Kinder-Skikurs umsonst

Sanft in Schwung: Winterurlaub in der Silberregion Karwendel

Christian Mückl

Kultur / Leben

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5.1.2024, 07:55 Uhr
Blick von der Nonsalm ins winterliche Inntal.

© Christian Mückl Blick von der Nonsalm ins winterliche Inntal.

Verglichen mit den Massenskigebieten der Alpen ist die Silberregion Karwendel ein putziger Zwergenstaat. Keine großen Narben im Bergwald. Keine Chance, sich im Pistengewirr zu verirren. Es gibt gerade mal 14 bescheiden schöne Abfahrtskilometer. Als größte Hanglage unter den Kleinen liegt die Anlage am Kellerjoch in die buckelige Höhenlandschaft der Tuxer Alpen getupft.

Knirpse und Einsteiger willkommen

Kein Wunder also, dass sie in diesem stressfreiem Panorama vor allem auf Familien, Einsteiger und nicht zuletzt Knirpse auf Skiern setzen. So sehr, dass der Kinderskikurs samt Liftkarte ab sechs Übernachtungen kostenlos ist.
Statt der auch preislich härteren Landung etwa im benachbarten Zillertal soll man so sanfter in Schwung kommen in der Silberregion Karwendel - wie sie die wannenförmige Hanglandschaft getauft haben, durch dessen Mitte wie eine nie ruhende Schlagader der Inn zwischen Kufstein und Innsbruck die Gegend durchflutet.

Schmuckstück: Denkmalgeschütztes Herrenhaus, das Hotel Plankenhof in Pill.

Schmuckstück: Denkmalgeschütztes Herrenhaus, das Hotel Plankenhof in Pill. © Christian Mückl

Wenn man in Schwaz oder in Pill ein paar Serpentinen rauf durch den Bergwald etwa hoch nach Weerberg fährt, sind die wenigen Höhenmeter oft maßgeblich, was das Durchbrechen der Schneefallgrenze betrifft. Gerader Weerberg ist - frei von Skiliften und anderen groben Eingriffen in die Landschaft - bei Besuchern beliebt, denen der Wintersport in Einklang mit der Natur wichtig ist. Zwischen zwei und elf Kilometern lang sind 14 möglichen Schneeschuhtouren, die am Weerberg leicht unterhalb und oberhalb der Baumgrenze auf 2000 Höhenmetern verlaufen.

Nach Wien die Zweite

Der Name Silberregion Karwendel rührt an eine Zeit, in der sich das harte alpine Leben hier weniger auf, sondern buchstäblich in den Bergen abgespielt hat. Schwaz, das lokale Zentrum mit heute rund 12 000 Einwohnern, einer Burg und einer historisch gut erhaltenen Altstadt, verfügte über das größte Silberbergwerk des Spätmittelalters.

Angeblich rund 10.000 Knappen gruben hier bis zu 800 Meter tief , um in dieser gewaltigen „Mutter aller Bergwerke“ Silber zu ernten. Rund 85 Prozent des damals in Europa geschürften Silbers kamen von hier, was die stollenreiche Industriestadt zwischen Kufstein und Innsbruck zu einem Art Ruhrpott der Alpen werden ließ. Kaum zu glauben, aber weil es hier Arbeitsplätze gab, wuchs Schwaz im Mittelalter auf die zweitgrößte Stadt des Habsburger Reichs nach Wien heran.

Was damals der Bergbau war, ist heute die Hoffnung, mit verträglichem Tourismus ohne Superlative Land zu gewinnen. Die Konkurrenz ist groß, die Achenseeregion zum Beispiel liegt auch gegenüber. Und viele potentielle Gäste rauschen auf der Inntalautobahn einfach an diesem genügsameren Mauerblümchen Tirols vorbei. Gleichzeitig ist der Transitcharakter des Inntals eine Chance.

Wohnen im alten Herrenhaus

Georg Kühn-Belasi, der in Pill als Juniorchef das denkmalgeschützte Herrenhaus Plankenhof als Hotel betreibt, begrüßt eine bunt gemischte Kundschaft: „Der ADAC schickt Leute her, die auf der Autobahn eine Panne haben. Und die Holländer und Dänen pausieren Richtung Italien auf halber Strecke.“

Erbaut wurde sein Plankenhof im Jahr 1460. Zur Blütezeit des Silberbergbaus wurden in dem gotischen Gemäuer hunderte Pferde zum Austausch für Kutschen und Fuhrwerke untergestellt. Da Tiere damals wertvoller waren als Menschen, kamen sie im schönsten Teil des Gebäudes unter. Eine prächtige Gaul-Garage muss das gewesen sein. Inzwischen sind hier freilich auch Zweibeiner gut aufgehoben.

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