Ein eigenwilliger Roman

Der Fürther Autor Alexander Philipp Mayer führt auf die Pfade des Krieges und der Selbstfindung

11.2.2024, 19:00 Uhr
Ein belesener Mann: der Fürther Autor Alexander Philipp Mayer.

© privat, NN Ein belesener Mann: der Fürther Autor Alexander Philipp Mayer.

Als es um die Neugestaltung der so genannten "Fürther Mitte" ging, hat Alexander Philipp Mayer sich mit Oberbürgermeister Thomas Jung angelegt. Er wollte einige bauliche Experimente verhindern, die ihm als damaligem Heimatpfleger der Kleeblatt-Metropole zuwiderliefen. Das Amt ging ihm bald verloren. Aber der studierte Historiker Mayer musste sich nicht langweilen. Unermüdlich war er als Publizist (vor allem zu lokalen Fürther Themen), Stadtführer, Denkmalschützer und Wikipedia-Autor tätig.

Sarajewo ist ein wichtiger Schauplatz im Roman "Der Schwebende".

Sarajewo ist ein wichtiger Schauplatz im Roman "Der Schwebende". © IMAGO/Walter Tausch, NN

Jetzt hat Alexander Mayer ein umfangreiches Buch vorgelegt. Titel: "Der Schwebende", Gattungsbezeichnung: Roman. Wenn man hineinliest, bekommt man eher den Eindruck, eine Reisebeschreibung zu verfolgen. Die Reise führt zu wichtigen Schauplätzen des Ersten Weltkriegs: Sarajewo, Arras, Vimy. Der Reisende heißt Engelbert. Ihm begegnen Menschen und Wetterstimmungen. Doch hauptsächlich setzt er sich mit der Historie auseinander, zitiert Quellen, diskutiert die Gedenkkultur. Wie ist es zu diesem sehr leserlichen, doch auch eigenwilligen Buch gekommen?

Im Gespräch berichtet Alexander Philipp Mayer von seiner beinahe geheimnisvollen Faszination für den Ersten Weltkrieg. Er fühlt sich familiär, auch durch viele Gefallene, stark mit dieser Epoche verbunden. Immer wieder kamen ihm Bilder in den Sinn, die Déjà-Vus ähnelten. Als wäre er dabei gewesen. 1995 wurde er auf einer Rückreise aus Griechenland mit dem belagerten Sarajewo im Balkan-Krieg konfrontiert. Das Attentat auf den Österreichischen Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajewo hatte 1914 den Ersten Weltkrieg ausgelöst. 2016 fuhr Mayer selbst dorthin. In einem langen Kapitel beschreibt er im Buch Eindrücke aus der Stadt und schildert die historischen Ereignisse rund um den Anschlag junger serbischer Nationalisten auf die Monarchie.

Das Cover von Alexander Philipp Mayers Roman "Der Schwebende".

Das Cover von Alexander Philipp Mayers Roman "Der Schwebende". © Verlag Königshausen & Neumann

Eigentlich war er auf dieser und den folgenden Reisen jedoch auf Spurensuche zur eigenen Persönlichkeit, in die persönliche Geschichte. Sagt Mayer. Es ist eine Geschichte, die der Autor gut versteckt hat. Etwa in Anspielungen an den Künstler Ernst Barlach, aus denen sich den Titel des "Romans" erschließen lassen kann: "Der Schwebende". Engelbert, der ebenso reale wie fiktive Reisende, liest folgendes Barlach-Zitat in einem Katalog: "Für mich hat während des Krieges die Zeit stillgestanden. Sie war in nichts anderes Irdisches einfügbar. Sie schwebte. Von diesem Gefühl wollte ich in dieser im Leeren schwebenden Schicksalsgestalt etwas wiedergeben."

Alexander Mayer verweist auf Rätsel, die in seinem Text verborgen sind. In Fürth moderiert er eine große digitale Rätselgruppe. Schon der Name des Protagonisten Engelbert Ratgeber spielt auf literarische Zusammenhänge an. Der Fürther Schriftsteller Jakob Wassermann hatte seinen autobiografischen Roman von 1905 "Engelhart Ratgeber" betitelt. Und Mayer hatte eine Immobilie in einem von Wassermann bewohnten Haus erworben. Das alles ist sehr fein gesponnen.

In Fürth nicht nur als Autor, sondern auch als Stadtführer bekannt: Alexander Philipp Mayer.

In Fürth nicht nur als Autor, sondern auch als Stadtführer bekannt: Alexander Philipp Mayer. © privat, NN

Der handfeste Nutzen der "Roman"-Lektüre liegt jedoch in einer erfrischend verständlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ersten Weltkriegs. Dessen düstere Konsequenz im Nationalsozialismus (die heute so aktuell anmutet) vergisst Mayer nicht. "Mein Anliegen war eigentlich immer die Popularisierung von Wissenschaft", sagt der Fürther Autor. Mit seinem Buch ist sie ihm gelungen.

Keine Kommentare