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Breitbandausbau: Viele könnten schneller sein, wollen aber nicht

2.12.2021, 13:30 Uhr
Glasfaser ist die Verheißung einer schnellen Zukunft. Doch längst nicht alle reizen ihre Möglichkeiten aus.

© Jens Büttner, NZ Glasfaser ist die Verheißung einer schnellen Zukunft. Doch längst nicht alle reizen ihre Möglichkeiten aus.

Albert Füracker schwelgt in Zahlen. 57 000 Kilometer Glasfaser seien aktuell im Freistaat verlegt. "Das ist viermal die Strecke Nürnberg - Tokio oder 21 Mal der Umfang Bayerns." 800 000 Haushalte seien derzeit an das schnellste Netz angeschlossen. Bald jede zweite Schule zähle dazu, und wenn der Ausbau weiter so voranschreite, seien demnächst 85 Prozent aller öffentlichen Schulen an das Glasfasernetz angeschlossen.

Es sind erstaunliche Zahlen, denn seit Beginn der Corona-Pandemie diskutiert das Land vor allem darüber, wie schlecht der Internet-Ausbau im Freistaat ist. Dass in spätestens einem Jahr 85 Prozent der Schulen am Glasfasernetz hängen, dass weitere 14 Prozent zumindest darüber nachdenken, passt nicht recht ins Bild. Auch nicht, dass drei von vier öffentlichen Schulen schon jetzt auf eine Gigabit-Verbindung zurückgreifen könnten und nahezu alle zumindest mit 30 Mbit arbeiten.

Bis ins Haus

Sache sei das vornehmlich der Sachaufwandsträger, argumentiert Füracker, mithin der Kommunen. "Wir können die Förderung nur anbieten." Das tut das Land bei Schulen, Kliniken und Rathäusern. "Wir fördern die Anschlüsse mit bis zu 50 000 Euro und bis ins Haus." Was drinnen geschehe, sei nicht Sache des Landes. Bislang haben tausend der 2056 bayerischen Gemeinden das Angebot genutzt, 700 weitere stehen laut Füracker bereits in den Startlöchern. Die Fördermilliarden seien "gut und zukunftssicher investiert". Das Land habe "einen Aufholprozess hinter sich, der sagenhaft ist".

Bayern liegt demnach bundesweit auf Platz zwei, hinter dem deutlich kleineren Saarland. Zum Vergleich verweist der Finanzminister auf das Land Berlin. Dort sei im August diesen Jahres die erste Schule ans Glasfasernetz gekommen.

Fast alle schnell

Mehr als zwei Milliarden Euro haben der Freistaat und die Kommunen dafür seit 2018 aufgebracht, der Freistaat mit 1,6 Milliarden den Löwenanteil. Anders, sagt Finanzminister Albert Füracker (CSU), sei das kaum gegangen. "Die Privatwirtschaft übernimmt das nur, wo es sich wirtschaftlich rechnet." Im ländlichen Raum sei das aber nicht der Fall. Deshalb springe der Staat ein, mit Erfolg. 98 Prozent aller bayerischen Haushalte könnten auf schnelles Internet zurückgreifen, 64 Prozent auf Gigabit-schnelle Leitungen.

Im Lockdown war die Klage groß über die schlechten Bedingungen für das Homeschooling.

Im Lockdown war die Klage groß über die schlechten Bedingungen für das Homeschooling. © Annette Riedl, dpa

Nur: viele tun es laut Füracker nicht. Der CSU-Politiker erzählt die Geschichte jener Schülerin nach, die im vergangenen Winter durch die Medien gelaufen war als Beleg für das rückständige Bayern. Das Mädchen, so berichteten sie, hatte im verschneiten Garten gestanden, das Handy in der Hand, im letzten Eck, in dem es Internetempfang hatte. Und von dort ein Referat für die Klasse im Homeschooling gehalten.

"Es ist nur so, dass im Sommer davor das Glasfaserkabel bis ins Haus der Familie verlegt worden ist", sagt Füracker. "Das müsste sie gemerkt haben, weil dafür der Garten aufgegraben worden ist." Dennoch hat die Familie laut Füracker nie einen schnellen Internetanschluss beantragt. Das Problem, so sieht es der Minister, war hausgemacht.

Nicht gebucht

Deutlich mehr Schulen als bisher könnten mit ultraschnellem Internet arbeiten. Noch tun sie es nicht.

Deutlich mehr Schulen als bisher könnten mit ultraschnellem Internet arbeiten. Noch tun sie es nicht. © Marijan Murat/dpa

Und nicht nur dort. "Eine Wahrheit ist", sagt der CSU-Politiker, "dass nur ein Viertel der Schulen mit Glasfaseranschluss auch eine Gigabit-Rate buchen". Viele Schulen bleiben nach seiner Darstellung bei der deutlich schwächeren 16-Mbit-Rate, "obwohl technisch viel mehr möglich wäre". Und das, obwohl laut Füracker die Kosten für einen der schnellen Anschlüsse nur bei 120 Euro im Monat liegen. "Ich kann das nicht beeinflussen", sagt er. "Aber Gigabit kann genutzt werden. Die Schulen müssen es nur buchen."

Ähnlich die Zahlen bei den Privathaushalten. Von denen, die schnelles Internet im Keller liegen haben, hat bisher nur ein Drittel den Tarif auch entsprechend umgestellt. Und nur rund zwei Prozent nutzen die volle Bandbreite bis hin zum Gigabit. Allerdings ist das für die meisten Anwendungen zuhause auch nicht notwendig. Der Ausbau soll dennoch auch in den kommenden Jahren weitergehen, mit staatlichem Fördergeld.

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