Zusteller gesucht: NN-Chefredakteur im Einsatz

Ein spannender Job mitten in der Nacht

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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16.8.2022, 06:00 Uhr
Mit dem Zustellerwagen durch Nürnbergs Nacht - die Tour im Bezirk 483 führte durch einige Straßen von Zerzabelshof.

© Michael Husarek, NNZ Mit dem Zustellerwagen durch Nürnbergs Nacht - die Tour im Bezirk 483 führte durch einige Straßen von Zerzabelshof.

Respekt. Dieses Wort bringt es auf den Punkt, wenn ich meinen Selbstversuch als Zusteller Revue passieren lasse. Respekt vor der Nachtarbeit, vor der Genauigkeit und vor dem Einsatz bei Wind und Wetter.

In meinem Fall war es eine laue Sommernacht, die mir einen Einblick in die Geheimnisse des Zustellens ermöglicht hat.
Alles begann mit einem beeindruckenden Vortrag unseres Logistikchefs Stefan Kulla, der die Nordbayerische Zeitungs- und Zeitschriften- Zustellgesellschaft mbH (NZZ) leitet. Die 2200 Mitarbeitenden der NZZ im Verbreitungsgebiet Nordbayern + Neumarkt sorgen dafür, dass die Zeitungen am frühen Morgen zu den Kunden gelangen. Kulla referierte, wie angespannt derzeit die Personalsituation sei, etliche Touren könnten nur mit großer Mühe besetzt werden.

Freundliche Einweisung: Vertriebsinspektorin Birgit Zens erklärte am Vortag der Zustellerpremiere alles Wissenswerte über den Streifzug durch die Nacht.

Freundliche Einweisung: Vertriebsinspektorin Birgit Zens erklärte am Vortag der Zustellerpremiere alles Wissenswerte über den Streifzug durch die Nacht. © Michael Husarek, NNZ

Wenn „Not am Mann“ herrsche, stehe ich bereit, so meine spontane Aussage nach dieser Schilderung. Es sollten keine drei Tage vergehen, ehe ich im Einsatz war: Zustellbezirk 483, Treffpunkt: Samstag, 2.30 Uhr, Ort: Fallrohrstraße vor dem Obstgeschäft. Aha. Ein Bezirk in Zerzabelshof.

Mir war durchaus mulmig zumute, denn abgesehen von einer sehr netten und kompetenten Einweisung durch die Vertriebsinspektorin, Birgit Zens, am Vortag der Tour, war ich auf mich alleine gestellt.

Nette Kollegin: Um 2.30 Uhr wurden die Zeitungen für etliche Bezirke am Ablageort in der Fallrohrstraße pünklich geliefert. Karin Färber fand beruhigende Worte für den Neuling. Sie übt den Job seit zwei Jahrzehnten mit Begeisterung aus.

Nette Kollegin: Um 2.30 Uhr wurden die Zeitungen für etliche Bezirke am Ablageort in der Fallrohrstraße pünklich geliefert. Karin Färber fand beruhigende Worte für den Neuling. Sie übt den Job seit zwei Jahrzehnten mit Begeisterung aus. © Michael Husarek, NNZ

Meine erste Sorge, dass ich meine Pakete nicht zuordnen könne, wurde mir an der Ablagestelle genommen: Alles war vorsortiert, eine Kollegin, die gleich vier (!) Bezirke übernommen hat, nahm mir zudem die Angst, ich könne nicht rechtzeitig bis Zustellschluss (bis dahin müssen die Zeitungen im Briefkasten des Kunden stecken) fertig werden: „Ich mach das schon seit 20 Jahren, es gibt keine schönere Arbeit“, ermutigte mich Karin Färber.

Also Stirnlampe auf - und ab in die Nacht: Los ging es mit den ersten NN- und NZ-Exemplaren. Und tatsächlich: nach einer nervösen ersten halben Stunde hatte ich mich eingewöhnt, der Vollmond half bei der Orientierung und ein munteres Hausnummernsuchen begleitete mich fortan. Dass ich als Student in Nürnberg Taxifahrer war, sollte sich nicht als der erhoffte Vorteil erweisen - ich kannte, abgesehen von der Passauer Straße, keine Straße. Alles Neuland. Sowohl die Keyper-, die Metthing- als auch die Toplerstraße waren mir noch nicht bekannt.

Mein größter „Feind“ waren im Übrigen nicht übereifrige Wachhunde (so meine Befürchtung im Vorfeld), sondern nicht vorhandene oder auf den ersten Blick erkennbare Hausnummern. Und die zweite Hürde waren das halbe Dutzend Ablagemöglichkeiten: in der Zeitungsbox, im Briefkasten, vor der Haustüre auf dem Boden, im Türgriff steckend usw..

Geschafft: Das letzte Exemplar wartet auf die Zustellung. Nach zwei Stunden Fußmarsch gilt es noch eine NN einzustecken. 

Geschafft: Das letzte Exemplar wartet auf die Zustellung. Nach zwei Stunden Fußmarsch gilt es noch eine NN einzustecken.  © Michael Husarek,, NNZ

All dies war akribisch auf meiner „Laufliste“
notiert, die neben meinem Wagen, in dem die rund 100 Exemplare dieser Tour verstaut waren, zum wichtigsten Utensil meiner Nachtschicht avancierte. Zwei Stunden vergingen wir im Fluge, die drei Kilometer durch Zerzabelshof waren wohltuend und abgesehen von einigen Nachtschwärmern, zwei Katzen und zwei Hasen, traf ich auf niemand.

Die Prognose der Experten („Beim ersten Mal brauchst Du doppelt so lange.“) sollte sich ebenfalls bewahrheiten: Denn ein geübter Zusteller hätte wohl in einer Stunde diesen „einfachen“ Bezirk abgearbeitet:

Wichtige Utensilien für den Zusteller: Die Warnweste, das Werkzeug zum Öffnen der Zeitungspakete und die Stirnlampe.

Wichtige Utensilien für den Zusteller: Die Warnweste, das Werkzeug zum Öffnen der Zeitungspakete und die Stirnlampe. © Michael Husarek, NNZ

Am Ende bleibt das Bewusstsein, dass das Zustellerhandwerk leicht erlernbar ist, absolute Genauigkeit allerdings eine der unabdingbaren Voraussetzungen für den Job ist. Und natürlich die Freude an Nachtarbeit - bei Wind und Wetter.

Bislang stand ich als Redakteur immer am Anfang der Wertschöpfungskette in einem Verlagshaus. Inhalte sind mein Thema, Strategien für die Zukunft ebenso. Der Ausflug ans Ende der Lieferkette war umso interessanter, denn ich wusste schlicht zu wenig über den Arbeitsalltag dieser unverzichtbaren Mitstreiter.

Mein Respekt gebührt den über 2000 Profis, die Nacht für Nacht diesen Job für unser Medienhaus erledigen. Und meine Hoffnung lautet, dass neue Interessenten sich finden. Einer der unschätzbaren Vorteile des Zustellens ist nämlich die Ruhe bei der Arbeit.

Kein lästiges Telefon, kein fordernder Chef, keine störenden Nebengeräusche. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um bei der NZZ anzuheuern.

Weitere Infos zu den Beschäftigungsverhältnissen (Minijob bis Teilzeit 30h) gibt es unter:
E-Mail: nzz-jobs@pressenetz.de
Telefon: +49 911 216-1627

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