"Verkehrsversuch" startet in Kürze

Zu laut: Minister ordnet Tempolimit auf der A73 bei Nürnberg an

15.12.2021, 05:58 Uhr
Bisher gab es zwischen dem Kreuz Nürnberg-Süd und Feucht kein generelles Tempolimit. Künftig darf dort tagsüber nicht mehr schneller als 120 km/h gefahren werden, nachts ist schon bei 100 km/h Schluss.

© Florian Gaertner/imago images/photothek Bisher gab es zwischen dem Kreuz Nürnberg-Süd und Feucht kein generelles Tempolimit. Künftig darf dort tagsüber nicht mehr schneller als 120 km/h gefahren werden, nachts ist schon bei 100 km/h Schluss.

Neidisch schielen die Nürnberger Bürger in der Gartenstadt, in Falkenheim und der Kettelersiedlung derzeit gen Osten in Richtung Wendelstein und Feucht. Denn dort ist möglich, was bei ihnen nicht möglich war: ein Tempolimit auf der Autobahn. Und das, obwohl auch dort die A73 längst drei Fahrstreifen in jede Richtung hat und obwohl dort deutlich weniger Fahrzeuge unterwegs sind als südlich von Nürnberg.

Innenminister Herrmann ließ sich von Anwohnern überzeugen

Verantwortlich dafür ist Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der im März 2018 den direkt an der A73 und nur von einer Holzwand als Lärmschutz abgeschirmten Wendelsteiner Ortsteil Röthenbach bei Sankt Wolfgang besichtigt hatte.

Danach war er so vom Anliegen der Anwohner, die derzeitig auch heftig gegen die Ansiedlung des ICE-Werks kämpfen, überzeugt, dass er für den Abschnitt zwischen dem Kreuz Nürnberg-Süd und dem Autobahndreieck Feucht ein Tempolimit anordnete. Tagsüber von 6 bis 22 Uhr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h, nachts ist schon bei 100 km/h Schluss. Zuvor gab es ein Tempolimit von 120 km/h in Richtung Nürnberg, in Richtung Feucht war keinerlei Begrenzung vorhanden.

Wirklich wirksam wurde die Anordnung bislang noch nicht, weil die Geschwindigkeit wegen Bauarbeiten ohnehin sehr lange begrenzt war. Jetzt stehen dort noch Blechschilder, die Tempo 100 vorgeben, weil die Regelung erst in Kraft treten soll, wenn sämtliche der "Streckenbeeinflussungsanlagen" genannten Anzeigetafeln zwischen Feucht und Nürnberg-Hafen-Ost in Betrieb gehen können. Das soll noch im Dezember 2021 der Fall sein, ab dann gilt also das von Herrmann angeordnete Tempolimit.

Zunächst bis zum 1. Juli 2022, danach wird entschieden, ob die Beschränkungen bleiben oder wieder aufgehoben werden.

Lärm-Grenzwerte werden eingehalten

Möglich ist dieses, obwohl in Röthenbach eigentlich die Lärm-Grenzwerte eingehalten werden. Das liegt daran, dass die Straßenverkehrsordnung zeitlich befristete "Verkehrsversuche" ermöglicht. Einen solchen Verkehrsversuch hatte Joachim Herrmann schon auf der A73 bei Forchheim angeordnet, wo nachts auf Tempo 120 verringert wurde. Dort läuft der Versuch noch.

Im Gegensatz zum Abschnitt bei Wendelstein und Feucht gibt es auf dem gerade sechsstreifig ausgebauten Autobahnabschnitt zwischen dem Kreuz Nürnberg-Süd und der Ausfahrt Nürnberg-Hafen-Ost künftig kein generelles Tempolimit mehr, Höchstgeschwindigkeiten werden je nach Verkehrslage vorgegeben.

Um das möglich zu machen, hat man den Lärmschutz aufgestockt und lärmmindernden Asphalt verlegt. Zusätzlich zum Bund haben Freistaat und Stadt Nürnberg freiwillig in die zusätzliche Erhöhung eines Erdwalls durch Gabionenwände auf einer Länge von 1,1 Kilometern auf eine Höhe von bis zu 10,5 Metern investiert.

Extreme Beschleunigung?

Doch vielen Anwohnern reicht das nicht als Lärmschutz, sie fordern ein Tempolimit. Albrecht Kippes, Vorsitzender des Bürgervereins Siedlungen Süd, fürchtet zum Beispiel, dass die Fahrzeuge an der Auffahrt Nürnberg-Münchener Straße in Richtung Fürth extrem beschleunigen, wenn es auf der A73 kein Tempolimit mehr gibt. Dies sei nicht in den Lärmschutzberechnungen berücksichtigt worden.

Es sei zudem nicht sinnvoll, eine sechs Kilometer lange Strecke ohne Tempolimit zu lassen, wenn sich in eine Richtung eine Strecke mit Tempo 80 und in die andere von nachts Tempo 100 anschließen. Ändern wird sich an den Plänen dennoch vorerst nichts. Außer auch dort wird ein Verkehrsversuch angeordnet.

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