Diskussion von Fachleuten

Moderne Zeiten: Kleeblatt-Trainer Zorniger setzt bei der Spieler-Suche auch auf KI

6.1.2024, 15:00 Uhr
„KI kann helfen, potenziell interessante Spieler zu identifizieren“, sagt SpVgg-Trainer Alexander Zorniger.

© Sportfoto Zink / Alexander Schlirf „KI kann helfen, potenziell interessante Spieler zu identifizieren“, sagt SpVgg-Trainer Alexander Zorniger.

Eingeladen hatte das Forum Sport der Metropolregion Nürnberg, präsentiert wurde die Veranstaltung – Motto "KI bewegt uns" – von der Nürnberger Versicherung.

Künstliche Intelligenz ist seit dem Start von ChatGPT 2022 in aller Munde. Doch bereits seit 1975 forscht die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) intensiv in den Themenfeldern KI, Maschinelles Lernen und Mustererkennung. Aktuell arbeiten daran mehr als 60 Lehrstühle und Professuren. Auch in der Wirtschaft spielt KI zunehmend eine Rolle.

Etablierte Unternehmen setzen auf kreative Lösungen von Startups, um das nächste Level zu erreichen. Im Sport tragen KI-gestützte Systeme bereits zur Analyse von Leistungen und Bewegungen, zur Vorhersage von Verletzungen, zur Unterstützung von Schiedsrichtern und zur Verbesserung des Fanerlebnisses bei. Es scheint erst der Anfang zu sein.

Dem Eingangsstatement von Prof. Dr. Björn Eskofier, Inhaber des Lehrstuhls für Maschinelles Lernen und Datenanalytik der FAU, stimmten bei der Diskussion im Ronhof alle zu: "Innovation entsteht an Schnittstellen. Deshalb sind Veranstaltungen wie diese so wichtig, die unterschiedliche Bereiche zusammenbringen."

"ChatGPT denkt nicht"

Thematisch wurde ein breites Spektrum abgedeckt, das sich von den Rahmenbedingungen der Nutzung über Leistungsdiagnostik und Prävention bis hin zur Talentfindung und Marketingansätzen erstreckte.

Immer wieder genannt wurde das Sprachmodell ChatGPT, das bei den meisten Teilnehmenden bereits zum Alltag gehört. Häufig wird es als Sparringspartner eingesetzt, zur Verifizierung eigener Ideen oder zum Erstellen standardisierter Kurztexte oder Social-Media-Posts genutzt.

"Bei der Entwicklung von Marketingstrategien für verschiedene Märkte spielt KI keine Rolle, da haben wir andere Wege, um auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen", erklärte Manolo Schürmann, Senior Head of Sports Marketing Teamsport bei Puma. Und Björn Eskofier unterstrich: "ChatGPT denkt nicht.

Es wird noch 50 Jahre dauern, bis es die Rechenpower des menschlichen Gehirns hat und eigenständig kreativ sein kann." Dem "typisch deutschen Wunsch" nach Regulierung widersprach er vehement und betonte, die rechtlichen Grundlagen seien völlig ausreichend. Europa dürfe nicht den Anschluss an die Innovationstreiber China und USA verpassen.

In der Sportpraxis zeichnete sich ein klarer Trend ab: eine Offenheit gegenüber den neuen Möglichkeiten, kombiniert mit dem Bedürfnis nach Kontrolle. Alexander Zorniger, Cheftrainer der SpVgg Greuther Fürth: "KI kann helfen, potenziell interessante Spieler zu identifizieren." Die Entscheidung liege aber beim Menschen, und das müsse so bleiben.

Plagiaten auf der Spur

Raúl Alonso, Sportdirektor des HC Erlangen, argumentierte ähnlich: "Als ich noch Trainer war, haben wir Spielsituationen mit Tabellen händisch ausgewertet und Muster abgeleitet." Das gehe mit KI schneller. Doch auch neue Technologien könnten einen Gewinn nicht sicher vorhersagen. "Am Ende sind wir gefragt."

Für Dirk Schlünz, Geschäftsleiter Vermarktung des 1. FC Nürnberg, ist der Einsatz von KI dann sinnvoll, wenn es darum geht, Prozesse schneller, effizienter und damit kostengünstiger zu machen. Dem stimmte Heiko Wörrlein, Media Manager des Challenge Roth, zu: "Die Emotionen und Erlebnisse vor Ort sind durch KI nicht zu ersetzen. Dennoch schauen wir immer in allen Bereichen, wo wir besser werden können." KI helfe etwa, Pläne in der Logistik rund ums Rennen zu gestalten.

Auf großes Interesse stieß der Beitrag von Ulla Loreth, Teamhead Brand Protection bei Puma. Sie führte aus, wie ihr Unternehmen dem Onlinehandel mit Plagiaten mit KI auf die Spur kommt – weltweit, rund um die Uhr, an 7 Tagen pro Woche.

Auch die von Sebastian Frank, Director Sports Business Solutions bei IT-Dienstleister adesso, vorgestellten Möglichkeiten, für den Spitzensport entwickelte Systeme im Nachwuchs- und Breitensport zu nutzen und Trainingseinheiten mithilfe von Computer Vision effizienter zu gestalten, stießen auf positive Resonanz. Am Ende des Talks herrschte Einigkeit: Der Einsatz von KI birgt Chancen und Risiken, doch gelte es – für einen starken Spitzensport in der Metropolregion – eine proaktive Haltung einzunehmen, sich zu vernetzen, Best-Practice-Erfahrungen zu teilen, Studien und Use Cases durchzuführen.

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