e-Fuels, Wasserstoff, Elektro-Umbau

Verbrenner klimaneutral – geht das?

Ulla Ellmer

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19.2.2023, 13:02 Uhr
Ob synthetischer Kraftstoff dem Verbrenner eine Zukunftsperspektive bieten darf - darüber streitet man sich in der Ampelkoalition seit Monaten.

© Continental Ob synthetischer Kraftstoff dem Verbrenner eine Zukunftsperspektive bieten darf - darüber streitet man sich in der Ampelkoalition seit Monaten.

Ab 2035, so will es die EU, dürfen nur noch Neuwagen zugelassen werden, die CO2-emissionsfrei fahren. Letztlich läuft das auf Elektroantrieb hinaus. Doch was wird dann mit dem Verbrenner? Die Frage ist nicht trivial. Der weltweite Pkw-Bestand von derzeit rund 1,3 Milliarden Fahrzeugen wird weitestgehend von Benzinern und Dieseln dominiert, allein auf Deutschlands Straßen sind knapp 46 Millionen unterwegs.

Auch wenn sich diese Zahl nach Einschätzung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) bis 2030 auf etwa 30 Millionen dezimieren dürfte: Dem Schrottplatz werden diese Autos am Tag X nicht zugeführt werden. Schon gar nicht weltweit. Denn nicht überall ist die Kaufkraft so hoch wie im verhältnismäßig reichen Mittel- und Nordeuropa. Für sein Heimatland Italien rechnet Franceso Levi - Chefingenieur für Plug-in-Hybride im Stellantis-Konzern - damit, dass die Menschen ihre älteren Autos künftig noch länger fahren werden als schon bislang. Zudem scheint es mehr als fraglich, ob der Ausbau der Ladeinfrastruktur – gerade in Schwellenländern - absehbar so weit gelingt, dass sie die Elektromobilität trägt.

Gut fürs wäre es daher, wenn Möglichkeiten gefunden würden, die auch einen klimaneutralen Betrieb des Verbrenners erlauben. Tatsächlich gibt es bereits ein paar Ansätze:

Biosprit

Schon heute wird Kraftstoffen eine geringe Menge an Bioethanol beigemischt. Dabei handelt es sich um eine Art Alkohol; der für Treibstoff verwendete Begriff „Sprit“ rührt ursprünglich vom Wort „Spiritus“ her.

Mithilfe einiger Modifikationen wäre es denkbar, Verbrennungsmotoren nicht nur teilweise, sondern ganz mit Biosprit beziehungsweise Biodiesel zu betreiben. Gewonnen wird solcher Kraftstoff beispielsweise aus Ölpflanzen, Getreide oder Zuckerrüben. Hier liegt das Problem: Einerseits ist CO2-Neutralität gewährleistet, da bei der Verbrennung im Motor nur die Menge an CO2 freigesetzt wird, die zuvor während des Pflanzenwachstums gebunden worden ist. Andererseits aber halten es Kritiker für moralisch fragwürdig, Nahrungsmittel letztlich in den Tank zu kippen – ganz abgesehen davon, dass für den Anbau der Energiepflanzen Ackerflächen belegt werden, die im Flächenwettbewerb eben zur Nahrungsmittelproduktion, zum Artenschutz (Blühfelder) oder zur Energiegewinnung (Photovoltaik, Windräder) stehen. Deshalb hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke angekündigt, Nahrungs- und Futterpflanzen in Biokraftstoffen verbieten zu wollen.

e-Fuels

Für die Herstellung dieser synthetischen Kraftstoffe werden keine Energiepflanzen benötigt. Die Produktion erfolgt, indem Wasser per Elektrolyse in Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) aufgespalten wird. Den Wasserstoff reichert man anschließend mit Kohlendioxid (CO2) an, das aus der Umgebungsluft oder aus industriellen Fertigungsprozessen (Abfallprodukt) stammt.

Die Herstellung von e-Fuels ist energieaufwendig.

Die Herstellung von e-Fuels ist energieaufwendig. © Aral

Der Vorgang erfordert jedoch einen hohen Aufwand an Wasser und Energie. Ökologisch macht er nur Sinn, wenn der Strom aus regenerativen Quellen stammt. Doch Grünstrom ist zumindest derzeit noch knapp. Unter anderem führt das zu hohen Herstellungskosten, nach aktuellem Stand müsste der Verbraucher einen Literpreis von fünf bis sechs Euro bezahlen. Derzeit ist das freilich hypothetisch, denn frei verkäuflich sind e-Fuels noch nicht.

Wasserstoff

Mit Wasserstoff können nicht nur Brennstoffzellenautos fahren. Nach einer entsprechenden Anpassung des Antriebssystems wäre es auch möglich, Ottomotor-Fahrzeuge mit H2 statt mit Super zu betreiben, ähnlich wie es bei bivalenten Gasautos der Fall ist, die sowohl Auto-/Erdgas als auch Sprit vertragen.

BMW hat den Wasserstoffverbrennungsmotor bereits vor Jahren in einer Kleinserie des „Hydrogen 7“ verbaut. Aktuell testet Toyota die Technik im Prototyp Corolla Cross H2 Concept, zudem haben die Japaner den GR Yaris H2 auf erste Demonstrationsfahrten im Rahmen der Rallye-Weltmeisterschaft geschickt, konkret erfolgte der Einsatz bei der Rallye Ypern.

Bei der Wasserstoffherstellung stellt sich indes wiederum die bereits angesprochene Problematik des hohen Bedarfs an grüner Energie. Ökologisch sinnvoll (Stichwort Photovoltaik) wäre eine Produktion im „Sonnengürtel“ der Erde, von dort muss das H2 aber weitertransportiert werden, auch das ist aufwendig, noch fehlt die dazu erforderliche Infrastruktur, die beispielsweise aus Pipelines bestehen könnte. Und auch Wasserstoff-Tankstellen gibt es noch kaum. Deutschland – das noch vergleichsweise gut dasteht – hat aktuell gerade einmal rund 100 solcher Stationen.

Toyota Corolla Cross H2 Concept: Verbrennt Wasserstoff statt Sprit.

Toyota Corolla Cross H2 Concept: Verbrennt Wasserstoff statt Sprit. © Toyota

Elektro-Umbau

Verbrenner, Tank und Auspuff raus, Elektromotor und Batterie rein – dass das geht, machen verschiedene Spezialfirmen wie Fleck, Lorey oder eCap längst vor. Erst kürzlich hat Renault zusammen mit R-Fit ein Umbaukit vorgestellt, das die Klassiker R4, R5 und den Twingo erster Generation zu E-Autos macht, das "Project Mini Recharge" wiederum nimmt sich den Ur-Mini entsprechend vor. Doch eine solche Modifikation ist teuer, grob stehen Preise von 10.000 bis 20.000 Euro im Raum. Investieren werden das vorzugsweise Autobesitzer, die sich auch im elektrischen Zeitalter nicht von ihrem Oldie trennen wollen.

Project Mini Recharged in Oxford: Umbau des Ur-Minis zum Elektroauto.

Project Mini Recharged in Oxford: Umbau des Ur-Minis zum Elektroauto. © BMW

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