Nur wenige Ausnahmen

Kein Kino, kein Zoo: Bayerns Jugendliche wegen 2G im Freizeit-Lockdown - "Es ist eine Schande"

17.11.2021, 11:57 Uhr
Der Kinosaal ist für Bayerns Jugendliche, die noch nicht geimpft sind, künftig tabu. 

© Stefan Hippel, NN Der Kinosaal ist für Bayerns Jugendliche, die noch nicht geimpft sind, künftig tabu. 

Bayern ist ein 2G-Land. Selbst Markus Söder, der sich bislang um den Begriff herumgewunden hatte, spricht von einer "Art Lockdown für Ungeimpfte". Seit Dienstag dürfen sie nicht mehr ins Restaurant, nicht mehr auf Veranstaltungen, auch Clubs und Kinos sind tabu. Das trifft auch die Jugend. Von der 2G-Regel ausgenommen sind ausdrücklich nur Kinder bis zwölf Jahre. Für sie gibt es nach wie vor kein Impfangebot. Jugendliche aber trifft jetzt der Freizeit-Lockdown knallhart.

Wie das bayerische Gesundheitsministerium auf Nachfrage bestätigt, werden ungeimpfte Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren künftig etwa von Veranstaltungen ausgeschlossen, auch in Kinos, Freizeitparks, Trampolinanlagen, Kletterparks und Zoos dürfen sie nicht mehr. Ausnahmen gibt es nur "zur eigenen Ausübung sportlicher, musikalischer oder schauspielerischer Aktivitäten". Die Ungeimpften dürfen also etwa ins Schwimmbad, dort aber wirklich nur schwimmen - nicht aber mit Freunden spielen oder nach dem Sport eine Apfelschorle trinken.

Das betrifft aktuell noch den Großteil der Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren. Stand Mittwoch gelten gerade einmal rund 41 Prozent von ihnen als vollständig geimpft. Der Freizeit-Lockdown, das bestätigt das Gesundheitsministerium, trifft ab dieser Woche also über 400.000 junge Menschen im Freistaat, die noch keinen Schutz gegen das Coronavirus erhalten haben.

Ausnahme auch für Restaurants und Hotels

Immerhin: Auch für Restaurants, Cafés und Hotels erließ die Staatsregierung am Mittwoch eine Ausnahme. Schüler werden in Bayern derzeit ohnehin drei Mal die Woche getestet, deshalb sei es vertretbar, hier zu lockern. Was allerdings mit Jugendlichen geschieht, die bereits die Schule verlassen haben, bleibt unklar. "Ohne diese Ausnahme könnten geimpfte Eltern nicht zusammen mit ihren nicht geimpften Kindern gastronomische Betriebe besuchen oder Beherbergungsleistungen in Anspruch nehmen", heißt es in einer entsprechenden Begründung zur Änderung der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Das Ministerium verweist aber auch darauf, dass es für zwölf- bis 18-Jährige bereits seit Mitte August eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) gebe.

Ab dem 1. Januar kommt es noch dicker. Dann fällt auch die Ausnahmeregel für Sport und Musik weg. Bis dahin müssen die Jugendlichen geimpft sein - oder aber mit den Konsequenzen des Freizeit-Lockdowns leben.

Stiko gegen Einschränkungen für Jugendliche

Verbände wie die Initiative Familien Bayern sind empört. “Es ist eine Schande für dieses Land und diese Politik, dass Kindern und Jugendlichen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verwehrt wird, weil sich zu viele Erwachsene immer noch nicht impfen lassen wollen", sagt etwa Vorständin Sabine Kohwanger. "Entsprechend der Empfehlung der Stiko müssen Kinder und Jugendliche unter 3G-Regeln Zugang zu allen Bereichen des Lebens haben."

In der Tat hat sich das Expertengremium, das sich mit Impfempehlungen befasst, gegen strikte Zugangsbeschränkungen für Kinder und Jugendliche ausgesprochen. Man sei dagegen, dass "eine Impfung zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht wird", so die Stiko. Eben das passiert nun aber in Bayern.

Der bayerische Elternverband reagiert etwas gelassener. "Natürlich kann man die Kinder nicht so zusammenlassen, wenn es viele Infektionen gibt", sagt die stellvertretende Vorsitzende Henrike Paede. "Den Kinobesuch würde ich nicht so dringend wie die Beteiligung am Sport, die kulturelle Bildung oder den Musikunterricht sehen." Spätestens ab dem 1. Januar, dann, wenn die Ausnahmeregel in Bayern ausläuft, wäre aber auch hier Schluss für ungeimpfte Jugendliche. "Das wäre heftig, wenn das über längere Zeit nicht möglich sein würde."

Die Initiative Familie Bayern ist schon jetzt auf den Barrikaden. Besonders problematisch sei etwa, dass Kinder sich erst ab zwölf Jahren impfen lassen können. "Für alle noch Elfjährigen geht es mit dem zwölften Geburtstag für mindestens fünf Wochen in den Lockdown", sagt der Interessensverband. Eine Feier mit den Eltern im Restaurant ist damit ebenso nicht möglich wie die Party mit Freunden im Kletterpark.

Mehr als 7000 Menschen unterschrieben einen offenen Brief der Initiative - darunter auch mehrere bayerische Spitzenpolitiker, die ehemalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und Kinder- und Jugendmediziner.

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