Gesetz noch in diesem Jahr?

Sterbehilfe: Der Bundestag hat versagt - und doch gibt es ein wenig Hoffnung

Harald Baumer

Korrespondent Berlin

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25.4.2024, 14:07 Uhr
Ein Altenpfleger hält in einem Pflegeheim die Hand einer Frau.

© Sebastian Kahnert/dpa Ein Altenpfleger hält in einem Pflegeheim die Hand einer Frau.

Wenn wir einen Kommentar wie diesen veröffentlichen, dann dauert es in der Regel nicht lange, bis wir Briefe, Anrufe und Mails erhalten, die sehr zu Herzen gehen und die man als Journalist lange nicht vergessen kann. Mal melden sich Menschen, die sterbenskrank sind, mal deren Angehörige.

Der Tenor dieser verzweifelten Meldungen ist stets der gleiche: Warum lässt uns die Politik im Stich? Warum schafft sie es auch nach vielen Jahren nicht, ein Gesetz zur assistierten Sterbehilfe zu beschließen? Warum verstärkt man unsere Angst, unser Leben dereinst unter kaum erträglichen Umständen beenden zu müssen, anstatt uns Sicherheit zu geben?

Eine Antwort darauf fällt schwer, denn es ist wirklich kaum zu begreifen. Der Bundestag hat versagt. Zuletzt im vergangenen Jahr, als sich partout kein mehrheitsfähiger Gesetzesentwurf finden ließ und die Angelegenheit wieder einmal aufgeschoben wurde.

Sterbehilfe findet im Graubereich statt

"Aufgeschoben" heißt ja nicht, dass Sterbehilfe nicht praktiziert würde. Es heißt nur, dass dies in einem rechtlichen Graubereich stattfindet - ohne ein klar geregeltes und kontrollierbares Verfahren. Vieles hängt von der Ärztin oder dem Arzt und deren persönlicher Einstellung zum Thema ab.

Nun gibt es einen erneuten Vorstoß im Bundestag. Drei Gruppen arbeiten dem Vernehmen nach unabhängig voneinander an Entwürfen. Das ist lobenswert. Auch, dass sie es bisher im Stillen getan haben und nicht gleich wieder die Öffentlichkeit gesucht haben. Es tut dem Thema gut, wenn es ohne Verhetzung in Sozialen Netzwerken diskutiert werden kann.

Wichtig wäre es allerdings auch, dass die unterschiedlichen Lager laufend miteinander im Gespräch bleiben und mögliche Kompromisslinien ausloten. Es bringt wenig, wenn dann am Tag der Abstimmung unversöhnliche Gruppen gegeneinander antreten. Das hatten wir schon und es brachte mindestens einen Verzug von einem weiteren Jahr.

Eine der Befürworterinnen, die Abgeordnete Renate Künast, begründet ihren Antrieb, zügig voranzukommen, folgendermaßen: "Wir lassen die Menschen mit Sterbewunsch allein. Im Bereich der Sterbehilfe agieren Vereine, deren Arbeit nicht klar geregelt ist und die den Zugang zur Hilfe von hohen Beiträgen abhängig machen."

Heuer noch eine Abstimmung im Bundestag?

Mit sehr viel Engagement kann es den unterschiedlichen Gruppen - den eher konservativ und den eher liberal denkenden - gelingen, noch in diesem Jahr neue Entwürfe vorzulegen und das Thema zur Abstimmung im Bundestag zu bringen.

Den Parteien ist in dieser Angelegenheit ausnahmsweise mal kein Vorwurf zu machen, denn die Gruppen sind über die üblichen Lagergrenzen hinaus organisiert. Das hat sich auch bei anderen Lebensthemen bewährt, die nicht im Klein-Klein der Tagespolitik und im Wettbewerb um Wählerstimmen untergehen sollen.

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