Mit.Menschen Podcast
Luis Bauer: Zwischen Tiktok, Trauer, Tod und Trends
21.10.2021, 05:53 UhrDer Tod gehört wie die Geburt zum Leben dazu – vollkommen logisch. Doch während die Geburt mit Babyshower und Welcome-Parties gefeiert wird, bleibt das Ableben meist ein Tabuthema, über das nur wenig geredet oder aufgeklärt wird. Für den 16-jährigen Luis Bauer aus Fürth gehört der Tod zum Alltag, er ist quasi damit aufgewachsen.
Während andere Kinder im Grundschulalter sonntags vor dem Tatort das Wohnzimmer verlassen und ins Bett mussten, beschäftigte sich Luis in seiner Kindheit mehr und mehr mit dem Thema Tod. Er besuchte seinen Vater auf der Arbeit und sah schon als Grundschüler den ersten Verstorbenen. Vater Johannes Bauer ist Geschäftsführer eines Fürther Bestattungsinstituts, als Thanatologe kümmert er sich um die Versorgung der Verstorbenen, stellt sie etwa bei schweren Unfällen optisch wieder her und ermöglicht so den Hinterbliebenen einen würdevollen Abschied am offenen Sarg.
Harte Kost für ein Kind? Nicht für Luis. "Das war halt die Arbeit vom Papa und von Anfang an völlig normal“, erzählt er im Mit.Menschen-Podcast. Über die Jahre übernahm er, aus eigenem Interesse, Aufgaben im Institut. Faltete er zu Beginn noch die Briefumschläge, wusch er mit 14 Jahren Verstorbene und bereitete sie für die Bestattung vor. Eine ungewöhnliche Jugend möchte man meinen, doch Bauer ist ein normaler junger Mann geblieben, der in seiner Freizeit viel Sport treibt, sich mit Freunden trifft oder auf Partys geht, „was man halt so in dem Alter macht“, wie er mit zwinkerndem Auge sagt. Social Media gehört da natürlich dazu.
Vergangenen Februar hatte er eine Idee, die ihn deutschlandweit bekannt machte. Kanal alles um Tod und Bestattungen. Und das kommt an. Mit seinen kurzen und informativen Videos hat Bauer mittlerweile über eine halbe Million Follower und elf Millionen Abrufe erreicht. Was passiert mit Schwangeren, die sterben? Können Tote schwitzen? Es gibt keine Frage, die Luis nicht versucht, in einem Video zu erklären.
Anstatt Tier- oder Tanzvideos hochzuladen, dreht sich auf seinemMit seiner natürlichen Art und der unaufgeregten Selbstverständlichkeit, mit der er über diese schwierige Themen spricht, hat er auf Tiktok einen Nerv getroffen. "Die Fragen der User sind quasi unendlich, das Interesse an dem Thema ist riesig", erzählt er. Unterstützung bekommt Luis von seinem Vater, der „gleichzeitig mein Chef, aber auch mein bester Freund ist“, wie er sagt. Gemeinsam bereiten sie die Videodrehs vor, Vater Johannes fungiert dabei als Kameramann.
Fast täglich postet Luis auf seinem Account neue Einblicke aus dem Bestatter-Alltag - und es kommen immer mehr Follower dazu. Auch nach einem dreiviertel Jahr überrascht ihn der Erfolg immer noch. „Es gibt Videos, die über vier Millionen Mal angesehen wurden“, sagt er. Die wachsende Bekanntheit im Internet schwappt auch auf sein Privatleben über. Er wird regelmäßig auf der Straße erkannt und angesprochen. "Das Verrückteste war, als ich mal auf Mallorca angesprochen wurde, ob ich nicht dieser Typ von Tiktok bin. Die Leute wollen dann sogar Fotos mit mir machen“, erzählt er und lacht.
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Abgehoben ist er nicht. "Es geht ja nicht um mich, sondern um das Thema", sagt er bescheiden. Den Tod aus der Tabu-Ecke zu holen, das ist sein Ziel. Und das hat der 16-Jährige geschafft.