Historischer Komplex

Fürther Hauptbahnhof: Aufwendige Sanierung mit Überraschungen

25.11.2021, 11:00 Uhr
Es ist noch schwer vorstellbar, aber zu Beginn des kommenden Jahres soll hier, im Ostflügel, das Infra-Kundencenter an den Start gehen.

© Foto: Wolfgang Händel Es ist noch schwer vorstellbar, aber zu Beginn des kommenden Jahres soll hier, im Ostflügel, das Infra-Kundencenter an den Start gehen.

Es gibt Dinge, die, obwohl augenfällig, bei all den sich überschlagenden Pandemie-Entwicklungen ein bisschen aus dem Blickfeld geraten. Zum Beispiel, dass gerade mit großem Aufwand das historische Bahnhofsgebäude saniert wird; und dass einmal angekündigt war, diese Sanierung sei bis zum Jahresende abgeschlossen.

Ist sie nicht, wie sich bei einem Rundgang mit Vertretern des Investors MIP zeigt, und das hat seine Gründe: massive Lieferschwierigkeiten eines Aufzugbauers etwa oder aber Abspracheprobleme mit der Bahn, von der MIP den Komplex 2018 erworben hat und die einer der Hauptnutzer bleiben wird.

Historisches Schmuckstück: Der Fürther Hauptbahnhof aus der Vogelperspektive, hier noch in der Zeit vor der Sanierung.  

Historisches Schmuckstück: Der Fürther Hauptbahnhof aus der Vogelperspektive, hier noch in der Zeit vor der Sanierung.   © Foto: Skyling

Eigentlich, sagt MIP-Geschäftsführer Wolfgang Riedl, glaubte man sich mit der DB bereits weitgehend einig, was die Gestaltung des Kernstücks, der Mittelhalle, betrifft: Das Metallkonstrukt für die Papier-Fahrpläne, das samt Fahrkartenautomat mittendrin steht und den Raum unschön teilt, wollte man durch eine elektronische Anzeige an der rückwärtigen Wand ersetzen; statt der verschrammten Schließfächer einen Info-Point einrichten. Inzwischen habe die Bahn die Rolle rückwärts gemacht, die Papierfahrpläne sollen bleiben, Schließfächer will man ebenfalls nicht missen.

Riedl sind Missmut und Ratlosigkeit anzumerken, Firmenchef Philipp Streng verdreht ein wenig die Augen. Man will aber am Ball bleiben, sagen sie, es wird schon alles werden. Vielleicht auch mit dem Blumenladen, den man gern hier hätte. Bisher liegen nur Anfragen für einen Döner-Imbiss vor.

In der Eingangshalle sollen Fahrplanhalterungen und Kartenautomat verschwinden, um den Raum zu öffnen – doch es gibt noch Unstimmigkeiten mit der Bahn.  

In der Eingangshalle sollen Fahrplanhalterungen und Kartenautomat verschwinden, um den Raum zu öffnen – doch es gibt noch Unstimmigkeiten mit der Bahn.   © Foto: Wolfgang Händel

Um Problemlösungen ist freilich nicht verlegen, wer in dieser Stadt schon erfolgreich dicke Sanierungsbretter gebohrt hat wie etwa in der Humbser-Brauerei oder im Grünen Baum. Was alles quer kommen kann, ist im Ostflügel zu besichtigen, dort, wo einst das Bahnhofsrestaurant seinen Platz hatte und schon bald das Kundencenter der städtischen Infra einziehen wird.

Zuvor durch Einbauten verdeckte historische Decken sind freigelegt, die Malereien werden vom bewährten MIP-Partner, Künstler und Restaurator Béla Farago, akribisch wiederhergestellt. Hinter Verschalungen fanden sich schmucke gußeiserne Originalsäulen aus dem 19. Jahrhundert, die auf Vordermann gebracht werden und deren statische Tauglichkeit nachzuweisen ist.

Immer in enger Absprache ist MIP mit den Denkmalbehörden, feinste Details gilt es abzustimmen – etwa, welche Fenster- und Türgriffe zum historischen Ambiente passen. Im ersten Quartal 2022 kann die Infra hier 470 Quadratmeter in Beschlag nehmen und – Überraschung! – nebenan darüber hinaus ein Café auf rund 100 Quadratmetern betreiben.

Suche nach einem Pächter

Wie bitte, die Infra als Gastro-Anbieter? Ja, sagen Riedl und Streng, MIP selbst habe Abstand davon genommen, das kommunale Verkehrsunternehmen will nun in die Bresche springen – und damit doch wieder ein bisschen Gastronomie anbieten, wie es sich viele für den Hauptbahnhof wünschen. Die Suche nach einem passenden Pächter läuft.

Schon viel weiter ist man unterdessen drüben, im fertiggestellten Westflügel. Dort ist die städtische Tourist-Info (TI) an den Start gegangen, am 7. Dezember soll die Einweihung gefeiert werden. Wer dieser Tage vorbeischaut, trifft eine sichtlich selige TI-Leiterin an.

Strahlend führt Eike Söhnlein durch die großzügigen und freundlichen Räume, dekoriert mit großformatigen Schwarzweiß-Aufnahmen der Kleeblattstadt. Söhnlein selbst hat ihr Büro im ersten Stock, mit weitem Blick über die Gleise. Hier saß früher der Bahnhofsvorsteher.

Für die TI, die bislang mit eher überschaubaren Räumlichkeiten auf der anderen Seite des Bahnhofplatzes zurande kommen musste, ist es ein gewaltiger Sprung nach vorn. Die Stadt will damit wachsender touristischer Nachfrage gerecht werden. Es sei der richtige Schritt und das Geld wert, meint der dafür zuständige Wirtschaftsreferent Horst Müller, sehr zufrieden zeigt er sich mit dem Ergebnis.

Auch ein paar Motive aus der Eisenbahngeschichte gibt es in der neuen TI zu sehen, aber nicht allzu viele, und das mit Bedacht: Eine Dauerausstellung zu Adler und Co. nämlich soll künftig die Mittelhalle schmücken – wenn man sich denn mal mit der Bahn von heute übers Ambiente einig geworden ist . . .

1 Kommentar