Prävention, Polizei, Versicherung

Autodiebstahl: Was zu tun ist – und was schützt

Ulla Ellmer

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21.3.2024, 19:21 Uhr
Buchstäblich der Hammer: Ein Autoknacker am Werk.

© dpp auto reporter net Buchstäblich der Hammer: Ein Autoknacker am Werk.

Deutschlandweit sahen sich im Jahr 2022 rund 50.000 Fahrzeugbesitzer und -besitzerinnen einem bösen Schockerlebnis ausgesetzt: Dort, wo sie ihr Auto, Moped oder Motorrad zurückgelassen hatten, war nichts mehr von dem Gefährt zu sehen – weg, geklaut, in die Hände von Dieben geraten.

Die Kurzarbeit ist vorbei

Die Zahlen gehen aus einer Studie hervor, die der Versicherer Allianz Direct vorgelegt hat. Während die Autoknacker zur Corona-Zeit noch so etwas wie Kurzarbeit eingelegt haben, sind sie seit Abklingen der Pandemie offensichtlich wieder mit vollem Engagement am Werk. „2022 wurden im Vergleich zum Vorjahr 25 Prozent mehr Pkw gestohlen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Versicherer (GDV). Auch der Diebstahl von Autoteilen wie Bordcomputern, Lenkräder oder Airbags sei in der Nach-Corona-Zeit wieder gestiegen, konkret um 15 Prozent.

Hoher Schaden

Der wirtschaftliche Schaden war immens - fast 250 Millionen Euro hat er betragen, wie der GDV in seinem Kfz-Diebstahlsreport 2022 meldet. „Im Durchschnitt zahlten die Versicherer für jeden Diebstahl fast 20.300 Euro“, resümiert Asmussen, sechs Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.

Einerseits macht moderne Technik den Autoknackern das Handwerk schwerer als früher, Alarmanlagen und Wegfahrsperren bewähren sich als wirksame Präventivmaßnahmen. Andererseits aber ergeben sich auch ganz neue Möglichkeiten. Als „Einfallstor für Diebe“ bezeichnet Peter Schnitzler, Kfz-Experte der Ergo-Versicherung, beispielsweise die sogenannten Keyless-Go-Systeme, die auch vom ADAC immer wieder als Unsicherheitsfaktor kritisiert werden.

Risiko Keyless Go

Entsprechend ausgestattete Autos machen das Leben insofern leicht, als der Autoschlüssel nur noch bei sich getragen, aber nicht mehr wie ehedem benutzt werden muss. Der Pkw erkennt, wenn sich der Fahrer beziehungsweise die Fahrerin nähert oder entfernt, das Auto ent- und verriegelt sich dann von selbst. Der Startvorgang erfolgt einfach auf Knopfdruck.

Für Diebe ist die Technik eine sehr gewinnbringende. „Über eine Funkwellenverlängerung können sie das Signal des Schlüssels verstärken und sich dadurch Zugriff auf den Wagen verschaffen, obwohl sich der Schlüssel gar nicht mehr in der Nähe des Autos befindet“, beschreibt Peter Schnitzler die Vorgehensweise. Abgefangen werden die Signale beispielsweise, indem die Kriminellen auf Parkplätzen unauffällig an den Wagenbesitzern vorbeigehen – oder indem sie in Mehrfamilienhäusern von Stockwerk zu Stockwerk streifen und darauf hoffen, dass unmittelbar hinter den Wohnungstüren Autoschlüssel liegen, die brauchbare Funkwellen aussenden.

Falscher Verdacht

Für die betroffenen Fahrzeugbesitzer kann sich neben allem Ärger noch ein weiteres Problem ergeben: Taucht das Auto wieder auf oder wurden nur Gegenstände aus Cockpit oder Kofferraum entwendet, werden bei einem Keyless-Go-Delikt keine Einbruchsspuren zu sehen sein. Schnell gerät man da in den Verdacht des versuchten Versicherungsbetrugs.

Abgesehen vom Funksignal-Fang gelangen aber auch die weniger eleganten Brachialmethoden immer noch zum Einsatz: Scheiben werden eingeschlagen, Türschlösser geknackt oder Heckklappen aufgehebelt.

Was schützt das Auto vor Diebstahl?

Gegen Keyless-Go-Missbrauch hilft es, die Autoschlüssel in möglichst großer Entfernung von Wohnungs- und Terrassentüren sowie von Fenstern aufzubewahren. Wer ganz sicher gehen will, steckt die Schlüssel in eine Metalldose, umwickelt sie mit Alufolie oder sichert sie in einer speziellen Schutztasche mit RFID-Blocker, wie sie im Handel schon für etwa 10 bis 15 Euro zu haben ist. Bei manchen Autos lässt sich das Keyless-Go-System auch deaktivieren, hierüber gibt die Betriebsanleitung Auskunft.

Zudem sollte man Dieben erst gar keine Verlockungen bieten. Das bedeutet: Wertsachen, Taschen, Rucksäcke oder offenkundig hochwertige Kleidungsstücke nicht im Auto zurücklassen – und wenn doch, keinesfalls offen sichtbar, sondern vor Blicken geschützt im Kofferraum oder Handschuhfach. Eine Pflichtübung ist es, das Auto stets fest zu verschließen, Fenster, Schiebedach sowie Cabrioverdeck inklusive, und auf das beruhigende „Klack“ zu hören. Und auch die gute, alte Lenradkralle leistet gute Dienste – schon weil sie von außen zu erkennen ist und Dieben angesichts des erforderlichen Aufwands von vornherein die Lust vergehen könnte.

Und was, wenn das Auto doch gestohlen worden ist?

Zunächst gilt es, bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten und dabei möglichst detaillierte Informationen zum Fahrzeug beizubringen. Dazu gehören auch Informationen über Gegenstände, die mit dem Auto abhanden gekommen sind. Wurde der Pkw „nur“ aufgebrochen, hilft es, Fotos vom entstandenen Schaden anzufertigen und wiederum aufzulisten, welche Teile fehlen.

Sicherheitshalber sollte ein gestohlenes Auto umgehend bei der Zulassungsbehörde stillgelegt werden. Und schließlich ist schnellstmöglich die Versicherung in Kenntnis zu setzen. An Dokumenten beziehungsweise Gegenständen wird sie sämtliche Autoschlüssel, das polizeiliche Protokoll, die Zulassungsbescheinigung Teil 2 (Fahrzeugbrief) und die Abmelde- beziehungsweise Stilllegungsnachweis haben wollen.

Handelt es sich bei dem geklauten Fahrzeug um ein geleastes oder finanziertes, müssen auch der Leasinggeber beziehungsweise die geldgebende Bank informiert werden. Und wurden mit oder aus dem Auto Kredit-, EC-Karten oder ein Handy geklaut, sollte umgehend eine Sperrung veranlasst werden.

Welche Versicherung zahlt?

„Für gestohlene Fahrzeuge sowie entwendete fest verbaute Teile wie Radio oder Felgen ist die Teilkasko der richtige Ansprechpartner“, weiß Versicherungsexperte Schnitzler. Sie begleicht die am Auto entstandene Schäden und ersetzt, sofern der Pkw an sich Diebesgut geworden ist, den Wiederbeschaffungswert. Abhängig von den vertraglich geregelten Bedingungen kann es auch sein, dass sogar der Neuwert bezahlt wird.

Nicht fest verbaute Teile wie Sonnenbrillen oder Handys sind hingegen ein Fall für die Hausratversicherung. Allerdings nicht grundsätzlich. Oft muss ein entsprechende Zusatzvereinbarung getroffen worden sein. Hier hilft ein Blick in den Versicherungsvertrag.

Und wenn das Auto wieder auftaucht?

Dann kommt es auf den Zeitpunkt an. Wird das Fahrzeug innerhalb eines Monats wieder gefunden, muss es vom Besitzer zurückgenommen werden. Danach geht es in den Besitz der Versicherung über.

Allzu groß sind die Chancen allerdings nicht. Folgt man den Ergebnissen der Allianz-Direct-Studie, sind 2022 keine zehn Prozent der Diebstahlsfälle aufgeklärt worden.

Was gilt im Ausland?

Auch hier ist die Polizei die erste Anlaufstelle. Sie wird den Diebstahl protokollieren und Dokumente ausstellen, die dann auch für die Versicherung relevant sind. Auch der Assekuranz muss der Schaden so schnell wie möglich angezeigt werden. Sorge wegen des Versicherungsschutzes ist in den allermeisten Fällen unbegründet. „Er gilt innerhalb der geographischen Grenzen Europas sowie den außereuropäischen Gebieten, die zur EU gehören“, weiß Versicherungsexperte Peter Schnitzler.

SUVs bevorzugt

Eine besonders begehrte Beute sind SUVs der Oberklasse, heißt es beim Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV). Unter den Top Ten der Autoknacker befinden sich laut GDV unter anderem zwei Range-Rover-Modelle sowie Varianten des Lexus NX und des Toyota Land Cruisers. Das meistgestohlene Automodell des Jahres 2022 ist laut GDV die vierte Generation des Jeep Grand Cherokee gewesen.

Als bundesweite Hauptstadt der Autodiebe hat sich erneut Berlin „profiliert“, fast jeder vierte Fahrzeugklau, so der GDV, habe in der Spreemetropole stattgefunden. Deutlich unauffälliger sieht die Situation im Süden Deutschlands aus: „Im Vergleich zu Berlin wurden in Bayern und Baden-Württemberg zusammen gerade mal ein Drittel so viele Autos gestohlen“, zieht GDV-Chef Asmussen eine bundesweite Bilanz.

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