Bikini-Szenen und große Ausschnitte
Sexistische Darstellung am Volksfest? So ist die Lage in Nürnberg
6.5.2022, 15:13 UhrSexistisch und frauenverachtend seien manche Darstellungen auf den Schausteller-Buden am Stuttgarter Volksfest. So lautete ein Vorwurf einer Stadträtin der dortigen Grünen. Im Austausch mit dem Stuttgarter Schaustellerverband einigte man sich auf einen Kompromiss, die freizügig dargestellten Frauen auf den Buden werden künftig "angezogen".
Der Vorsitzende des Süddeutschen Schaustellerverbands, Lorenz Kalb, findet diese Diskussion "lächerlich". Doch auch auf dem Nürnberger Volksfest finden sich vereinzelt auf Buden Abbildungen, die als diskriminierend eingestuft werden können. Ein von den Schultern bis zu den Oberschenkeln dargestellter Frauenkörper im Bikini, halbnackte Frauen an einem Strand, Frauen im Dirndl, dessen Bluse die Brüste nur im Ansatz bedeckt.
"Das ist Malerei und Kunst, da ist der jeweilige Zeitgeist drin", findet Kalb. Er vermutet hinter der Frage, ob das noch dem aktuellen Zeitgeist entspreche, Intrigen gegen die Schausteller. Diese durften seit zwei Jahren wegen Corona nicht arbeiten, merkt er an und fragt, ob es keine anderen Probleme gebe. "Das kann man den Schaustellern jetzt nicht antun." Er wisse nicht, wie er mit dem Thema umgehen solle und habe keinerlei Verständnis.
"Die Zeiten haben sich gewandelt"
Hedwig Schouten, Leiterin der Gleichstellungsstelle der Stadt Nürnberg und Frauenbeauftragte, findet es hingegen wichtig, dass auch über dieses Thema diskutiert wird. "Wenn Frauen als Objekt dargestellt und nur auf den Körper reduziert werden, dann ist das sexistisch." Früher, als diese Buden und Darstellungen entstanden sind, seien solche Abbildungen als normal und gegeben angenommen worden. "Aber die Zeiten haben sich gewandelt und wir können erwarten, dass Frauen jetzt anders abgebildet werden", findet sie. Heutzutage würden sie sich mit einer solchen Darstellung auch nicht identifizieren und wohlfühlen und gerade das sollte auf einem Volksfest aber in jedem Fall möglich sein.
Wichtig sei es auch, sich die Frage zu stellen, welches Bild mit solchen Zeichnungen vor allem für junge Mädchen nach außen getragen werde. "Beim Feiern und Spaß haben sollte man das nicht ausblenden müssen, nur weil das historisch so gewachsen ist." Aus ihrer Sicht spricht grundsätzlich nichts gegen das Zeigen nackter Haut. Wenn eine Frau in Unterwäsche für BHs Werbung mache, dann sei das "völlig legitim, aber wenn sie in der Bekleidung Werbung für Autos macht, dann ist das sexistisch".
Die Darstellung anderer Kulturen und Menschen anderer Nationalitäten stand in Stuttgart ebenfalls in der Kritik. Auch in Nürnberg stößt man beim Schlendern über das Frühlingsfest auf die riesige Figur einer dicken, schwarzen Frau, die über den Besucherinnen in der Luft hängt und bedrohlich ein Nudelholz schwingt. Ihre Unterwäsche ist zu sehen. Die Darstellung von Indianern oder dicken Chinesen ziert andere Buden. "Das bedient Rollenstereotypen und rassistische Denkweisen", findet Schouten. Es sei an der Zeit, das zu überdenken.
Änderungen beim nächsten Umbau
"Am liebsten wäre es mir, es würde baldmöglichst geändert werden.", sagt sie. Aber man müsse auch realistisch sein. Sie habe großes Verständnis, dass die Schausteller in den vergangenen Jahren sehr gelitten haben und für Umbauten oder Änderungen momentan kein Geld da sei. Aber bei der nächsten Umgestaltung oder Neuanschaffung, sollte darauf geachtet werden, mit den Abbildungen "keine Menschen zu verletzten". Sie findet es wichtig, dass es ins Bewusstsein rückt, dass es in unserer Gesellschaft Sexismus gibt.
Es müsse die Frage gestellt werden, ob das so gewollt sei oder ob es da keine andere Möglichkeit gebe. Aber wenn sexistische Abbildungen von den Volksfestbesuchern auch kritisch gesehen würden und sich über die Jahre etwas daran ändere, "dann haben wir schon was erreicht", sagt Schouten,
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