Nach OB Königs Vorschlag

Klassik Open Air im Stadion? Sechs Gründe, warum die Chancen schlecht stehen

8.7.2021, 16:02 Uhr
Bleibt in diesem Sommer nur Wunschdenken: ein gut gefülltes Klassik Open Air im Luitpoldhain. Und auch eine Ausweichveranstaltung im Stadion hat praktisch keine Chance.

© Günter Distler Bleibt in diesem Sommer nur Wunschdenken: ein gut gefülltes Klassik Open Air im Luitpoldhain. Und auch eine Ausweichveranstaltung im Stadion hat praktisch keine Chance.

Nach dem Protest der beiden Nürnberger Orchester gegen die Absage des Klassik Open Airs schlug Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König vor, die Konzerte des Klassik Open Airs in das Nürnberger Stadion zu verlegen. Anlass für diesen Vorschlag sei die Ankündigung der Bayerischen Staatsregierung gewesen, dass bei Bundesligaspielen in der neuen Saison bis zu 17.500 Zuschauer ins Nürnberger Stadion dürfen.

"Da habe ich die Frage gestellt, ob man dann nicht auch Kulturveranstaltungen im Stadion stattfinden lassen kann", sagte König nun gegenüber unserem Medienhaus, "nicht mehr und nicht weniger".

Diese Frage will König auch in einem generellen Sinne verstanden wissen. Angesichts einer nach wie vor geltenden Obergrenze von 1500, in Ausnahmefällen auch 2000 Zuschauern bei Freiluft-Kulturveranstaltungen, sehe er nicht ein, "wieso Besucher von Sportveranstaltungen bevorzugt behandelt werden sollten?"

Man dürfe hier nicht mit zweierlei Maß messen. Doch diese Frage sei ihm aus der Staatsregierung in München noch nicht beantwortet worden, so König, er wolle deshalb auch die entsprechende Verordnung, die die Zuschauerzahlen bei Fußballspielen regelt, abwarten: "Mal schauen, ob wir die nicht auch auf Kulturveranstaltungen anwenden können."

Doch ein kurzfristiger Umzug des Klassik Open Airs ins Stadion hat nach momentaner Lage der Dinge keine Chance auf Realisierung. In einem Brief aus dem für die Organisation des Klassik Open Airs zuständigen Kulturreferats werden von Kulturbürgermeisterin Julia Lehner einige Gründe dafür genannt.

1. Die Musiker sind im Urlaub

Wäre in diesem Sommer kaum frei - und wenn es frei ist, haben die Musikerinnen und Musiker der am Klassik Open Air beteiligten Orchester Urlaub: das Nürnberger Stadion.

Wäre in diesem Sommer kaum frei - und wenn es frei ist, haben die Musikerinnen und Musiker der am Klassik Open Air beteiligten Orchester Urlaub: das Nürnberger Stadion. © Oliver Acker

Es fehlen die Musikerinnen und Musiker. Das Stadion wäre nur in einem Zeitraum zwischen dem 2. und 11. August verfügbar. In diesem Zeitraum aber sind sowohl die Staatsphilharmonie Nürnberg und die Nürnberger Symphoniker - die am Klassik Open Air beteiligten Klangkörper - in den Orchesterferien, die Staatsphilharmonie bereits ab Anfang August, die Symphoniker ab 9. August.

Diese können auch nicht einfach verschoben werden, weil die Orchester ab September in eine mit Veranstaltungen gut angefüllte Saison starten.

2. Bühne steht im Stadion nicht zur Verfügung

Die beim Klassik Open Air verwendete Bühne steht nicht mehr zur Verfügung, weil mit der Absage der Veranstaltung letzte Woche auch der Vertrag mit der beauftragten Firma nichtig war. Es müsste also kurzfristig eine andere Bühne - samt erforderlicher Ausschreibung - organisiert werden. Eine erneute Ausschreibung würde mehrere Wochen in Anspruch nehmen, so Lehner in ihrem Brief.

3. Auf- und Abbau der Bühne dauert zu lange

Auch für eine solche Ersatzbühne rechnet man im Kulturreferat mit komplexen Aufbau- und Abbauzeiten. Konkret werden in dem Brief vier Tage für den Aufbau und zwei Tage für die Einrichtung der Bühne veranschlagt; drei Tage würde der Abbau benötigen. So stünde lediglich der 8. August als Konzerttag zur Verfügung, an diesem müsste jedoch auch noch die Generalprobe stattfinden.

4. Ab 13. August sind wieder Bundesligaspiele im Stadion

Ab dem Start der neuen Bundesligasaison am 13. August wäre ein solches Zeitfenster von mindestens zehn Tagen, in denen das Max-Morlock-Stadion für die Klassik Open Airs zur Verfügung stehen müsste, nicht mehr vorhanden. Denn dazwischen würden Fußballspiele stattfinden.

5. Zusätzliches Defizit würde Eintrittsgeld erforderlich machen

Ein Stadion-Open-Air würde laut Lehner der Veranstaltung ein "Defizit in beträchtlicher Höhe" bescheren, es müsste also von den Besuchern Eintrittsgeld verlangt werden. Dies ist jedoch nicht im Sinne der Veranstalter: "Ohne einen kostenlosen Zugang zu der Veranstaltung ist der Charakter eines Klassik-Open-Airs als ausgelassenes Fest der Musik und der Bürgerschaft nicht aufrecht zu erhalten" schreibt Lehner.

6. Ausnahmeregelung gilt nicht für Kulturveranstaltungen

Auch im Stadion wären die Klassik Open Air-Konzerte eine Kulturveranstaltung und keine Sportveranstaltung. Die entsprechende Verordnung, die im Moment allerdings noch nicht vorliegt, würde deshalb vermutlich auf die Konzerte gar nicht anwendbar sein.

Spätestens hier hört aber das Verständnis von OB König auf: "Macht es für die Bekämpfung des Corona-Virus einen Unterschied, ob die Menschen im Stadion sich eine Sportveranstaltung anschauen oder eine Kulturveranstaltung?"

Will nicht akzeptieren, dass Besucher von Sportveranstaltungen gegenüber Besuchern von Kulturveranstaltungen bevorzugt werden: Nürnbergs OB Marcus König.

Will nicht akzeptieren, dass Besucher von Sportveranstaltungen gegenüber Besuchern von Kulturveranstaltungen bevorzugt werden: Nürnbergs OB Marcus König. © Ralf Rödel

Eine berechtigte Frage. Von der Antwort darauf wird abhängen, ob in näherer Zukunft, solange die Pandemieregeln noch gelten, Kulturveranstaltungen gegebenenfalls auch in ein Stadion verlegt werden können. Für die Klassik Open Air-Konzerte in diesem Sommer dürfte diese Möglichkeit aber auf jeden Fall ausscheiden.

Und eine aktuelle schriftliche Antwort aus dem Bayerischen Kunstministerium auf den Offenen Brief der beiden Orchester macht auch wenig Hoffnung auf weitere Ausnahmen.

Klassik Open Air im Stadion? Sechs Gründe, warum die Chancen schlecht stehen

© Günter Distler

Im Gegenteil, angesichts der sich weiter verbreitenden Delta-Variante des Coronavirus bekräftig das Ministerium seine Linie: "Mit den aktuellen Regelungen können nach derzeitigem Stand für kulturelle Veranstaltungen unter freiem Himmel bereits bis zu 1500 Zuschauerinnen und Zuschauern ermöglicht werden. Eine generelle Erlaubnis von Kulturveranstaltungen mit deutlich größeren Zuschauerzahlen ist derzeit gerade auch mit Blick auf die Delta-Variante noch nicht vertretbar."

Auch bei der maximalen Ausnahmeregelung von 2000 Personen pro Veranstaltung soll es bleiben: "Einzelne Veranstaltungen mit etwas höheren Zuschauerzahlen in der Größenordnung von rund 2000 Personen wurden in der Vergangenheit von den Kreisverwaltungsbehörden genehmigt, denn über die derzeit notwendigen Ausnahmegenehmigungen entscheiden im Einzelfall die zuständigen Kreisverwaltungsbehörden", heißt es in dem Schreiben des Ministeriums.

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