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3. Januar 1972: Club hatte Mut zum Angriff

3.1.2022, 07:00 Uhr
3. Januar 1972: Club hatte Mut zum Angriff

© Friedl Ulrich

Schnelligkeit und Kampfkraft, die hervorstechendsten Attribute der „Kleeblätter“, reichten auf die Dauer nicht aus, dem wenigstens zeitweilig verwirrenden Kombinationsspiel des Club Paroli zu bieten. Einmal mehr erwies sich, daß ungeachtet aller taktischen Konzeption jene Mannschaft erfolgreich ist, in deren Reihen sich die besseren Einzelspieler befinden. Hier hatte der 1. FCN eindeutig das Übergewicht. Besonders imponierend waren bei Nürnberg der Mut und das miteinkalkulierte Risiko zum bedingungslosen Angriffsfußball. Daß diese Maschinerie längst noch nicht so reibungslos läuft, wie sich dies der unerschütterliche Optimist Zlatko „Tschik“ Cajkovski vorstellt, darf nicht verwundern.

Doch der Weg dazu scheint vorgezeichnet. Entschieden wurde die Partie im Mittelfeld. Hier regierte der immer mehr zum Angelpunkt des Nürnberger Spieles werdende Geinzer. Zusammen mit dem allmählich seine spielerische Brillanz zurückgewinnenden Starek und dem erstaunlich beweglichen und schußstarken Kröner bestimmte er die Aktionen des Club. So sehr sich der immens fleißige Kroninger und der Übersicht verratende Bergmann auch mühten, es gelang ihnen nur sporadisch, die Nürnberger Spielgestalter wirkungsvoll zu stören.

Utz, dritter Fürther in der Halbreihe, heimliche Trumpfkarte des „Kleeblatt“-Trainers Werner Bickelhaupt, hatte von Beginn an mit schlechtsitzenden Haftschalen zu kämpfen. Und Tauchmann, der nach 30 Minuten für ihn aufs Feld kam, fand nach langer Zwangspause in keiner Phase des Spiels den Rhythmus. Eine bittere Feststellung: einst als großes Talent apostrophiert, blieb nur noch matter Abglanz übrig. Ihren Mittelfeldmotor Zimmert vermißten die Fürther wohl noch nie so sehr wie in diesem Spiel. Die Fürther Abwehr, die bislang in der Regionalliga Süd die wenigsten Tore hinnehmen mußte, stand in dieser Saison noch nie vor solch schwerer Aufgabe.

Wann mußte der großartige Peter Löwer auf eigenem Platz in einem Spiel viermal den Ball aus dem Netz holen? Als der quirlige Bittlmayer nach 30 Minuten mit einem Starek-Steilpaß davonzog und unter die Latte knallte, hatte er ebensowenig eine Chance wie beim zweiten Club-Treffer (66. Minute), als Mrosko aus kürzester Entfernung ins Schwarze traf, wobei Marchl ein Kardinalfehler unterlaufen war. Elfmetertöten ist Glückssache. Als Kröner in der 68. Minute anlief, lag Löwer in der linken Ecke; der gerissene Ex-Herthaner suchte sich jedoch die andere aus. Schließlich stand Löwer auch gegen Kröners Gewaltschuß in der 77. Minute auf verlorenem Posten.

Wenn Bickelhaupt den spielerisch keineswegs enttäuschenden Pieper zur Pause herausnahm, so wohl deshalb, weil er Schülke widerstandslos stürmen ließ. Zum Glück für Fürth standen mit Stolle und Marchl – er verwandelte einen von Schülke verwirkten Strafstoß in der 39. Minute zum 1:1 – die besten Fürther im Abwehrzentrum. Sie verhinderten im Verein mit Löwer noch Schlimmeres. Ein Mann, den man bereits in der Versenkung verschwunden glaubte, brachte sich im zweiten Abschnitt nachdrücklich in Erinnerung: der Club-Torhüter Theo Diegelmann. Er stellte mit einer tadellosen Leistung seinen über zehn Jahre jüngeren Konkurrenten Paul Hesselbach eindeutig in den Schatten.

Der junge Club-Keeper hatte bis zur Pause durch fehlerhaftes Stellungsspiel und schwache Faustparaden die eigene Abwehr verunsichert. Die insgesamt fair verlaufene Begegnung der alten Rivalen stellte Schiedsrichter Klausner (München) vor keinerlei Probleme. Im Nürnberger Lager wird man gut daran tun, den klaren Sieg nicht überzubewerten.

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