er hätte sein müssen. Das ist nicht ungewöhnlich für junge Spieler. Kofi (Co-Trainer Manuel Kofler) hat oft mit ihm geredet und ihm gesagt, dass er nicht in der Lage sein wird, sein Talent zu zeigen, wenn er nicht in außergewöhnlicher Form ist. Jetzt ist er das." Rowe hat Kechter dann tatsächlich noch mit Gregor MacLeod verglichen, der die Ice Tigers im Sommer verlassen und auch Köln bald verlassen wird, wenn er weiterhin so spielt wie in den ersten vier Saisonspielen. "Dieses Niveau hat Kechter noch nicht erreicht, aber er ist definitiv jemand, der das Spiel verändern kann."

Vor dem Heimspiel gegen Bremerhaven am Freitag (19.30 Uhr) und der anspruchsvollen Dienstreise nach Berlin am Sonntag (14 Uhr/MagentaSport) hat Kechter bereits zwei Treffer erzielt, er sieht Lücken, bevor sie sich auftun, wirkt schneller, kräftiger und reifer. Wenn man ihm nach dem Spiel Fragen stellen will, bittet er einen höflich darum, um die Ecke zu gehen, damit die Aufnahme danach auch zu gebrauchen ist. "Vielleicht", sagt er dann, "habe ich einen Schritt nach vorne gemacht."

Das gilt auch für das Wiesn-Abfahrtsfoto. Von der Rückkehr nach Nürnberg am Montagabend gibt es übrigens keine Fotos, zumindest keine offiziellen.

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