Hrgota ergreift das Wort

Applaus und Emotionen: Das Kleeblatt nach dem 1:3 gegen Borussia Dortmund

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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8.5.2022, 13:45 Uhr
Kurzer Moment der Glückseligkeit: Jessic Ngankam (Mitte) feiert mit seinen Kollegen das zwischenzeitliche 1:1.  

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Kurzer Moment der Glückseligkeit: Jessic Ngankam (Mitte) feiert mit seinen Kollegen das zwischenzeitliche 1:1.  

Als der Applaus kurz verstummte, da ergriff Branimir Hrgota das Wort. Der Kapitän des Kleeblatts war in dieser Saison immer vorangegangen, mit Leistung, mit Toren und mit Worten. Diese Worte aber waren ihm besonders wichtig. Also ging Hrgota nach dem 1:3 gegen Dortmund wieder voran und trat einige Schritte vor seine Mannschaft. Dann nahm er das Stadionmikrofon in die Hand. "Wir haben es leider dieses Jahr nicht geschafft", sagte er. "Wir werden uns sammeln und zusammen werden wir alles versuchen, es nächstes Jahr wiedergutzumachen."

Dann musste er seine kurze Dankesrede unterbrechen, weil die Menschen nicht mehr aufhören wollten zu klatschen. Als sie es nach einigen Sekunden dann doch taten, sprach er weiter. "Ich hoffe, wir werden immer zusammenbleiben, die Mannschaft und die Fans. Das haben wir dieses Jahr auf jeden Fall gemacht", sprach Hrgota, um dann im Namen der Mannschaft ein großes Lob auszusprechen. "Vielen, vielen Dank von uns. Ihr seid erstklassig!"

Es war, zwei Wochen nach den emotionalen Minuten nach dem Abstieg gegen Leverkusen, wieder ein Moment, der bleiben wird. Ein Moment, der zeigte, dass trotz vieler Geisterspiele und Restriktionen in den letzten beiden Jahren etwas entstanden ist zwischen Fans und Mannschaft. Eine Verbindung, auf die sie in Fürth sehr stolz sind - vor allem nach der extrem bitteren zweiten Jahreshälfte 2021. "Den Kampf angenommen und zu Ende geführt", stand auf einem großen Banner, mit dem die Fans ihre Spieler nach der Niederlage gegen den BVB empfingen.

Die neuerlich positive Reaktion der Zuschauer ging nicht nur dem Kapitän nahe, sondern auch seinem Trainer. Stefan Leitl war vor dem Anpfiff, neben einigen Spielern ja bereits mit Applaus verabschiedet worden, gegen 17.30 Uhr aber wollte der Applaus gar nicht mehr aufhören. "Die Menschen hier in Fürth sind sehr einfühlsam, sie können Situationen gut einschätzen“, sagte Leitl, "trotzdem hätten wir uns gerne mit einem Sieg oder zumindest mit einem besseren Ergebnis verabschiedet. Das ist uns nicht gelungen."

Trotz eines wieder mal guten Auftritts, bei dem die Spielvereinigung teilweise sogar besser war als der auffällig lustlose BVB. Zufrieden war der Trainer trotzdem nicht. Seine Mannschaft hätte sich "viel vorgenommen, wir wollten unangenehm sein und dem ein oder anderen den Schneid abkaufen", betonte Leitl. "Das haben wir in der Anfangsphase nicht so gut gemacht, der BVB war lange im Ballbesitz. Das hätten wir anders steuern können mit mehr Mut und Aggressivität." Dennoch, so der Trainer, "waren wir in der ersten Hälfte näher an einem Tor als Dortmund."

Dieses Tor schoss das Kleeblatt sogar, als Branimir Hrgota nach schöner Vorarbeit von Jessic Ngankam und Simon Asta nach 23 Minuten zum 1:0 traf. Der Jubel hielt aber nur kurz an, weil Asta zuvor klar im Abseits gestanden hatte. Dann aber zeigten die Gäste kurz mal, warum sie Vizemeister sind, zogen das Tempo an, Erling Haaland verlagerte auf Raphael Guerreiro, dessen Abschluss Linde noch abwehren konnte. Den Abpraller aber setzte Julian Brandt zum 1:2 ins Fürther - auch, weil Jamie Leweling nicht aufmerksam genug gewesen war (26.).

0:1 statt 1:0. Trotz einer bis dahin sehr konzentrierten Abwehrleistung. In der Pause nahmen sich die Fürther dann vor, "einen Tick mutiger" zu spielen, "einen "Tick mehr rauszuverteidigen", erzählte Leitl hinterher, "unser Tor fällt dann ja auch aus einen Gegenpressing-Moment." Timothy Tillman setzte in der Dortmunder Hälfte gut nach, Christiansen spielte Hrgota am Strafraum frei, der wiederum Ngankam freispielte. Die Leihgabe der Hertha, die das Kleeblatt so gerne halten würde, ließ sich Zeit und hob den Ball dann über Marwin Hitz zum Ausgleich ins Tor.

Für zwei Minuten kehrte die Glückseligkeit zurück nach Fürth, "dann fällt wie so häufig das zweite Gegentor zu früh", kritisierte Leitl, "das muss man individuell besser verteidigen über unsere rechte Seite". Dort war Jamie Leweling, der nach Astas Auswechslung den rechten Part in der Fünferkette übernommen hatte, nicht hinterhergekommen, sodass Sebastian Griesbeck rausrücken musste - und dann in der Mitte fehlte, wo Brandt zum zweiten Mal traf.

"Danach hat den Jungs der Mut gefehlt, nochmal zurückzukommen", sagte Leitl. Stattdessen traf der BVB noch ein drittes Mal durch Felix Passlack (77.) sowie ein viertes Mal durch Bellingham (85.). Das 1:4 zählte allerdings wegen einer Abseitsstellung nicht. "Es war das erwartet schwierige Spiel bei einer Mannschaft, die über die Saison zu wenig Punkte geholt hat", sagte ein glücklicher Marco Rose.

Das Lob des Dortmunder Trainers war ein schwacher Trost, ähnliche Worte hatte Stefan Leitl in dieser Saison schon sehr oft gehört. Auf die warmen Worte hätte er gerne verzichtet – und lieber mehr Punkte geholt.

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