„Wahrlich höheren Respekt verdient“

Historiker Mück auf den Spuren eines „schier vergessenen Architekten“

3.1.2023, 18:57 Uhr

Auf die Spuren des „schier vergessenen Architekten“ begab sich Mück mit akribischer Quellenforschung für seine 13. „Miszellen zur Geschichte der Stadt Neustadt an der Aisch“ und bringt den gebürtigen Bad Windsheimer in Erinnerung, der eng mit dem Wiederaufbau von Nürnberg verbunden, aber auch in der Noris „weitgehend vergessen“ ist. Dabei galt Mayer (1889 bis 1964) als „avantgardistischer Baumeister der Frühen Moderne in den 1920er Jahren“, wie Dr. Mück dessen Würdigung durch die Fachwelt zitiert. In den 1930er Jahren werden seine Werke dem vorherrschenden Heimatschutzstil zugerechnet.

Mit seinem Sohn Walter Mayer (Architekt und Hochschullehrer) habe er beim Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Nürnberg „eine neue Formensprache entwickelt, ohne seine vormalige Prägung aufzugeben“, so Mück mit der Feststellung nach der Exkursion durch ein ebenso arbeits- wie erfolgreichen Lebens, dass Vater und Sohn „wahrlich höheren Respekt und größere Beachtung verdienten“. Die Miszellen mögen dazu beitragen.

In ihnen widmet sich der Autor zunächst der Biographie des großen Baumeisters, der das Handwerk des Steinmetzen und Steinbildhauers erlernte, ehe er nach Wanderjahren die Baugewerkeschule Aschaffenburg und das Königlich Bayerische Technikum Nürnberg besuchte. Nach der Beschäftigung im Siedlungswerk Nürnberg sowie als Lehrer erfolgte 1925 der Schritt in die Selbstständigkeit mit dem raschen Aufstieg des „erfolgreichen Baumeisters zur kulturellen Elite Nürnbergs“.

Mit zwei markanten Gebäuden im Stadtzentrum Neustadts – dem Rathaus und der Sparkasse mit dem prächtigen Giebel – verbindet sich der Name des „vergessenen“ Architekten Fritz Mayer. Dr. Mück hat dessen Spuren für seine 13. Miszellen“ aufgenommen.

Mit zwei markanten Gebäuden im Stadtzentrum Neustadts – dem Rathaus und der Sparkasse mit dem prächtigen Giebel – verbindet sich der Name des „vergessenen“ Architekten Fritz Mayer. Dr. Mück hat dessen Spuren für seine 13. Miszellen“ aufgenommen. © Harald Munzinger

Am Wiederaufbau Nürnbergs maßgeblich beteiligt

Dr. Wolfgang Mück beleuchtet auch Mayers Rolle im Dritten Reich, die sich nach dessen eigenen Angaben auf die nominelle Mitgliedschaft bei der NSDAP und auf berufsbezogene Mitgliedschaften beschränkt habe. Er habe weder an Parteiversammlungen, noch an Sprechabenden oder Schulungskursen teilgenommen, versicherte er mit eidesstattlichen Erklärungen namhafter Persönlichkeiten und wurde von der Spruchkammer lediglich zur „Gruppe der Mitläufer“ gerechnet. So konnte sich Fritz Mayer schon in der zweiten Jahreshälfte am Wiederaufbau der Stadt Nürnberg beteiligen und hinterließ mit seinem Sohn ein umfangreiches Werkverzeichnis. Dr Mück zeigt in dem Erinnerungsband herausragende Objekte an Sakral- und Profanbauten sowie zahlreiche Auszeichnungen auf.

Den Schwerpunkt der Miszelle aber legt er auf Arbeiten von Fritz Mayer im heutigen Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim sowie in den Altlandkreisen Neustadt und Uffenheim und stellte bei seiner Spurensuche fest: „Nur einige seiner Werke wurden bisher in der Sekundärliteratur über den in Bad Windsheim geborenen Architekten überhaupt wahrgenommen“. Seien es zu Beginn seiner Selbstständigkeit Entwürfe für Kriegsdenkmäler gewesen, mit denen Fritz Mayer erste Wettbewerbserfolge erzielte, führte seine stete enge Verbundenheit zum oberen Aischgrund dazu, dass er auch da „trotz seiner starken Beanspruchung beim Wiederaufbau des zerstörten Nürnberg“ für Projekte gewonnen werden konnte und seine markante Handschrift hinterließ. Dem verdankt Neustadt zwei architektonische Meisterwerke.

„Sprechender Zeuge lebendiger Denkmalpflege“

Der Wiederaufbau des Rathauses wurde „als sprechender Zeuge lebendiger Denkmalpflege“ gewürdigt, die „nicht im Konservieren der Baudenkmäler, sondern in der Nutzbarmachung für einen praktischen Zweck“ bestehe. Das Resultat – „eine harmonische Verbindung des Neuen mit dem Alten zu einer vollkommenen und modernen Bedürfnisse abgestimmten Einheit“ - sollte die „für den Laien und unvermeidlichen Kritiker unverständlich hohe Bausumme“ rechtfertigen. Der Leser der Miszelle erfährt Interessantes aus den Debatten nicht nur um dieses Projekt, sondern auch Hintergründiges zum Uhrentürmchen mit dem „Geißbocklauf, einem „bescheidenen Gegenstück zum Männlein-Laufen der Nürnberger Frauenkirche“.

Als besonders geglückt galt Mayers Planung der „gewölbeartigen Eingangshalle“ des Neustädter Rathauses, wie sie in ganz Bayern in einem Profanbau nur ganz selten anzutreffen sei.

Als besonders geglückt galt Mayers Planung der „gewölbeartigen Eingangshalle“ des Neustädter Rathauses, wie sie in ganz Bayern in einem Profanbau nur ganz selten anzutreffen sei. © Harald Munzinger

Der Neubau der Sparkasse in Neustadt sollte „moderne Funktionalität mit traditionellem Erscheinungsbild verbinden und so zu einem Modell für eine künftige-geschichtebezogene Sparkassenarchitektur in Franken werden“, führt Dr. Mück zu diesem Projekt aus, das allerdings ein Prototyp bleiben sollte. Sei der Sparkassenbau von 1935/36 von der damaligen Fachwelt – allesamt Parteimitglieder – gelobt worden, da er „den Vorstellungen der propagierten Kulturpolitik entsprach“, könne, so Dr. Mück, „aus heutiger Sicht das Gebäude als eine architektonische Aufwertung des Marktplatzes gesehen werden“.

Mit einigen anderen Projekten aus den Altlandkreisen Neustadt – wie die Kirchenbauten in Markt Erbach und Wilhermsdorf mit dem kirchlichen Gemeindezentrum oder dioie Sparkasse Emskirchen – sowie Uffenheim mit dem Bau der heutigen Pastorius-Schule oder der katholischen Kirche St. Bonifaz, kommt der Historiker Dr. Wolfgang Mück zum Schluss, dass der erfolgreiche Architekt ein „zu Unrecht schier Vergessener“ sei. Mit einer zielgerichteten, positiven Veränderung des Gegenwärtigen seien Vater Fritz und Sohn Walter Pioniere ihrer Zeit gewesen, zitiert er eine der Würdigungen, die beide erfuhren. Die Gesamtherstellung der 13. „Miszellen zur Geschichte der Stadt Neustadt“ erfolgte in der Verlagsdruckerei Schmidt, wo sie ebenso erhältlich sind, wie ihre „Vorgänger“ von der Verleihung der Stadtrechte über die „Neischdädder Kärwa“, die Klosterlandschaft Birkenfeld, die Geschichte der Lateinschule oder zuletzt den „holprigen Start des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim“ im Zuge der Gebietsreform vor 50 Jahren.

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