Konsens ist wichtiger als das Reiseziel

Nürnberger Expertin verrät den Trick, wie bei der Urlaubsbuchung wirklich alle glücklich werden

Matthias Niese

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13.4.2023, 08:00 Uhr
Blaubeerzungen beim Wandern: Nur wenn Große UND Kleine im Urlaub gemeinsam ihren Spaß haben, ist die Reise gelungen.

© Matthias Niese Blaubeerzungen beim Wandern: Nur wenn Große UND Kleine im Urlaub gemeinsam ihren Spaß haben, ist die Reise gelungen.

Vielen geht es ähnlich: Der Teenager mag im Urlaub mit Gleichaltrigen durch die Ferienanlage ziehen, die Kleinsten wollen im Wasser planschen, die Mutter ihre Ruhe und der Vater mit dem Mountainbike in die Berge und danach gut essen. Wie bekommt man das alles in einem Urlaub zusammen? Oft nur dank fauler Kompromisse. Doch das muss nicht sein, wie die 49-jährige Simone Pavel verrät.

Wandern in den Bergen - die Kinder sollten schon - wie hier - Lust drauf haben, sonst haben auch die Eltern keinen Spaß.

Wandern in den Bergen - die Kinder sollten schon - wie hier - Lust drauf haben, sonst haben auch die Eltern keinen Spaß. © Matthias Niese

Sie war lange Beraterin im Reisebüro und arbeitet seit 2016 bei Renatour, einem Nürnberger Reiseveranstalter, der nachhaltigen Urlaub in Europa anbietet. Sie sagt: "Ein toller Urlaub hat mit dem Reiseziel gar nicht so viel zu tun. Viel wichtiger ist, dass alle genau das erleben können, was sie sich wünschen."

Familien fangen am besten mit der "Bedarfsermittlung" an

Dabei ist die erste Orientierung im Reisebüro oder am PC gar nicht so einfach: Fotos von Stränden, Landschaften und Hotels wecken bei allen andere Sehnsüchte, die endlosen Angebote überfordern uns aber oft. Stellen Sie sich also folgende Fragen. "Was möchte ich erleben, was wollen die Kinder, was will mein Partner?" Reisespezialisten nennen dieses Vorgehen "Bedarfsermittlung". Die schaffen Sie in einem ersten Schritt auch ohne Beratung im Reisebüro.

Simone Pavel: "Wenn die Kinder auf ihre Kosten kommen, sind Eltern glücklich." Im ersten Schritt geht es deshalb darum, den Wünschen der Kleinen auf die Spur kommen. Dabei spielt das Alter eine große Rolle.

  • Teenager gehen im Urlaub gerne eigene Wege – mit den Eltern und einer sicheren Umgebung im Rücken. Fragen Sie Ihren Sohn oder Ihre Tochter, was sie erleben möchten. Wünschen sie sich Spaß und Action mit anderen Jugendlichen oder wollen sie den Tag am liebsten am Strand verträumen?
  • Auch für kleine Kinder ist der Kontakt mit Gleichaltrigen oft die halbe Miete. Ist Ihr Kind schüchtern oder blüht es in der Gruppe auf? Soll das Hotel für Familien ausgerichtet sein und zwanglose Begegnungen ermöglichen? Oder wünschen Sie sich ein Kinderprogramm, bei dem Ihre Fünfjährige spannende Erfahrungen machen kann?
  • Bei Erwachsenen lautet die zentrale Frage: Sehnen wir uns nach Entspannung? Wollen wir uns sportlich austoben oder Land und Leute kennenlernen? Haben wir dieselben Bedürfnisse oder unterscheiden sie sich? So finden Alleinreisende mit oder ohne Kind das richtige Reiseziel.
Hier finden alle, was sie glücklich macht: In der Kinderbetreuung des Hotels gibt es sogar einen Autoscooter, stundenlang verbringen die Kleinen hier mit Freude. Die Eltern sind derweil in der Sauna oder fahren ein paar Stunden Ski. Perfekt für alle!

Hier finden alle, was sie glücklich macht: In der Kinderbetreuung des Hotels gibt es sogar einen Autoscooter, stundenlang verbringen die Kleinen hier mit Freude. Die Eltern sind derweil in der Sauna oder fahren ein paar Stunden Ski. Perfekt für alle! © Matthias Niese, NN

    Diese Fragen sollten sich Alleinreisende mit oder ohne Kind stellen

    Wer allein in den Urlaub fährt, möchte nicht unbedingt alleine bleiben. Das gilt noch mehr, wenn ein Kind dabei ist. "Alleinreisende wünschen sich oft Sicherheit", sagt Simone Pavel. "An einem anderen Ort sein, neue Erfahrungen machen, aber dennoch immer wissen: Meine Umgebung schützt mich." Ob alleine oder mit Kind: Wer sich folgende Fragen stellt, findet schnell das richtige Reiseziel.

    • Was macht mein Kind im Urlaub glücklich? Wie stärken wir unsere Beziehung? Darum geht es für Singles mit Kind. Ideale Reiseziele für sie sind Unterkünfte, die Programme für Kinder oder Jugendliche anbieten. Und hier finden Eltern Gleichgesinnte, mit denen sie etwas unternehmen, während die Kleinen ihr Ding machen. "Oft entstehen daraus langjährige Freundschaften", so die Expertin.
    • Für Alleinreisende ohne Kind ist die Frage "Wie viel Anschluss brauche?" ich ebenfalls wichtig. Kleine Unterkünfte abseits des Massentourismus sind für sie die richtige Wahl. Hier trifft man eher auf Individualisten, die offen für Kontakt sind, als in anonymen großen Hotels. Fragen Sie sich zudem: Action oder Entspannung? Was brauche ich? Haben Sie die Antwort gefunden, fällt die Wahl des Ziels schon viel leichter.

    Urlaub ist eher Bauch- als Kopfsache

    Beim Reisen sollte oft der Kopf eine geringere Rolle spielen als der Bauch. "Zahlen, Daten, Fakten entscheiden nur zu zehn Prozent über das Urlaubsziel", sagt Simone Pavel. "Zu 90 Prozent ist Urlaub Bauchsache." Dennoch ist der Kopf wichtig: Wie viel geben wir für unseren Urlaub aus? Wie lange darf die Anfahrt sein? PKW oder Flugzeug? All-Inclusive-Urlaub oder individuelles Reiseziel abseits ausgetretener Pfade? Soll die Unterkunft Energie bewusst nutzen und auf regionale Produkte setzen?

    Gemeinsam viel Zeit verbringen: Hier beim Hausboot-Urlaub in Frankreich.

    Gemeinsam viel Zeit verbringen: Hier beim Hausboot-Urlaub in Frankreich. © Matthias Niese

    "Im besten Fall macht Urlaub nachhaltig glücklich", sagt die Reiseberaterin, das ist ein Trend. Damit das mit wenig Aufwand klappt, sollte man dem Bauchgefühl nicht in der letzten Minute nachspüren. "Bereits jetzt sind viele Ziele für den Sommer ausgebucht", weiß sie. "Je näher der Wunschtermin rückt, desto wahrscheinlicher muss man Kompromisse machen." Andererseits: Wer deshalb statt am Strand in den Bergen landet, hat gerade deshalb die Chance, dort überraschend den Urlaub seines Lebens zu verbringen. Das Ziel ist nämlich oft zweitrangig, wenn die Erlebnisse stimmen.

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