die neue Ausstellung "Herrschaftszeiten"

Cadolzburg: Von der Brand-Ruine zum Burgerlebnismuseum

24.10.2018, 11:00 Uhr
Cadolzburg: Von der Brand-Ruine zum Burgerlebnismuseum

© Foto: Budig

Dass es nur wenige echte Raum-Zeugnisse aus dem Hochmittelalter im Burgenmuseum zu sehen gibt, ist nicht die Schuld des zuständigen Baudirektors der bayerischen Schlösserverwaltung Jürgen Bauer, des Architekten Wilfried Claus oder des Bauleiters Lothar Wagner. "Große Teile der Burg waren niedergebrannt, nur Außenmauern standen. 30 Jahre war die Ruine der Witterung ausgesetzt; im heutigen Erkersaal wuchsen die Bäume gen Himmel", beschreibt Bauer den Zustand der Cadolzburg noch in den frühen 1970er Jahren.

Nur Schaustücke

So kommt es, dass die jetzt so authentisch wirkenden Räume architektonische Nachbildungen sind, museale Schaustücke, die eingefügt wurden, als die Cadolzburg in ihrem letzten Bauabschnitt zum Museum gestaltet wurde. Das filigrane Deckengewölbe im Erkersaal der Cadolzburg, dem mutmaßlichen Prunksaal des höfischen Lebens unter Kurfürst Albrecht Achilles um 1470, die mächtige Eichensäule inmitten des Empfangsraumes, sie üben heute keine tragenden Funktionen aus.

Bauer, Claus, Wagner und Vinzenz Dufter vom Bayerischen Verein für Denkmalpflege bieten einen besonderen Burgbesuch. Das Burgenerlebniszentrum, das im Juni 2017 öffnete, hat viel Lob erhalten für seine Dauerausstellung, die die Zeit der Hohenzollern in Franken wissenschaftlich seriös und spannend vermittelt. Über 80 000 Besucher zog diese im ersten Jahr an.

Doch um die Ausstellung geht es den Referenten nicht. Sie führen zu den Stellen, an denen schwierige Bauentscheidungen getroffen werden mussten, die Renovierungsphase besonders problematisch war. Gleich im Eingangsbereich, wenn man das vorgelagerte Pförtnerhaus verlässt, ist man mit einem Wagnis konfrontiert: die Verbindung von historisch ähnelnder Bauweise mit modernen Elementen aus Glas und Metall.

Betritt man den Burghof, blickt man geradewegs auf den heutigen Zugang zur Veste, der ebenfalls modern gestaltet den musealen Erfordernissen Rechnung trägt und gleichzeitig eigene ästhetische Akzente setzt.

Wie schwierig es ist, modern in einem alten Gemäuer zu bauen, zeigen die engen historischen Burgtore, die keinen modernen Lieferverkehr erlaubten. Im Burghof konnte außerdem kein Kran aufgebaut werden. "Alles Baumaterial musste portionsweise mit Schubkarren übers Gerüst an Ort und Stelle verbracht werden", beschreibt Lothar Wagner die Situation.

Oder wie sollte man mit den einst zur statischen Sicherung eingezogenen Stahlbetondecken umgehen? Mit der Notwendigkeit, museale Sicherheit zu gewährleisten? Treppenhäuser, Rampen, ein Lift, WC-Anlagen waren nötig.

Moderne Technik bei der Lichtgestaltung oder Ton sollten zum Einsatz kommen, aber nicht den Gesamteindruck der Burg stören. Es galt, viele Entscheidungen zu treffen, in einem Bauwerk, das in Teilen um 1250 entstand, in seiner Blütezeit um 1470 bedeutend erweitert wurde und später vielfach baulichen Wandel erfuhr.

Mutige Handschrift

Die Begehung macht klar: Hier ist aus den Ruinen einer historisch gewachsenen Burganlage ein Museum zum besseren Burgenverständnis entstanden. Am deutlichsten zeigt sich die mutige Handschrift der Architekten im sogenannten "Neuen Schloss". Hier wurde aus der finanziellen Beschränkung eine Tugend gemacht. Für das Einziehen von Etagenböden und Zwischenwänden, dem Gestalten von Räumen, wie es im Alten Schloss nebenan geschah, war kein Geld mehr zu erhalten.

Also blieb alles monumental und weitgehend leer. Eine moderne Stahltreppe führt in die Tiefe. Im riesigen Raum befindet sich nur eine Video­Installation, die die letzten Jahre im Zweiten Weltkrieg und die Zerstörung mittels Zeitzeugen-Interviews dokumentiert.

Ein paar wie zufällig liegengebliebene Felsbrocken vermitteln etwas, von der wahren Dimension dieser Anlage. Trotz aller Rekonstruktion – die neue Burg hat dem Ort Cadolzburg etwas Identitätsstiftendes zurückgegeben. Oder, in der Museumssprache formuliert: "Das wichtigste Objekt des Museums Cadolzburg ist ohne Zweifel die Burg selbst", wie es Jürgen Bauer in seinem Aufsatz im Burgkatalog schreibt.

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