Ärger über rücksichtslose Fahrer

Immer mehr Falschparker in Nürnberg: Das sind die Ursachen

2.9.2021, 05:58 Uhr
Autos auf dem Radweg oder auf dem Gehsteig: Falschparker sind in Nürnberg ein großes Problem.

© Alexander Heinl, NN Autos auf dem Radweg oder auf dem Gehsteig: Falschparker sind in Nürnberg ein großes Problem.

Unter dem Titel "Parken auf herbe Art und Weise" hat ein Leser der Redaktion wenig schöne Fotos geschickt: Fahrzeuge versperren auf den Aufnahmen Geh- und Radwege oder eine Kreuzung. Ein weiterer Leser hat ähnliche Aufnahmen aus Mögeldorf gesendet.

"Das ist in Nürnberg ein großes Problem", erklärt Markus Hübner, seit sieben Jahren Chef des Zweckverbands Kommunale Verkehrsüberwachung. Im Jahr 2010 haben die Städte Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach den Verband gegründet, um den - wie es im Amtsdeutsch so schön heißt - fließenden sowie ruhenden Verkehr zu überwachen.


Stadtrat beschließt das Aus für kostenloses Parken in der Innenstadt


Die Falschparker hat aber nicht nur der Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung, sondern auch die Polizei im Blick. "Das ist historisch zu erklären", sagt Markus Hübner. In den 90er Jahren sei eine neue Verordnung des Freistaats in Kraft getreten, dass Kommunen die Verkehrsüberwachung selbst in die Hand nehmen können, wenn sie es denn wollen.

Die Stadt Nürnberg hat sich dafür entschieden: "Das hat in der Innenstadt angefangen und sich auf weitere Gebiete ausgedehnt." Heute gilt grob: Der Zweckverband übernimmt mit einigen Ausnahmen den Bereich des Rings der Bundesstraße 4 R, für die anderen Bereiche ist die Polizei zuständig.

"Nürnberg ist ein enges Pflaster"

Doch warum gibt es in Nürnberg so viele Parksünder? "Je größer eine Stadt ist, desto schwieriger ist es, einen Parkplatz zu finden. Und Nürnberg ist eben ein enges Pflaster", antwortet Markus Hübner. Dazu komme, dass die Konsequenzen für ertappte Falschparker bislang eben nicht besonders bitter sind. "Der Bußgeldkatalog ist veraltet: Die Verwarngelder schrecken die Menschen nicht ab." Viele würden Strafzettel mit einkalkulieren, frei nach dem Motto: "Die zehn Euro zahle ich!" Doch es zeichnet sich laut Hübner ein Silberstreif am Horizont ab: "Für Herbst ist eine Novelle des Bußgeldkatalogs angekündigt." So können beispielsweise Verstöße beim Falschparken mit künftig 55 statt bisher 15 Euro zu Buche schlagen.

Und auch die Stadt Nürnberg versucht seit längerem, die Menschen für das Thema zu sensibilisieren - etwa mit der Kampagne "Falschparken kostet Leben" vor einigen Jahren. Doch es ist wie Sisyphus und dem Stein: Diese Aufgabe endet nie. So sagt Hübner: "Das könnten wir monatlich wiederholen."

An die 120 Menschen arbeiten beim Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung, zwei Drittel davon sind im Außendienst. 40 Mitarbeiter haben in Nürnberg die Falschparker im Blick: Arbeit haben sie mehr als genug. Um den Druck auf die Parksünder zu erhöhen, wurden zum 1. September auf Veranlassung der Stadt Nürnberg zehn neue Kräfte für den Außendienst abgestellt.

Ein Job, den man mögen muss. "Die Kollegen sind bei Wind und Wetter draußen", berichtet Hübner. Zudem zeigt sich so mancher ertappter Verkehrssünder nicht einsichtig - ganz im Gegenteil. Diskussionen, ja auch Beschimpfungen gehören zum Geschäft. Selten gibt es sogar körperliche Angriffe. Und oft müssen die Außendienst-Mitarbeiter auch damit leben, dass äußere Umstände für blanke Nerven sorgen. Wie etwa im Corona-Lockdown. So sei geschimpft worden: "Habt ihr nichts besseres zu tun als uns mit Knöllchen zu quälen?"

Frech geparkt

Das will man natürlich nicht, wie Markus Hübner betont: "Das größte Problem ist, dass man andere, vor allem schwächere Verkehrsteilnehmer behindert." Wenn ein Autofahrer frech an einer Kreuzung parkt, dann ist das für andere Fahrer ärgerlich, weil sie mangels Sicht nur langsam in die Kreuzung hinein fahren können. Bitter ist es für die Mutter mit Kinderwagen oder für den Rentner mit Rollator, denen das falsch geparkte Auto vielleicht die Gehwegabsenkung blockiert. Und richtig gefährlich kann es werden, wenn Feuerwehr und Rettung nicht mehr durch kommen. "Ein und derselbe Falschparker kann also unterschiedlich wahrgenommen werden."

"Macht das Auto weg!"

Für Ärger sorgt auch die Tatsache, dass der Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung hier nicht ganz so viele Rechte hat wie die Polizei. "Die Polizei kann einen Platzverweis erteilen oder Abschleppmaßnahmen veranlassen. Das können wir nicht." So mancher Anwohner weiß das nicht - und ist genervt. Auf die Aufforderung "Macht das Auto weg!" könne man nur antworten: "Das dürfen wir nicht." Hübner sagt: "Wir können allenfalls die Polizei rufen. Doch ob die Zeit hat und schnell kommt, ist die Frage."


Dominieren die Interessen autofahrender Männer?


Das bestätigt Michael Konrad, Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken: "Wir haben eine Priorisierung. Einsätze, bei denen es um Leben und Tod geht, sind natürlich wichtiger." Doch grundsätzlich habe man auch die Falschparker im Visier: "Jede Streife hat Strafzettel und ahndet offenkundige Verstöße."

Für Nürnberg erklärt der Pressesprecher: "Der Parkdruck steigt. Überall da, wo viele Menschen auf engem Raum wohnen, sind Parkplätze Mangelware - wie etwa im Zentrum oder in der Südstadt." Verschärft wird das Problem, weil so manche Familien mit erwachsenen Kindern mehrere Autos haben: "Es gibt Haushalte, die haben, zwei, drei oder vier Autos."
Der "Wandel der Mobilität" spiele hier auch eine Rolle. Michael Konrad erwähnt die Förderung des Radverkehrs oder neue Fortbewegungsmittel wie E-Scooter: "Das alles führt zu Verdichtungen. Der klassische Fahrzeugverkehr wird verdrängt."

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