Fels rollte wie eine Kegelkugel hinab ins Tal

24.9.2014, 19:55 Uhr
Fels rollte wie eine Kegelkugel hinab ins Tal

Den Anstoß gab ein junger Hund. Denn obwohl der Felsblock nur rund 30 Meter über der Gemeindestraße hängt, die parallel zur Bundesstraße nördlich der Lauterach von Pfaffenhofen nach Kastl führt, war die brüchige Formation bis vor kurzem niemandem aufgefallen. Sie lag einfach zu gut versteckt im Wald.

Auch der Besitzer eines benachbarten Grundstücks kannte das Gebilde in Form eines Stöckelschuh-Absatzes bis vor wenigen Monaten nicht. Doch dann stürmte sein junger Hund den Steilhang hinauf.

Fels rollte wie eine Kegelkugel hinab ins Tal

© Foto: Bösl

Auf der Suche nach dem Ausreißer fiel dem Herrchen der markante Fels aus hartem Dolomit auf. Er hatte ein großes Loch und das Oberteil ruhte zur Talseite nur auf einer dünnen, schon stark verwitterten Säule. Bräche diese weg, würde der tonnenschwere Koloss nach vorne kippen und in die Tiefe rauschen.

„Da unten verläuft ja die kleine Straße, die viel von Radfahrern und Spaziergängern benutzt wird“, sorgte sich Kastls Bürgermeister Stefan Braun. Weil der brüchige Fels auf Gemeindegrund stand, war der Markt am Zug. Eine Untersuchung der Landesgewerbeanstalt ergab zwar nicht dringlichen Handlungsbedarf; doch mit jeder weiteren Frostperiode steige die Gefahr eines Abgangs. Deshalb gab der Marktrat grünes Licht für eine Sprengung gleich nach der Sommerpause (wir berichteten).

Beauftragt wurde das Traunfelder Sprengunternehmen Lehmeier, das in der Fränkischen Schweiz und im Raum Eichstätt schon einige Felsen kontrolliert zu Tal gebracht hat. „Wir arbeiten auch in Steinbrüchen“, erzählt Firmenchef Anton Lehmeier. Unterdessen ist sein Sohn Andreas dabei, am schmalen „Steinstöckel“ zwei Kilogramm „Eurodyn“ anzubringen. Eine Stunde vor dem großen Bumms wird der gewerbliche Sprengstoff verdrahtet, dann klettern Vater und Sohn langsam den Hang hinab.

Der Bereich nördlich des Flüsschens ist schon seit dem Vortag gesperrt. Die kleine Straße ist mit schützenden Schotterbergen bedeckt. Kurz vor der Zündung wird auch am Südufer die B 299 vollständig dicht gemacht. Auf einer Wiese am Gegenhang neben der Bundesstraße warten zu diesem Zeitpunkt schon rund 300 Schaulustige sowie etliche Fotografen und Kamerateams.

Eigentlich soll die Ladung um 15 Uhr gezündet werden. Doch verzögert sich die Detonation. Schöne, neue Medienwelt: Ein Radiosender hatte darum gebeten, erst kurz nach den 15-Uhr-Nachrichten loszulegen, um die Detonation live auf Sendung zu bekommen.

So schallt das lange „Tuut“ erst um vier Minuten nach drei herüber, eine weitere Minute später noch zwei kurze Signale. Dann knallt es gewaltig. Eine kleine Staubwolke bricht aus dem Wald. Dann kippt links am Hang eine kleine Kiefer nach vorn, und ein runder Felsbrocken rollt wie eine Kegelkugel hinab auf die Wiese. Oben auf dem Schotter hat er noch ein paar gewichtige Brösel verloren.

Eine Viertelstunde später schaut Bürgermeister Braun die Schneise hinauf und fragt Anton Lehmeier: „Hat alles geklappt?“ Der Sprengmeister ganz ruhig: „Alles wie geplant.“

Allerdings sind noch Nacharbeiten nötig. Nicht nur, weil die schätzungsweise zwölf Tonnen schwere Dolomitkugel vorm Abtransport zerkleinert werden muss. Sie hat beim Abgang ein gutes Stück von ihrem Sims abgespalten, das noch oben in der Schneise liegt. Es wird demnächst vermutlich mit einem Stahlseil heruntergezogen.

Keine Kommentare