Neue Anlagen

Kompromiss im Windkraft-Ausbau: Berlin schont Bayern, kippt aber einen Mindestabstand

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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8.6.2022, 16:12 Uhr
Windräder prägen das Panorama vor allem in Franken.

© Daniel Karmann/dpa/Symbolbild Windräder prägen das Panorama vor allem in Franken.

Ausgerechnet das größte deutsche Flächenland soll nach dem Willen des grünen Bundeswirtschaftsminister einen unterdurchschnittlichen Beitrag zum Ausbau der Windkraft leisten.

Keine zwei Prozent mehr

Das "Wind-an-Land-Gesetz" soll festlegen, wie viel seiner Fläche jedes Bundesland für den Ausbau der Windkraft reservieren muss. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits vor Monaten angekündigt, er werde das Ziel auf zwei Prozent festschreiben und notfalls auch länderspezifische Regeln wie den bayerischen Mindestabstand kippen. Der schreibt vor, dass Windkraftanlagen mindestens das Zehnfache ihrer Höhe von der nächsten Wohnbebauung entfernt sein müssen. Darüber tobt seit Wochen ein Streit zwischen Berlin und München.

Habeck kommt in seinem Entwurf nun vor allem Bayern und Baden-Württemberg entgegen. Das Papier liegt unserer Redaktion vor. Während die meisten anderen Bundesländer, von den Stadtstaaten abgesehen, bis 2026 mindestens 1,4 Prozent und bis 2032 dann zwei Prozent ihrer Fläche für Windkraftanlagen reservieren müssen, sind die Werte für den Süden deutlich niedriger: 1,1 Prozent bis 2026, 1,8 Prozent bis 2032.

Nicht gleichmäßig

Sieben der 16 Bundesländer müssen nach dem Entwurf Habecks das 2-Prozent-Ziel sogar überbieten, darunter Brandenburg, Hessen und Niedersachsen. Der Bund will damit den geografischen Gegebenheiten Rechnung tragen und, wie es im Entwurf heißt, "die vorhandenen Flächenpotenziale für den Ausbau der Windenergie an Land" berücksichtigen.

Die Länder müssen die Flächen nicht gleichmäßig über ihr Hoheitsgebiet verteilen. Sie können im Gegenteil regionale oder kommunale Teilflächenziele formulieren. In Gebieten mit mehr und stärkerem Wind könnten dann entsprechend mehr Flächen für neue Anlagen ausgewiesen werden. Ein Aspekt, der für Franken interessant werden dürfte, das schon jetzt die Hauptlast der bayerischen Windkraftanlagen trägt.

Zeit gewonnen

Für Bayerns Ministerpräsident dürfte der Entwurf eine gute Nachricht sein. Zwar will Habeck die so genannte Länderöffnungsklausel reformieren, die Bayern die umstrittene 10H-Regel ermöglicht hat. Doch erst wenn ein Land das angestrebte Ziel nicht in der gesetzten Frist erreicht, kann der Bund in länderspezifische Abstandsvorschriften eingreifen und dann beispielsweise den Mindestabstand auf maximal tausend Meter festsetzen. Das dürfte, wenn überhaupt, erst deutlich nach der Landtagswahl im kommenden Jahr der Fall sein.

Allerdings sieht Habecks Entwurf auch vor, dass in für Windkraft ausgewiesene Flächen künftig keine länderspezifische Abstandsregel mehr zur nächsten Wohnbebauung gelten darf. Bayern will Ausnahmen bis zu tausend Meter Abstand zulassen. Die wären hinfällig, weil das Baurecht eine geringere Distanz vorsieht.

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