Ausstellung im Haus der Bayerischen Geschichte

Kann es trotz des Wirtshaussterbens in Bayern bald wieder mehr Wirtshausleben geben?

André Ammer

Region und Bayern

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30.4.2022, 05:55 Uhr
Kann es trotz des Wirtshaussterbens in Bayern bald wieder mehr Wirtshausleben geben?

© Gertrud Gerardi

Zum Beispiel Triftern. 13 Wirtshäuser hatte der etwa 5000 Einwohner zählende Markt in Niederbayern in früheren Zeiten, jetzt sind es noch drei. Und Triftern ist überall in Bayern: Laut den Daten des Statistischen Bundesamtes hat mehr als ein Viertel aller Gasthäuser im Freistaat seit 2006 die Pforten für immer geschlossen.

„Seit über 50 Jahren schon siecht unsere Wirtshauskultur dahin“, heißt es in einem Dokumentarfilm, der unter anderem die traurige Lage in Triftern aufzeigt und der für eine neue Ausstellung im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg gedreht wurde. „Wirtshaussterben? Wirtshausleben!“, lautet der Titel der bis 11. Dezember laufenden Präsentation, die zugleich nachdenklich und optimistisch stimmen soll.

Gehört das bayerische Wirtshaus jetzt auch schon ins Museum? Diese Frage kann man stellen angesichts einer Entwicklung, die sich in den letzten Jahren - und nicht erst seit der Corona-Pandemie - dramatisch verschärft hat. Manchem Stadtquartier, vor allem aber immer mehr Dorfgemeinschaften fehlt ein Treffpunkt.

Feierabendbier vorm Fernseher

Die Ausstellung in Regensburg geht der Frage nach, wie es zum Wirtshaussterben kam: Zahlreiche Faktoren sind dafür verantwortlich, etwa das veränderte Freizeitverhalten der Menschen, die ihr Feierabendbier nun vor dem Fernseher trinken oder lieber im Internet surfen, als am Stammtisch zu sitzen. Auch die Konkurrenz durch Vereinsheime und Imbissketten trug ihren Teil dazu bei, ebenso die stetig gestiegene Zahl von Vorschriften, fehlendes Fachpersonal, aber auch die mangelnde Anpassungsfähigkeit vieler Wirte.

Die Veranstaltung verfolgt den Aufstieg der bayerischen Wirtshauskultur zu Weltruhm und zeigt Lösungen für die Krise auf. „Offenbar spielt das Wirtshaus für die bayerische und eingeschlossen schwäbische wie fränkische Kultur eine wichtige Rolle. Sein Niedergang wird sogar als schwerwiegende Beeinträchtigung unserer Lebensart empfunden“, sagt Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte. Warum das so ist, sei eine kulturgeschichtliche Frage, die sich seiner Ansicht nach besonders für eine Ausstellung eignet.

„Wir haben uns lange damit beschäftigt und viele hundert Exponate gesammelt. Als wir uns sicher waren, dass daraus eine prächtige Ausstellung werden kann, haben wir den vielfältigen Wünschen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nachgegeben, uns dieses Themas anzunehmen“, erzählt Loibl.

Es ist seiner Überzeugung nach „tatsächlich eine ganz besondere Ausstellung geworden, weil wir das Spielerische des Themas, von der Kegelbahn bis zum Flipper, im wahrsten Sinn des Wortes nachvollziehbar machen“. Neben dem eigens produzierten Film soll ein Begleitprogramm, das das gesamte Regensburger Museumsufer einbezieht, und ein großer bespielter Gastgarten möglichst viele Besucher anlocken.

Musik, Tanz und Kartenspiel

In der Bayernausstellung begegnen den Besucherinnen und Besuchern außerdem legendäre Wirte und Kellnerinnen, sie lernen bayerische Spezialitäten von Allgäuer Bergkäs bis Zwetschgenbaames neu kennen und können sich geselligen Runden bei Musik, Tanz und Kartenspiel anschließen.

Auch der Stammtisch ist natürlich ein Thema der Präsentation. „Der Mensch, der keine Stammtischerfahrung hat, hat vom Leben fast nichts verstanden. Da fehlt ihm was“, erklärt Gerhard Polt, der in dem erwähnten Dokumentarfilm ebenfalls zu Wort kommt. Aber Vorsicht, am Stammtisch wird es oft auch politisch: „Nicht jeden, den Sie hier treffen, werden Sie mögen“, warnt ein Infotext zu der Bayernausstellung.

Wie neues Wirtshausleben entstehen kann, wird ebenfalls gezeigt. Heute finden viele Wirtinnen und Wirte ihr Erfolgsrezept. Mit regionaler und saisonaler Küche, eigenem Bier oder sogar einer angeschlossenen Mode-Boutique. Auch ins 250 Jahre alte Gasthaus zur Post in Triftern ist mit einem neuen Konzept wieder Leben eingekehrt. Zur Nachahmung dringend empfohlen.

Bis auf Montag täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet

Die Ausstellung „Wirtshaussterben? Wirtshausleben!“ im Haus der Bayerischen Geschichte (Donaumarkt 1, 93047 Regensburg) ist von Dienstag bis einschließlich Sonntag täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen finden Sie unter www.hdbg.de

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