Einmalige Idee

Berufsschule Weißenburg: Abstimmen mit Zigarettenstummeln

Markus Steiner

Redakteur

E-Mail zur Autorenseite

20.10.2023, 11:00 Uhr
Die Raucher unter den Berufsschülern können sich an Umfragen beteiligen.  

© Uschi Kolb-Steil Die Raucher unter den Berufsschülern können sich an Umfragen beteiligen.  

Die Idee dazu hatte Pfarrerin und Religionslehrerin Uschi Kolb-Steil, die mit ihren Schülern zum Thema „Bewahrung der Schöpfung“ teils sehr heftige und kontroverse Diskussionen erlebt hatte, die vor allem auch um das neue Müllkonzept rund um den Brombachsee kreisten , das die meisten Schüler als „problematisch“ empfanden.

In diesem Zusammenhang stellte sich auch die Frage, wohin mit den Zigarettenstummeln, erklärt Kolb-Steil. Die verblüffende Sichtweise der meisten Schüler: Warum sollte man die Kippen eigentlich nicht einfach wegwerfen, die zersetzen sich doch ...

Der häufigste Abfall

„Von wegen!“, weiß die Theologin und erklärte das dann auch ihren Schützlingen im Unterricht. Durch achtlos weggeworfene Kippen können eklatante Umweltschäden entstehen.

„Dass Rauchen schädlich ist, weiß jeder. Dass achtlos weggeschnippte Zigarettenkippen aber weltweit das häufigste Abfallprodukt sind, ist vielen nicht bekannt“, wunderte sich die Religionslehrerin und recherchierte tiefer. Das Ergebnis: Allein in Deutschland werden jährlich rund 106 Milliarden Zigaretten geraucht.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) landen zwei Drittel aller gerauchten Zigaretten auf dem Boden, inklusive einem Mix aus über 4000 giftigen Schadstoffen – wie Arsen, Blei, Formaldehyd uvm.

Besonders schnell löst sich das Nervengift Nikotin: Nach nur einer halben Stunde in einer Pfütze hat sich bereits etwa die Hälfte des Nikotins im Wasser gelöst. So kann eine einzelne Zigarettenkippe bis zu 1000 Liter Wasser mit Nikotin verseuchen

Jahrzehnte bis zur Zersetzung

„Auch die Kunststoffe im Filter brauchen Jahre bis Jahrzehnte, bis sie sich zersetzen und gelangen letztendlich auch als Mikroplastik ins Meer“, weiß Kolb-Steil, die deshalb den „Kippster“ an der Berufsschule installieren ließ, an dem man jetzt regelmäßig über die verschiedensten Themen abstimmen kann – mit der ausgerauchten Kippe.

„Gehst Du zur Wahl oder gehst Du nicht?“ „Gehört Ananas auf die Pizza oder nicht?“ oder „Butterbreze oder Leberkäse?“, lauten beispielsweise Wahlfragen, die Raucher beantworten können und dann ihre Kippe ganz bewusst in den Wahlomaten und nicht auf den Boden werfen.

Den Automaten haben Schüler des Metallzweiges gemeinsam mit ihrem Lehrer produziert, der „Berufsschulkippster“ steht seit gut einem Monat vor dem Schulhaus und wird mit wechselnden Fragen bestückt.

Mit dem Ergebnis ist Uschi Kolb-Steil zufrieden: „Auf diese Weise konnte schon ein klein wenig zum Umweltschutz beigetragen werden.“

Umgerechnet vier große Weckgläser mit Kippen wurden mithilfe des Kippsters schon fachgerecht entsorgt. „Vielleicht ist das ja auch eine Anregung für andere Orte in der Stadt, um Gehwege, Parkplätze und Straßen in Zukunft kippenfrei zu bekommen“, wünscht sich die Weißenburger Theologin

Keine Kommentare