Kleinserie aufgelegt

Praga Bohema: Dieser 1,3-Millionen-Renner kommt aus Tschechien!

Ulla Ellmer

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29.11.2022, 13:00 Uhr
Macht sich rar: Vom Praga Bohema werden - in Handarbeit - nur 89 Exemplare für gutbetuchte Kunden aufgelegt.

© Hersteller Macht sich rar: Vom Praga Bohema werden - in Handarbeit - nur 89 Exemplare für gutbetuchte Kunden aufgelegt.

Autos aus Tschechien? Da kommt zunächst Skoda in den Sinn. Der Name „Praga“ hingegen sagt, wenn überhaupt, wahrscheinlich nur Rennsportbegeisterten etwas, denen dann der R1 einfällt, ein Bolide, der in Markenpokalen sowie Prototypen- und Langstrecken-Rennen um Siege fährt.

Tatsächlich kann sich Praga als Automobilhersteller aber auf eine lange, bis ins Jahr 1907 zurückreichende Geschichte berufen. Jetzt meldet das heute auch in England firmierende Unternehmen Ansprüche in der elitären Hypercar-Szene an: Für das kommende Jahr ist der Bohema angekündigt, ein flunderflacher Supersportwagen.

Wiegt keine 1000 Kilogramm

Mit vierstelligen PS-Werten kann der Bohema zwar nicht renommieren. Sein 3,8-l-Doppelturbo-V6 leistet „nur“ 700 PS, die bei 6800 Touren anliegen, das maximale Drehmoment beträgt 725 Newtonmeter. Bevor Petrolheads jetzt das große Gähnen kriegen: Pferdestärken sind nicht alles, auch auf das Leistungsgewicht kommt es an. Dank konsequenten Leichtbaus - 56 individuelle Komponenten bestehen aus Carbonfaser – ist der Mittelmotor-Sportler ein echtes Federgewicht, auf die Waage bringt er keine 1000 Kilogramm.

Prominenter Testfahrer: Ex-Formel-1-Pilot Romain Grosjean.

Prominenter Testfahrer: Ex-Formel-1-Pilot Romain Grosjean. © Hersteller

Das wiederum ermöglicht Fahrleistungen, die mit dem normalen Straßenverkehr eher nicht korrespondieren: Von 0 auf 100 km/h katapultiert sich der Bohema in weniger als 3,5 Sekunden, nach acht Sekunden ist die 200er-Marke geknackt, maximal sollen über 300 Sachen drin sein.

Noch einmal zum Motor: Zugeliefert wird er von Nissan, der japanische Hersteller setzt das Kraftwerk im Sportwagen GT-R ein, optimiert wurde es von Litchfield.

Testpilot mit Formel-1-Erfahrung

Ein automobiler Leistungssportler will gut ausgetestet sein, Praga hat deshalb auf die Dienste von Romain Grosjean zurückgegriffen, ehemaliger Formel-1-Fahrer und aktueller IndyCar-Pilot. Dass ihm nur Gutes über das neue Projekt seines Auftraggebers über die Lippen kommt, überrascht nicht, was den Bohema betrifft, ist Grosjean erwartungsgemäß "begeistert von der fantastischen Leistung auf der Rennstrecke", außerdem von der Straßentauglichkeit und davon, wie mühelos sich "das Fahrzeug zwischen beiden Welten" bewege.

Traditionsreicher Name: Der Urahn des Bohema stammt aus dem Jahr 1907.

Traditionsreicher Name: Der Urahn des Bohema stammt aus dem Jahr 1907. © Hersteller

Straße? Tatsächlich soll der zweisitzige Bohema auch eine Straßenzulassung bekommen und bietet dem Every-Day-Driver entsprechenden Komfort. Fahrersitz, Lenkrad und Pedale sind vollständig verstellbar, an Gepäckraum, so heißt es etwas vage, gebe es „viel“, eine Rückfahrkamera ist ebenso an Bord wie eine Klimaanlage.

Mit der Produktion soll es in der zweiten Hälfte 2023 losgehen, die Spezialisten von Kresta Racing werden jedes Bohema-Exemplar von Hand fertigen, nur zehn sind für nächstes Jahr geplant, denen in den kommenden vier Jahren etwa 20 weitere Fahrzeuge pro Jahr folgen. Mehr als 89 sollen es insgesamt nicht werden, erstens um „absolute Exklusivität“ zu wahren, zweitens zu Ehren des historischen Praga-Sieges beim Straßenrennen „1000 Meilen der Tschechoslowakei“, den im Jahr 1933 – vor 89 Jahren also – der Sportwagen Praga Alfa eingefahren hat.

Die Exklusivität des Bohema dürfte freilich schon angesichts des exorbitanten Kaufpreises gesichert sein, der – ohne Steuern – 1,28 Millionen Euro beträgt. Dafür soll die Fahrzeugübergabe dann auch direkt auf der Rennstrecke erfolgen, mit erfahrenen Testfahrern als Instruktoren.

Ursprünge in der k.u.k.-Zeit

Kleine Geschichtsstunde: Praga als Unternehmen hat seine Anfänge Ende des 19. Jahrhunderts genommen, damals lag der Schwerpunkt noch in der Schwerindustrie. 1907 wurde gemeinsam mit Franz III. Freiherr von Ringhoffer – ja, es war noch die k.u.k.-Zeit - die Prager Automobil-Fabrik (Pražská automobilní továrna) gegründet, im gleichen Jahr produzierte man das erste Auto. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste auf Geheiß der kommunistischen Regierung die Fertigung von Pkw und Motorrädern der von Lkw weichen. Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 wurde Praga wieder zu einem privat geführten Unternehmen und konnte ergänzend zu Lastern und großen Getrieben Motocross-Motorräder, Offrod-Trucks (die etwa bei der Rallye Paris-Dakar eingesetzt wurden) sowie Karts produzieren, der Unternehmensbereich Praga Avia betreibt Flugzeugbau. Seit 2012 ist Praga auch wieder im Rennsport aktiv.

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