Chip-Krise

Halbleiter: Firmen in Erlangen und dem Landkreis ERH hoffen auf Entspannung im Taiwan-Konflikt

Matthias Kronau, Scott Johnston und Markus Hörath

17.8.2022, 06:00 Uhr
Halbleiter-Platine (Symbolbild).   

© IMAGO/Alexander Pohl, IMAGO/aal.photo Halbleiter-Platine (Symbolbild).  

Die Lieferschwierigkeiten bei Halbleitern spürt auch die Firma Kubat Mechanik im Heroldsberger Gemeindeteil Großgeschaidt. Anton Kubat gründete 1982 das Unternehmen, das sein Sohn Jörg seit 2006 in zweiter Generation führt.

Es konzentriert sich auf Automationstechnik, Sondermaschinenbau sowie die Entwicklung und Konzeption von Fertigungsanlagen. Beschäftigt sind dort momentan etwa 112 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die große Nachfrage nach Halbleitern und die daraus resultierenden Verzögerungen bei der Auslieferung betreffen laut Anton Kubat vor allem Sicherheitsschaltelemente. Sie dienen unter anderem dazu, dass eine Maschine bei Problemen abgeschaltet wird.

Hohe Lieferzeiten

Diese speziellen Halbleiter, die ein zentraler Baustein der entsprechenden Steuerungselemente sind, hatten früher eine Lieferzeit von zirka vier Wochen; heute beträgt sie etwa ein Jahr.

Wie sich der Konflikt zwischen China und Taiwan weiter entwickle, sei ganz schwer abzuschätzen, so der Heroldsberger Unternehmer. Mit der Taiwan Semiconductor Manufactoring Company (TSMC) ist der weltgrößte Chiphersteller auf der demokratisch geführten Insel beheimatet. China beansprucht diese nach wie vor als eine ihrer Provinzen, weshalb sie nur von wenigen Nationen als eigener Staat anerkannt wird.

Aussagen von Chinas Staatschef lösen große Besorgnis aus

Neben TSMC befinden sich zahlreiche weitere Weltfirmen, die für die Halbleiter- und Mikrochip-Produktion wichtig sind, in Taiwan. Die Aussage von Xi Jinping, Chinas Staats- und Parteichef, dass er eine „Wiedervereinigung“ mit Taiwan bis zum 100. Geburtstag der Volksrepublik, also bis 2049, notfalls mit Gewalt erzwingen wolle, löste große Besorgnis in der übrigen Welt aus.

Zum Leid für die taiwanische Bevölkerung kämen extreme Belastungen für die globale Wirtschaft hinzu. Selbst verschärfte Sanktionen von China gegenüber Taiwan oder eine Seeblockade hätten katastrophale Auswirkungen in Zeiten, wo die Digitalisierung längst nahezu alle Lebensbereiche erfasst hat.

Europa muss unabhängiger werden

Wie auch der Angriff Russlands auf die Ukraine gezeigt habe, müsse Europa unbedingt die Bemühungen vorantreiben, unabhängiger von Staaten gerade in Krisenregionen zu werden, hebt der Gründer der Kubat Mechanik GmbH hervor.

Hoffnung verspreche der Aufbau des Chip-Clusters „Silicon Saxony" rund um Dresden.

Schon nach der Finanzkrise von 2008 machte Anton Kubat die Erfahrung, dass auf einen starken Einbruch der Konjunktur ein ebenfalls sehr starker Aufschwung folge. Als sich das Corona-Virus Anfang 2020 von der chinesischen Provinz Hubei über den Erdball ausbreitete und das Auftragsvolumen erheblich zurückging, hörte Kubat daher nicht auf Berater, die Entlassungen für unumgänglich hielten.

Regelrechte Auftragsschwemme

Mit seiner Einschätzung sollte recht behalten. Auch diesmal setzte nach der Krise eine regelrechte Auftragsschwemme ein. Deshalb muss die Heroldsberger Firma ohnehin einen größeren zeitlichen Rahmen beim Bau der Anlagen ansetzen, sodass die Lieferschwierigkeiten bei Halbleitern nicht so vehement durchschlagen.

Anton Kubat: „Entscheidend ist eine gute Planung mit der rechtzeitigen Bestellung der Steuerelemente , die wir benötigen, und dem bedarfsorientierten Aufbau von Vorratsbeständen.“

Leider erschwerten die momentanen massiven Preissteigerungen, die neben der Energie längst auch die Elektronikbranche erfasst haben, derzeit die Kalkulation. Er hoffe sehr, dass diese gefährliche Entwicklung bald abebbt.

"Direkte Abhängigkeit von Halbleitern für Schaeffler eher gering"

Halbleiter-Elemente sind, so konstatiert Schaeffler in Herzogenaurach, stark nachgefragt und generell für den Beschaffungsmarkt von großer Bedeutung. Aber: "Im Vergleich zu anderen Unternehmen ist die direkte Abhängigkeit von Halbleitern für Schaeffler eher gering", heißt es auf Anfrage. Schaeffler erhalte Halbleiter, häufig in Modulen verbaut, über seine Zulieferer.

"Wir analysieren die aktuelle Lage in Taiwan mit Blick auf die globalen Lieferketten sehr genau", betont das Unternehmen, das weltweit etwa 83000 Mitarbeiter beschäftigt. Für eine Einschätzung möglicher Auswirkungen der Taiwan-Krise sei es derzeit noch zu früh.

"Wir stehen mit unseren Lieferanten und Kunden in engster Abstimmung und prüfen fortlaufend mögliche Einflüsse auf unser Geschäft."

Siemens war einmal Pionier bei der Herstellung von Silizium

In Sachen Halbleiter gehörte der Siemens-Konzern einmal zu den Pionieren. Bereits in den 1950er-Jahren entwickelte der Konzern ein innovatives Verfahren, um hochreines Silizium herzustellen. Dieses Material ist für die Produktion von mikroelektronischen Erzeugnissen unverzichtbar.

Siemens baute darauf die Sparte Halbleiter-Herstellung auf. In den 1990er-Jahren zählte Siemens mit seinen Chips weltweit zu den führenden Produzenten, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheitseigenschaften von Halbleitern.

1999 gliederte die Siemens AG ihre Halbleiter-Sparte in eine Aktiengesellschaft aus und brachte sie damals noch als Mehrheitsaktionär als Infineon Technologies AG an die Börse. Seit 2006 hält Siemens keine Anteile mehr an Infineon.

Von anderen Chip-Produzenten abhängig

Nachdem Siemens also keine eigenen Halbleiter mehr produziert, ist man von anderen Chip-Produzenten, u.a. aus Taiwan, abhängig. "Wir beziehen nur einen Teil der Halbleiter und elektronischen Bauteile aus Taiwan, den Großteil beziehen wir aus anderen Ländern", so Konzernsprecher Florian Martini.

Siemens habe die Auswirkungen des weltweiten Lieferengpasses bei Halbleitern in enger Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten bisher begrenzen können, sagt Martini weiter. "Der Fokus liegt auch weiterhin auf der Sicherstellung der Versorgung unserer Werke – nicht zuletzt durch die Optimierung der Fertigung in unseren eigenen digital vernetzten Werken und unser internationales Liefernetzwerk, das wir durch ein globales Siemens-Netzwerk steuern."

Stabilität Taiwans liegt im Interesse aller

Bezüglich des Taiwan-Konflikts, sagt der Konzernsprecher folgendes: "Es ist im Interesse aller Akteure, dass die Stabilität in Taiwan gewahrt bleibt und eine Eskalation vermieden wird. Wir hoffen, dass China, USA und Europa auch im Fall von Taiwan einvernehmliche Lösungen finden werden."

Ähnlich hat sich jüngst Christian Bruch, CEO von Siemens Energy, in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit geäußert. "In Taiwan werden über 90 Prozent der neuesten Chipgeneration produziert. Fällt das weg, werden einige Dinge nicht mehr so funktionieren wie heute", sagt Bruch u.a. in dem Interview. Es helfe aber nicht, in Panik zu verfallen.

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