Stöcker wieder in den Schlagzeilen

Illegalen Impfstoff gespritzt? Polizei stoppt Professor aus Pegnitz auf seinem eigenen Flughafen

30.11.2021, 05:54 Uhr
Winfried Stöcker, der früher in Pegnitz lebte und mittlerweile in Lübeck wohnt, soll auf dem Flughafen Lübeck eine illegale Impfaktion durchgeführt haben.

© Carsten Rehder/dpa Winfried Stöcker, der früher in Pegnitz lebte und mittlerweile in Lübeck wohnt, soll auf dem Flughafen Lübeck eine illegale Impfaktion durchgeführt haben.

Der Besitzer des Flughafens ist ausgerechnet Winfried Stöcker selbst. Ein Mediziner, der durch seinen selbst entwickelten Corona-Impfstoff bereits in Konflikt mit den Behörden kam.

Bei der Impfung am Samstag herrschte großer Andrang. Es bestehe der Verdacht, dass der Impfstoff nicht zugelassen ist und damit eine Straftat nach dem Arzneimittelgesetz darstellt, teilte die Polizeidirektion Lübeck mit. 50 Personen seien wahrscheinlich damit geimpft worden, bevor Polizei und Kommunaler Ordnungsdienst die Aktion stoppten.

Bei Eintreffen der Beamten gegen 15 Uhr seien 80 Personen vor dem Flughafengebäude festgestellt worden, weitere Menschen seien zugeströmt. Etwa 150 Impfwillige hätten sich in der Abfertigungshalle aufgehalten. Geimpft wurde den Angaben zufolge in einem zu diesem Zweck hergerichteten Büroraum.

Schon 20.000 mit nicht zugelassenem Stoff geimpft?

Stöcker hatte bereits im vergangenen Jahr bekanntgegeben, einen eigenen Impfstoff gegen Corona zu entwickeln und an sich selbst zu testen. Diese Vakzine wollte er offenbar am Wochenende an Freiwillige verimpfen lassen. Zugelassen ist diese aber bislang nicht. Als die Polizei einschritt, seien Spritzen und Impflisten sichergestellt sowie Personalien aufgenommen worden. Stöcker sprach später in der „Bild“-Zeitung von 107 Geimpften. „In der Schlange warteten noch rund 600 Menschen“, fügte er hinzu. Weiter sagte der Arzt, er habe seinen Impfstoff schon 20.000 Menschen gespritzt, dabei habe es zehn Impfdurchbrüche gegeben. Wie belastbar diese Zahlen sind, ist jedoch völlig unklar.

Seit Anfang des Jahres ermittelt die Staatsanwaltschaft Lübeck gegen den 74-Jährigen. Damals lagen zwei gleichlautende Strafanzeigen des Paul-Ehrlich-Instituts und des Landesamtes für soziale Dienste vor, hatte die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Lübeck, Ulla Hingst, im Februar 2021 mitgeteilt. Die Ermittlungen liefen wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Hintergrund ist das von Stöcker entwickelte Antigen gegen das Coronavirus.

Behörde erstattet Strafanzeige gegen Stöcker

Der Vorwurf lautet, Stöcker habe ohne die erforderliche Erlaubnis Sars-CoV-2-Antikörper hergestellt und soll sich diese selbst und anderen Personen verabreicht haben, ohne die notwendige Genehmigung dafür zu besitzen. Nachdem er sich im März und April 2020 nach eigenen Angaben viermal das Antigen selbst gespritzt hatte, bezeichnete er sich im Mai 2020 als immun gegen das Corona-Virus. Auch seine Frau und seine Kinder soll er mit dem Antigen gespritzt haben, sowie später auch noch Kollegen und Freunde. Als Arzt sei er dazu berechtigt, und bedürfe keiner Zustimmung einer Behörde. Relevante und unerwünschte Nebenwirkungen habe es nicht gegeben.

Anfang September 2020 wandte sich Stöcker an das Paul-Ehrlich-Institut. Die Behörde ist unter anderem zuständig für die Zulassung von Impfstoffen. Laut „Spiegel“ mailte er seine Testergebnisse und bat darum, dass er seine Tests mit einer größeren Anzahl Freiwilliger durchführen könne, um festzustellen, ob es auch bei diesen keine Nebenwirkungen gebe. Stattdessen erstattete das Institut Strafanzeige. Stöcker argumentierte, er habe keine klinische Prüfung durchgeführt, sondern habe das Antigen im Rahmen individueller Heilversuche gespritzt. Der von ihm entwickelte Impfstoff kann nach seinen Angaben leicht in großen Mengen produziert werden.

20.000 Euro an AfD gespendet

In Medienberichten ist von dem „rechtspopulistischen Arzt“ und dem Impfen mit einer Do-it-yourself-Vakzine die Rede. Stöcker sei eine schillernde Persönlichkeit, schrieb der „Spiegel“. Er ist in Pegnitz zur Schule gegangen, legte dort 1967 das Abitur ab, und studierte dann in Würzburg Medizin. Der Medizinprofessor verkaufte vor drei Jahren sein auf Labordiagnostik spezialisiertes Unternehmen Euroimmun für rund 1,2 Milliarden Euro an den US-Konzern Perkin-Elmer, besitzt viele Patente und ist weltweit gut im Geschäft.

Nicht zum ersten Mal sorgt Stöcker für Aufregung. Ein Benefizkonzert für Flüchtlinge, das in seinem Kaufhaus in Görlitz geplant war, sagte er ab. „Mir sind so viele ausländische Flüchtlinge nicht willkommen“, zitierte ihn die „Sächsische Zeitung“. Er habe die Veranstaltung untersagt, „weil ich den Missbrauch unseres Asylrechtes nicht unterstützten will.“ Wie der „Spiegel“ berichtete, spendete der Unternehmer im Jahr 2019 20.000 Euro an die AfD. Unsere Zeitung bat am Montagvormittag Stöckers Sekretariat um einen Rückruf des Professors, doch er meldete sich nicht für eine Stellungnahme.

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