Projekt der Staatsregierung

Schüler des Gymnasiums Fränkische Schweiz entwickeln Homepage über NS-Verbrecher Adolf Eichmann

21.11.2021, 20:00 Uhr
„60 Jahre Eichmann-Prozess“: Die beiden Neuntklässler Lina Fiedler und Vitus Dann tragen Fakten zum Wirken von Adolf Eichmann zusammen, der als SS-Obersturmbannführer die Verfolgung, Vertreibung und Deportation von Juden organisierte.

© Foto: Nina Eichenmüller „60 Jahre Eichmann-Prozess“: Die beiden Neuntklässler Lina Fiedler und Vitus Dann tragen Fakten zum Wirken von Adolf Eichmann zusammen, der als SS-Obersturmbannführer die Verfolgung, Vertreibung und Deportation von Juden organisierte.

Die bayerische Justiz und der Antisemitismus-Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle, hatten das Projekt anlässlich des 60. Jahrestags des Prozessauftakts am 3. Mai initiiert. Ziel war es, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Prozess und dessen Bedeutung für die Gegenwart beschäftigen.

„Unser Ziel war, auf unserer Webseite Basiswissen über Adolf Eichmann anzubieten“, erklärt Lina Fiedler. Die 15-Jährige hat das Thema Nazireich und zweiter Weltkrieg im letzten Schuljahr durchgenommen. „Unser Geschichtslehrer hat vorgeschlagen, dass wir uns an dem Projekt beteiligen."

Die Ebermannstädter Schüler bei der Präsentation ihres Projektes in München. 

Die Ebermannstädter Schüler bei der Präsentation ihres Projektes in München.  © privat, NN

Die Idee zur Webseite sei dadurch entstanden, dass sie in ihrem Geschichtsbuch kaum etwas über die Person Eichmann gefunden habe, erzählt Fiedler weiter. So entstanden unter anderem ein fiktives Interview mit Hannah Arendt, Kurzbiographien von Arendt und Eichmann sowie eine Collage mit kreativen Zugängen zum Eichmannprozess durch die Klasse 9+.

„Man erwartet ein Monster, aber stattdessen sieht man einen ganz normalen Menschen“, fasst Vitus Dann zusammen, was Hannah Arendt als die „Banalität des Bösen“ beschreibt. Zusammen mit acht weiteren Schülern der Klassen 9+ und Q12 hat sich Vitus in den letzten Monaten intensiv mit dem Leben und Handeln des NS-Verbrechers Adolf Eichmann und der politischen Theoretikerin Hannah Arendt beschäftigt.

Als Tochter säkularer jüdischer Eltern musste Arendt vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten fliehen. 1941 immigrierte sie in die USA, wo sie zunächst journalistisch tätig war, sich für den Erhalt jüdischer Kultur einsetzte und später als Professorin an mehreren Universitäten arbeitete. Für den Prozess gegen den Leiter des Eichmannreferats, das für die Organisation des Holocausts zuständig war, flog Arendt 1961 nach Jerusalem, um von dort aus für „The New Yorker“ über den Prozess zu schreiben.

Im Fall Eichmann müsse man dessen Leben als Ganzes betrachten, so der Zwölftklässler Simon Reichelt. „Er war ein Versager in der Schule und auch in den Augen seiner Familie“, erklärt der Schüler. Eichmann stellte sich selbst als einen Bürokraten dar, der nur Befehle ausgeführt habe.

Am 10. November konnten vier Schüler das Projekt in der Münchner Residenz präsentieren. Das Publikum bestand aus Vertretern der israelitischen Kultusgemeinde, Abgeordneten des Bayerischen Landtags, dem ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck und vielen weiteren Gästen. Der Bayerische Justizminister Georg Eisenreich betonte bereits im Vorfeld die Wichtigkeit dessen, dass sich bereits Jugendliche mit der Geschichte der NS-Diktatur befassen.

„Wir müssen mit dieser Schuld bewusst umgehen und tragen Verantwortung dafür, dass so etwas nie wieder passiert“, fasst der Schüler Martin Kopp zusammen. In einer Zeit, in der die Zahl der antisemitisch motivierten Straftaten bundesweit ansteigt, wollen die Schülerinnen und Schüler damit auch ein Zeichen der Toleranz setzen.

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