Zwei historische Brauereien

Wann ist ein Bier ein Bier? Im Bad Windsheimer Freilandmuseum wird gebraut wie im 17. Jahrhundert

Stefan Blank

Region/Bayern

E-Mail zur Autorenseite

23.4.2022, 05:55 Uhr
Wenn im Kommunbrauhaus gebraut wird, sorgt eine Hopfengabe für besondere Spannung. Hier am Werk: Katharina Döbler.

© Stefan Blank, NN Wenn im Kommunbrauhaus gebraut wird, sorgt eine Hopfengabe für besondere Spannung. Hier am Werk: Katharina Döbler.

Der Tag des Bieres ist im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim jedes Jahr ein Höhepunkt. Ab den frühen Morgenstunden stehen Museumsbraumeister Siggi Brückler und Willi Döbler junior von der gleichnamigen Bad Windsheimer Privatbrauerei im 1699 erbauten Hofbrauhaus, das ursprünglich in Kraisdorf im Landkreis Haßberge zu finden war. Gebraut wird wie anno dazumal und eine Premiere gibt es auch: erstmals wird ein Brotbier gebraut.

Doch am Sonntag, 24. April, wird im Freilandmuseum nicht nur der Tag des Bieres (nach)gefeiert, wie Pressesprecherin Ute Rauschenbach erklärt, sondern auch der Handwerker- und Techniktag. Dazu präsentieren die Mitarbeiter des Museums mit seinen rund 125 historischen Gebäuden und zahlreichen Tieren auch ihre umfangreiche Sammlung von Geräten der ersten Technisierungswelle in der Landwirtschaft.

Kartoffelernter und Rübenbunkerköpfroder

Geöffnet ist am Sonntag von 9 bis 18 Uhr, von 10 bis 17 Uhr werden die Attraktionen des Handwerks- und Techniktags gezeigt. Dazu gehören Geräte und Maschinen zur Feldbearbeitung von den 1920er bis in die 1960er Jahre – vom seriengefertigten Pflug über Heuwender, Flügelmäher und Düngerstreuer bis hin zum Kartoffelvollernter, Rübenbunkerköpfroder und selbstfahrenden Mähdrescher. Angeschürt wird laut Mitteilung des Museums am Sonntag auch der vorindustrielle Kalkofen, in Betrieb sind Feldbahn, Derrick-Kran und Ziegelei. Ute Rauschenbach bezeichnet den Tag als "einmalige Gelegenheit, die unterschiedlichen Handwerke zur Herstellung von Baumaterialien in Aktion zu erleben".

Mitarbeiter führen die Gäste auch in die historischen Berufe ein: "Steinmetze zeigen die Bearbeitung der im Steinbruch gewonnenen und mit dem Derrick-Kran verladenen Steine, Zimmerer sägen massige Holzstämme auf der hohen Bocksäge von Hand, nachdem sie mit Beilen entrindet wurden. Schreiner verarbeiten die Bretter und andere Hölzer weiter und Schmiede führen vor, wie Eisenbeschläge, Hufeisen oder Nägel entstehen."

Maischen, Läutern, Würze kochen

Doch es ist eben auch der Tag des Bieres. Doch wann ist ein Bier ein Bier? "Diese Frage beantworten Museumsbrauer Siggi Brückler und seine Helfern, "wenn in den beiden Museumsbrauereien das süffige Gold entsteht", teilt Rauschenbach mit.

Im Freilandmuseum wird Bier gebraut wie anno dazumal.

Im Freilandmuseum wird Bier gebraut wie anno dazumal. © Stefan Blank, NN

Im Freilandmuseum sind zwei historische Braustätten zu begutachten: In der Baugruppe Mainfranken-Frankenhöhe das Kommunbrauhaus von 1844 aus Schlüsselfeld im Landkreis Bamberg und das deutlich ältere kleine Hofbrauhaus aus Kraisdorf im Landkreis Haßberge. Gebaut wurde dieses und es "zählt damit zu den ältesten noch funktionstüchtigen Brauhäusern Mitteleuropas", erklärt Rauschenbach. Dort wird nur einmal im Jahr Bier gebraut, am Tag des Bieres am 24. April.

Doch es wartet etwas ganz Besonderes auf die Besucher: eine Premiere. Bis das Bier fertig ist, ist aber erstmal reichlich "reine Handarbeit" nötig – "und die ist durchaus anstrengend", teilt Rauschenbach mit. Um 6 Uhr, wenn das Museum noch geschlossen ist, beginnt der Brauvorgang. Unterstützung erhalten jungen Brauern des Bundesverband Kreativbrauer von rund einem Dutzend „Pumpaufs“. Brotbier wurde bisher noch nie im Freilandmuseum gebraut.

Das Besondere der Hopfengabe

Regelmäßig im Einsatz sind die Brauer Siggi Brückler und Willi Döbler im Kommunbrauhaus. Dort entsteht das „Freilandmuseum Dunkel“ und das „Freilandmuseum Zwickl“. Wie dort gebraut wird? "Die bereits eingeweichte, angekeimte und geschrotete Gerste kommt in den Maischebottich, wird mit Wasser versetzt, erhitzt und anschließend geläutert - so der Fachbegriff für gefiltert", erklärt Rauschenbach. "Die verbliebene Flüssigkeit, die Würze, wird mit Hopfen versetzt und gekocht, bis sie schließlich geklärt und abgekühlt wird."

Die Gärzeit betrage eine Woche, danach reift das Bier vier bis sechs Wochen, ehe es in den Krug, das Glas oder die Flasche kommt. "Der Brauvorgang ist zum Teil schon technisiert, doch die Hopfengabe erfolgt von Hand", beschreibt Rauschenbach. "Sie spielt eine besondere Rolle, denn sie erst verleiht dem Bier das besondere Aroma." Na dann Prost.

Keine Kommentare