Opfer des NS-Regimes

Gegen das Vergessen: Gedenkplatte erinnert an die Fürther Familie Willner

Armin Leberzammer

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16.3.2022, 10:00 Uhr
Spätes Gedenken: Mit dieser Tafel wird an das grauenhafte Schicksal der Familie Willner erinnert. Zur Einweihung wurde sie von Blumen umrahmt.

© Armin Leberzammer, NN Spätes Gedenken: Mit dieser Tafel wird an das grauenhafte Schicksal der Familie Willner erinnert. Zur Einweihung wurde sie von Blumen umrahmt.

"Ein Mensch ist so lange lebendig, wie sein Name nicht vergessen wird", sagt Julia Tschekalina, die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde. Vor dem Anwesen Karolinenstraße 15 erinnert nun eine Gedenkplatte an die einst dort lebende Familie Willner. Deren Angehörige wurden als jüdische Fürther von den Nationalsozialisten deportiert.

Für Oberbürgermeister Thomas Jung war es "eine traurige Aufgabe, diese Platte zu enthüllen". Und doch müsse man diese Erinnerungen pflegen. Schließlich machten sie deutlich, dass "hier nichts normal war, sondern dass hier etwas Schreckliches geschehen ist – vor wenigen Generationen und nicht etwa im Mittelalter", so Jung.

Angesichts seiner einst zahlreichen jüdischen Bürgerschaft müssten in Fürth über 1000 solcher Gedenkplatten verlegt werden – in anderen Städten werden sie in Form sogenannter Stolpersteine vor den ehemaligen Wohnhäusern der Ermordeten in die Gehwege eingelassen. Da die Zahl aber in Fürth so immens sei, "gehen wir sparsam mit dieser Form der Erinnerung um", erklärt das Stadtoberhaupt. Die neue Gedenkplatte ist erst die fünfte in der Stadt, die an Opfer der Shoah gemahnt. Verlegt werden sie auf Wunsch von Angehörigen.

Im Fall der Willners leben diese heute in den USA und in Israel. Angeregt hat die Plakette der Förderverein der ehemaligen Synagoge Kitzingen. In der unterfränkischen Stadt wurde Lili Flamm geboren. Später heiratete sie in Nürnberg Ludwig Willner und zog mit ihm 1935 nach Fürth.

Nur der Vater überlebte

Der barbarische Antisemitismus der NS-Machthaber machte dem familiären Glück spätestens 1941 ein schreckliches Ende: Gemeinsam mit ihren Kindern Margot (Jahrgang 1933), Alfred (1935) und Judith (1939) wurden Lili und Ludwig Willner in das Lager Jungfernhof bei Riga deportiert. Alfred starb im Februar 1942, Lili und ihre Tochter Judith wurden einen Monat später zusammen mit hunderten weiteren Menschen in einem Waldstück erschossen.

Die Spuren von Margot, der Ältesten, lassen sich noch bis 1944 verfolgen, dann verlieren sich auch sie – im Konzentrationslager Buchenwald. Nur der Vater Ludwig überlebte.

Ihrer allen gedachten neben Vertretern der Kultusgemeinde und dem Oberbürgermeister auch einige Stadträte. Für den Kitzinger Förderverein berichtete dessen Vorsitzende Margret Löther gemeinsam mit ihrem Ehemann Diethart Bischof aus Fürth über das Leben der Willners.

Julia Tschekalina betrachtet die am Boden eingelassene Gedenkplatte als angemessene Form der Erinnerung: "Um die Namen zu lesen, muss man sich verbeugen – und damit verbeugt man sich vor den Opfern."

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