Neues aus den Museen

Zwischen Bänken und Bäumen: Junge Kunst kommt in alte Gärten in Erlangen und Nürnberg

31.3.2024, 19:18 Uhr
Barbara Engelhard: A colourful space - for you and me, 2024.

© Barbara Engelhard Barbara Engelhard: A colourful space - for you and me, 2024.

Denn wie soll das gehen? Der Erlanger Schlossgarten ist sieben Hektar groß, das Areal hinter dem Markgrafenschloss ist barock gestaltet und geht dann in einen englischen Landschaftspark über. Der Renaissance-Garten des Museums Tucherschloss dagegen ist klar umgrenzt, vom dortigen Hof steigt er in mehreren Terrassen zum wiederaufgebauten Hirsvogelsaal an. Eine idyllische Oase, in die 18 zum Teil großformatige Kunstwerke eingepasst und dramaturgisch neu ausgerichtet werden müssen. „Unsere Bäume sind leider nicht so hoch wie die in Erlangen“, sagt Ulrike Berninger, Leiterin des Museums Tucherschloss und Hirsvogelsaal.

Die 3,50 Meter hohe magische Wasserlandschaft Ostseeblick von Lars Herrmann wird also zusätzlich auf ein „nur“ zwei Meter hohes Banner gedruckt. Ein Vorhang aus farbigen Plastikstreifen – haze(red) von Michael Göbel – hängt nicht wie im Erlanger Schlossgarten über einem Weg, sondern vor dem Mauertorbogen zum Schlosshof. Und Martin Droschke darf hier nicht – wie in Erlangen – Rasenstücke ausheben und durch gestalteten Kunstrasen ersetzen, sondern überspannt vorhandene Bodenplatten. „Die Künstler sind sehr kooperativ“, freut sich Berninger. Alle – neun Frauen und neun Männer aus ganz Deutschland, darunter sieben aus der Region – haben für Beyond Boundaries neue Werke geschaffen. Vielleicht, weil die Anfrage so ungewöhnlich war.

Thomas Eser, Direktor der Museen der Stadt Nürnberg, im Garten am Tucherschloss.

Thomas Eser, Direktor der Museen der Stadt Nürnberg, im Garten am Tucherschloss. © Stefan Hippel, NNZ

Denn die Ausstellung ist das Produkt eines Projektseminars an der Erlanger Universität: Zehn Studierende der Kunstgeschichte haben sie konzipiert, den Kontakt zu den Künstlerinnen und Künstlern gesucht und arbeiten seit dem Sommersemester 2023 an der Realisation. In vier Arbeitsgruppen – Vermittlung, Objektgestaltung, Öffentlichkeitsarbeit und Finanzen – lernen sie unter realistischen Bedingungen die Organisation einer Ausstellung im öffentlichen Raum.

Angeleitet werden sie dabei von Ulrike Götz. Die Kunsthistorikerin und Galeristin hat wie Ulrike Berninger Mitte der 1980er Jahre in Erlangen studiert, beide halten praktische Erfahrung für ungeheuer wichtig. „Damals war das leider noch gar kein Thema, wir haben im ,Elfenbeinturm der Theorie‘ studiert“, bedauert Berninger. Auch heute steht Wissenschaft im Vordergrund. „Die Studierenden können sogar sagen, welche Augenfarbe Vincent van Gogh hatte“, berichtet Götz, „aber sie trauen sich nicht zu entscheiden, hänge ich das Banner an diesen oder jenen Baum.“

Viel Zeit bleibt den Nachwuchs-Kuratorinnen und -kuratoren nicht mehr, die Hochphase der Ausstellungsvorbereitung war Ende Februar – ausgerechnet in den Semesterferien. Fünf Tage, so schätzt Ulrike Götz, wird der Aufbau im Erlanger Schlossgarten dauern. Die Eröffnung ist am 13. März, um 13 Uhr auf der Gartenseite der Orangerie im Schlossgarten – genau dann, wenn der
37. Deutsche Kongress für Kunstgeschichte beginnt. Rund 750 Wissenschaftler, Museumsleute und Kunsthistoriker werden vier Tage lang durch Beyond Boundaries spazieren, wenn sie zwischen Redoutensaal und Kollegienhaus hin- und herwechseln. Nach knapp sechs Wochen schon werden die Kunstwerke abgebaut und nach Nürnberg transportiert, wo die Schau ab 2. Mai im Garten und Hof des Museums Tucherschloss zu sehen sein wird.

Kunstinteressierte dürfen sich bei dieser ersten Gruppenausstellung im Garten des Museums Tucherschloss – vorangegangen waren in den vergangenen Jahren sieben Einzelausstellungen – auf unterschiedlichste Werke zeitgenössischer Kunst freuen. Skulpturen, Gemälde und Installationen nehmen bewusst formalen Bezug auf die Gartengestaltung und treten in Dialog mit dem historischen Schloss, das die vermögende Familie Tucher von 1533 bis 1544 als Sommersitz errichten ließ.

Was hätten die Erbauer wohl zur zeitgenössischen Kunst in ihrem Garten gesagt? „Sie hätten sicherlich riesengroße Augen gemacht“, sagt Ulrike Berninger. „Aber ich unterstelle, dass Lorenz II. Tucher, der sehr viel gereist ist und sich in Italien und
Frankreich inspirieren ließ, für Neuerungen sehr offen war.“

Dieser Text ist in der Museumszeitung erschienen, einer Kooperation zwischen dem Verlag Nürnberger Presse und den Museen.

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