Euthanasie

Wanderausstellung in Polsingen erinnert an ermordete Menschen mit Behinderung

28.5.2022, 11:00 Uhr
Die Wanderausstellung „T4 – den Opfern einen Namen geben“ ist derzeit auf dem Gelände des Schloss Polsingen zu sehen.

© Diakoneo, NN Die Wanderausstellung „T4 – den Opfern einen Namen geben“ ist derzeit auf dem Gelände des Schloss Polsingen zu sehen.

Über 1000 Menschen aus den Einrichtungen in Bruckberg, Engelthal, Himmelkron, Neuendettelsau, Polsingen und Schwäbisch Hall wurden abtransportiert und verhungerten entweder in staatlichen Pflegeheimen oder wurden in ausgewählten Heimen gezielt getötet.

Der Geschichte stellen

Ernstzunehmende Schätzungen rechnen mit insgesamt 270000 Opfern, die – von den Nationalsozialisten als "unwertes Leben" klassifiziert – zwischen 1939 und 1941 systematisch vernichtet und bis 1945 unter unmenschlichen Bedingungen in staatlichen Heimen zu Tode vernachlässigt wurden.

"Diakoneo wird sich auch in Zukunft diesem Teil seiner Geschichte stellen und aktiv weiter an einer Aufarbeitung beteiligen", sagte Roswitha Fingerhut, Leiterin Wohnen Polsingen, bei der Eröffnung der Ausstellung. Seit den 1980er Jahren ist Euthanasie im Unternehmen immer wieder Thema von Ausstellungen, Büchern und Veranstaltungen.

Vielen Besuchern zugänglich

In dieser Tradition stehe auch diese Wanderausstellung, die an allen betroffenen Standorten, aber auch an aktuellen Standorten von Diakoneo, gezeigt werden soll.

Erstmals wurde eine Ausstellung zu diesem Thema auch als eine "Out-Door"-Ausstellung entworfen. Sie soll möglichst vielen zugänglich sein. Zur Eröffnung waren zahlreiche Vertreter aus Politik und Gesellschaft nach Polsingen gekommen.

"Gerade Diakoneo schafft ganz bewusst Berührungspunkte", lobt Landrat Manuel Westphal in seinem Grußwort. Es sei wichtig, dass sich Einrichtungen für Menschen mit Behinderung nicht verstecken. Ziel müsse es sein, dass sie ein selbstbestimmtes, gleichberechtigtes und uneingeschränktes Leben nicht am Rande, sondern in der Mitte der Gesellschaft führen können.

In Bayern und Baden-Württemberg

Auch Polsingens Bürgermeister Heinz Meyer honoriert die Ausstellung: "Diakoneo versucht nicht, die Vorgänge in Vergessenheit geraten zu lassen oder zu verschweigen."

Und zwar nicht nur in Polsingen. Von Mai 2022 bis Herbst 2023 wird sie nun in Bayern und Baden-Württemberg zu sehen sein. Und somit auch ein Anstoß für den heutigen Umgang mit Menschen mit Behinderung sein.

Pränatal-, Präimplantationsdiagnostik oder Gentechnik sind die Schlagworte, die in der Ausstellung ebenfalls angeschnitten werden, und über die es zu reden lohnt.

Die Wanderausstellung ist jederzeit frei zugänglich und in Polsingen noch bis Mittwoch, 15. Juni, zu sehen. Sie ist bewusst in leichter Sprache gehalten, um mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen.

Das "T4" im Titel erinnert an die Tiergartenstraße 4 in Berlin, von wo aus der Mord an Menschen mit Behinderungen organisiert worden ist.

Weitere Informationen zur Ausstellung gibt der Leiter des Archivs von Diakoneo, Matthias Honold unter 09874/82590 oder matthias.honold@diakoneo.de