Schulleiter-Jubiläum

Markus Scharrer: "Wir sind heute die Reparaturbetriebe der Gesellschaft."

Markus Steiner

Weißenburger Tagblatt

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28.1.2023, 05:41 Uhr
Markus Scharrer ist seit zehn Jahren Schulleiter der Mittelschule Weißenburg  für die er ein Motto ausgegeben hat: "Jeder soll hier mit erhobenem Haupt  reingehen und mit erhobenem Haupt wieder raus."

© Markus Steiner, NN Markus Scharrer ist seit zehn Jahren Schulleiter der Mittelschule Weißenburg für die er ein Motto ausgegeben hat: "Jeder soll hier mit erhobenem Haupt reingehen und mit erhobenem Haupt wieder raus."

Wenn man die Jahresberichte der letzten zehn Jahre durchblättert, die die Mittelschule Weißenburg jährlich herausgibt, dann fällt eines sofort auf: Rektor Markus Scharrer ist in den zehn Jahren ganz schön grau geworden. Kein Wunder: Der Schulleiter hat seit dem Schuljahr 2013, in dem er offiziell zum Schulleiter ernannt wurde, auch etliche Herausforderungen und Krisen meistern müssen.

Auf der anderen Seite haben der Rektor und sein Team, das aus 72 Lehrkräften und drei Sekretärinnen plus Hausmeister besteht, auch viel erreicht. Dass die Mittelschule, deren Bau im Januar 2013 begonnen wurde, ordentlich gewachsen ist, ist Scharrer zufolge dabei noch lange kein Gradmesser.

Es geht um die Qualität

„Es geht mir nicht um Größe, sondern und Qualität, dass sich hier jeder einzelne Schüler und jede Schülerin wohlfühlt, sagt Scharrer, während er im Gang, der zu seinem Büro führt, vor einem seiner Lieblingsfotos steht. Das zeigt die proppenvolle Aula bei einer der regelmäßig stattfindenden Schulversammlungen, die von den Schülern selbst gestaltet werden und immer ein anderes Schwerpunktthema haben.

Momente wie diese sind die Entschädigung für Momente, die es einem bayerischen Schulleiter manchmal schwer machen können in diesen ohnehin nicht leichten Zeiten, in denen globale Krisen und Kriege Schüler aus aller Herren Länder bis nach Weißenburg spülen und dafür sorgen, dass auch eine kleine Mittelschule Kinder aus fast 30 verschiedene Nationen unterrichten darf.

Am meisten grauen Haare, ist sich Scharrer sicher, hat ihn gleich zu Beginn seiner Schulleiterkarriere der Neubau der Mittelschule gekostet. Mit dem Ergebnis, gesteht er ein, seien aber auch heute noch alle, sowohl Schüler als auch Lehrer, alle zufrieden und dankbar.

Absoluter Lehrermangel

Weniger zufrieden ist Scharrer mit der mangelhaften Personalsituation, die sich seit zehn Jahren nicht wirklich verbessert hat. „Ich habe den Lehrermangel schon vor zehn Jahren beklagt“, sagt Scharrer, der auch Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV) ist und sich auch als Funktionär für die Belange seiner Kolleginnen und Kollegen einsetzt.

Wie man das ändern könnte, dass die Mittelschule, die vor mehr als zehn Jahren von der Haupt- zur Mittelschule umetikettiert wurde, endlich auch für Lehrer attraktiver wird? Scharrer ist skeptisch, dass alleine die Anhebung des Gehalts auf die Besoldungsstufe A 13 alleine die Lösung ist.

Scharrer glaubt, dass der Staat bislang insgesamt seine Pflichtschule, also die Grund- und Mittelschule, vernachlässigt hat. Er selbst würde dennoch auch heute noch Lehrer an der Mittelschule werden, weil hier ganzheitlich und individuell jeder Schüler gefördert werden könne und er hier täglich junge Menschen „in ihrer Entwicklung begleiten darf“.

"Wir sind heute die Reparaturbetriebe der Gesellschaft."

Dass heutzutage Schule generell Aufgaben übernehmen muss, die früher noch dem Elternhaus vorbehalten waren, ist für den Schulleiter Fakt: „Wir sind heute die Reparaturbetriebe der Gesellschaft.“ Dennoch will Scharrer keinesfalls nur jammern, sondern kann auch das Positive sehen.

Wenn man das Lernen von der Schülerseite aus betrachte und immer versuche, jeden Schüler in seiner Zeit abzuholen, dann könne Schule auch gelingen und jeder einen erfolgreichen Abschluss schaffen, der ihm neue Lebensperspektiven bietet. „Wir haben hier viele liebe und nette Jugendliche“, sagt Scharerr, der mit seinem Kollegium bemühlt ist, an der Mittelschule eine familiäre Atmosphäre zu schaffen.

Dass ihm das gelingt, zeigen viele kleine Bespiele aus dem Schulalltag: So gibt es keinen Schüler, der am Rektor vorbei geht, ohne ihn zu grüßen. Auf der anderen Seite werden jeden Monat alle Schüler, die in dem Monat Geburtstag haben, gemeinsam in der Aula mit einem Geburtstagsständchen beglückt.

Für die Schüler kämpfen

Hätten nicht der Schulneubau, die Coronapandemie und der akute Lehrmangel zusätzlich Scharrers Nerven strapaziert, würde der Schulleiter ein rundum positives Fazit für seine zehnjährige Amtszeit ausstellen, in der es sich immer gelohnt habe, für seine Schüler zu kämpfen.

„Wie aber sollen wir heute mit einer Struktur von gestern die Schüler auf morgen vorbereiten?“, fasst er die Herausforderung mit einer Frage zusammen, deren Antwort ähnlich komplex sein muss wie die Quadratur des Kreises. Natürlich gab es in den zehn Jahren aber auch viele schöne Ereignisse und Momente, die für die vielen Strapazen entlohnt haben und die der begeisterte Hobbyfotograf in vielen schönen und großformatigen Bildern festgehalten hat.

Wie zum Beispiel die Aufführung des Thaterstücks „Momo“ im Juli 2014, die ein riesiges Schulprojekt war. Oder die vielen Arbeitsgemeinschaften und Angebote, die es neben dem Unterricht gibt und die Schule eben auch ausmachen: Die Schulsanis, das Strick-Café, die „Mathe-Checker“, die Schönschreiben-AG oder die Pferdetherapie am Reithof „Artgerecht“ in Haardt, die die Schule ebenfalls anbietet und die vom Förderverein bezuschusst wird.

Es ist viel passiert

Unterm Strich kann man bilanzieren, dass in zehn Jahren viel passiert ist. Wenn der Schulleiter einen Wunsch frei hätte, würde er sich wünschen, dass das auch weiterhin so bleibt. Für seine Schule hat er zwei Wünsche parat: „Dass ich mir meine Leidenschaft für Schule bis zur Pension erhalten kann und dass alle an unserer Schule sich wohlfühlen und verstehen, wir gehören alle zusammen.“

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