Eigenversorgung nicht finanzierbar
Vor 40 Jahren löste die Stadt Pegnitz mit dem Beitritt zur Juragruppe ihre Wasserprobleme
31.3.2024, 14:55 Uhr„Das Jura-Wasser steht vor den Toren von Pegnitz. Wollen wir es hereinlassen?“ Auf die Antwort brauchte der einstige Vorsitzende des Zweckverbands der Juragruppe, Richard Müller, nicht lange zu warten. „Ja“, erwiderte der damalige Bürgermeister Manfred Thümmler wie aus der Pistole geschossen, ist die Stadt Pegnitz doch damit die Sorge um genügend Wasser los.
Am 2. April 1984 war es so weit: Nach jahrelangen Bauarbeiten hat die Juragruppe für den Bereich der Stadt Pegnitz die Wasserlieferung aufgenommen. Bürgermeister Manfred Thümmler, Wasserreferent Willi Hörl und der Vorsitzende des Zweckverbands, Richard Müller, öffneten gemeinsam den Schieber im Hochbehälter Winterleite und gaben damit den Wegfrei für das Wasser aus dem Tiefbrunnen Bronn.
"Steiniger und dornenreicher Weg"
Müller blendete in der Feierstunde kurz zurück auf den steinigen und dornenreichen Weg, den diese Wasser-Gruppe bis dahin hinter sich hatte. Man sei diesen Weg trotz aller Schwierigkeiten gegangen, weil man überzeugt gewesen sei, dass es der allein richtige sei, Wasser in ausreichender Menge, einwandfreiem hygienischem Zustand und dazu noch möglichst preisgünstig an den Endverbraucher liefern zu können. Die Entscheidung im Stadtrat Pegnitz, sich der Juragruppe anzuschließen, sei nicht leicht gefallen. Doch heute müsse jedem klar werden, dass es keine andere Möglichkeit gegeben habe.
Der Verbandsvorsitzende nannte eindrucksvolle Zahlen: So wurden für die Verbesserung der Wasserversorgung in Pegnitz insgesamt rund 20 Millionen Mark aufgewendet. Der Eigenanteil, nach Abzug der Zuschüsse für die Kommune, lag dagegen „lediglich“ bei 6,5 Millionen Mark. Zur Erinnerung: eine eigene Wasserversorgung Pegnitz wäre vom Freistaat Bayern nicht bezuschusst worden.
Thümmler erinnerte an die „Wasser-Geschichte“ der Stadt. Erfolgte die Versorgung früher über hauseigene Brunnen und Quellen, so wurde hierzu im 19. Jahrhundert erstmals eine stadteigene Quelle am Waidmannsbach herangezogen. Als durch die Errichtung der Pegnitzhütte der Bedarf stark anstieg, kaufte die Stadt 1905 die Quellen bei Langenreuth und Wolfslohe und errichtete gleichzeitig auf dem Schloßberg einen Hochbehälter.
Obwohl nach dem Krieg die Wasserversorgung immer mehr ausgebaut wurde, stieß die Stadt mit den 35 Sekundenlitern, die ihre Quellen liefern konnten, bald wieder an Grenzen. Nachdem sich der Stadtrat zunächst noch Gedanken über eine eigene Großraumversorgung gemacht hatte, entschied sich die Stadt schließlich am 24. August 1978 nach Abwägung aller Fakten, sich der Juragruppe anzuschließen. Ausschlaggebend waren dabei die zugesagten Zuschüsse in Höhe von rund 70 Prozent.
An den auf 55 Sekundenliter ausgelegten Brunnen Bronn waren vorläufig angeschlossen die Stadt Pegnitz, mit Ausnahme der Niederdruckzone, die sich von Rosenhof über die Amag-Hilpert-Straße, die Bahnhofstraße, die Hauptstraße sowie die Rosen- und die Brauhausgasse bis zum Schloßberg erstreckt, ferner Hainbronn, Arzberg, Hammerbühl, Heroldsreuth, Weidlwang, Nemschenreuth, Horlach, Stein und Reisach.
"Geschichtsträchtiger Tag"
Die Rede war von einem geschichtsträchtigen Tag: Die Wasserversorgung der Stadt sei damit nach Ansicht der Experten für die Zukunft gesichert. Wenn nunmehr ein erster Bauabschnitt fertiggestellt ist, so könne das aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Zweckverband der Juragruppe anfangs immense Schwierigkeiten zu überstehen hatte. Nur schwer konnte dem Bürger klargemacht werden, dass die nunmehr weit fortgeschrittene große Lösung auch die beste sei.
Manfred Thümmler erinnerte 1984 an die Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung in Pegnitz. Schon vor etwa acht Jahren sei man im Pegnitzer Stadtrat übereinstimmend zur Auffassung gekommen, dass die drei Tiefbrunnen unterhalb des Langen Berges in unmittelbarer Umgebung des städtischen Wasserwerks nicht gehalten werden können, weil sich kein von allen äußeren Einflüssen abgesichertes Schutzgebiet bilden lasse. Im Dreieck zwischen Staats- und Kreisstraße unmittelbar am Ortsrand gelegen, drohe ständig die Gefahr einer Trinkwasser-Verschmutzung. Viele Stadträte hatten die bange Äußerung von Bürgermeister Konrad Löhr noch im Ohr: „Nicht auszudenken, wenn dort an der Kreuzung einmal ein Tankwagen umkippt“.
Bergwerkwasser nicht zu genießen
Verschärft wurde die Lage durch die Tatsache, dass der Tiefbrunnen II der Stadt immer mehr versandete und ebenso wie der im Eisenerz stehende dritte Brunnen in seiner Leistung erheblich nachließ. Zu allem Überfluss war das Wasser aus dem als Reserve gehaltenen Brunnen V, der in dem stillgelegten Schacht „Friedrich“ der Eisenerzzeche „Kleiner Johannes“ niedergebracht worden war, wegen des hohen Mangan- und anderer Schadstoffgehalte für den menschlichen Genuss nicht verwendbar. Somit stand für den Stadtrat fest, dass nach neuen, in jeder Hinsicht sicheren und vor allem auch ausreichenden Wasserbezugsquellen gesucht werden musste.
Wie knapp die Wasserreserve in trockenen Sommern war, zeigte sich 1976, als die Stadtverwaltung das Gartengießen und Autowaschen verbieten musste, um überhaupt die Trinkwasserversorgung und den Feuerschutz sicherstellen zu können.
Die eigenen Planungen der Stadt sahen zunächst die Bohrung eines Tiefbrunnens im Bereich des Ortsteils Lüglas und dessen Verbindung mit dem Erdbehälter auf der Winterleite vor. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass sich für diesen Brunnen wegen der vorbeiführenden B 470 ebenfalls kein ausreichendes Schutzgebiet bilden ließ.
Freistaat bot Versuchsbohrung an
Im weiteren Verlauf der Wassersuche bot der Freistaat Bayern an, der Stadt eine seiner fündig gewordenen Versuchsbohrungen im Raum Bronn zu überlassen, um auf diese Weise teure Fehlbohrungen vermeiden zu helfen. Doch viel weiter ging das Entgegenkommen des Landes zunächst nicht: Bayern fand sich nicht bereit, eine im Eigenbau der Stadt Pegnitz durchgeführte Maßnahme zu bezuschussen, wenn sich diese nicht in die vom Landesentwicklungsplan her vorgegebene Konzeption zur zukunftsorientierten Wasserversorgung des Großraums Fränkische Schweiz/Fränkische Alb einfügen lassen sollte. Und selbst in diesem Fall hätte die Maßnahme von der Stadt Pegnitz solange vorfinanziert werden müssen, bis ein geeigneter Träger für dieses Großprojekt des Wasserverbundes gefunden worden wäre.
Im Stadtrat machte sich Ernüchterung breit: Den damals dafür notwendigen, von Experten auf weit über zehn Millionen Mark hochgerechneten Betrag konnte die ehemalige Kreisstadt Pegnitz auf keinen Fall aufbringen, wollte sie ihre Bürger nicht mit unzumutbar hohem Wassergeld belasten. Nach langem Ringen und gründlicher Überprüfung aller Möglichkeiten entschloss sich der Stadtrat Pegnitz ebenso wie die in ähnlichen Schwierigkeiten steckenden Städte Hollfeld, Waischenfeld, Pottenstein und Creußen, zusammen mit den Städten Ebermannstadt und Gräfenberg sowie einigen weiteren Orten aus dem Landkreis Forchheim, den „Zweckverband zur Wasserversorgung der Jura-Gruppe“ zu bilden und im Gemeinschaftswerk die Wasserversorgung aller Beteiligten sicherzustellen.
Stadt Pegnitz hatte keine Wahl
Zumindest Pegnitz blieb keine andere Wahl. Denn nur im Rahmen einer solchen Organisation war der Staat aus haushaltsrechtlichen Gründen bereit, Beihilfen zu gewähren, weil diese insgesamt gesehen niedriger gehalten werden konnten, als wenn jede Einzelmaßnahme der betroffenen Städte hätte gefördert werden müssen.
Bald aber regte sich Widerstand, vor allem aus den Gemeinden der westlichen Fränkischen Schweiz. Auf Drängen der zum Landkreis Forchheim gehörenden Mitgliedsgemeinden, ausgenommen Gräfenberg, verfügte der Landtag schließlich die Teilung des Großverbandes in der Weise, dass sowohl im Landkreis Forchheim als auch im Landkreis Bayreuth selbständige Zweckverbände gebildet werden sollten. Im Landkreis Bayreuth ist das mit der Juragruppe schließlich auch gelungen.
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