Historische Entscheidung

Weißenburg-Gunzenhausen kippt Naturschutzprojekt Chance.Natur: So lief die Marathonsitzung

Jan Stephan

Weißenburger Tagblatt

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27.2.2024, 15:02 Uhr
Ein kommunalpolitischer Krimi endete im Kreistag mit einem Unentschieden, das am Ende eine Niederlage für das Naturschutzgroßprojekt Chance.Natur Lebensraum Altmühltal bedeutete. Landrat Manuel Westphal, die CSU-Fraktion mit Ausnahme von Gunzenhausens Bürgermeister Karl-Heinz Fitz und Teile der Freien Wähler stimmten gegen das Projekt. 

© Jan Stephan, NN Ein kommunalpolitischer Krimi endete im Kreistag mit einem Unentschieden, das am Ende eine Niederlage für das Naturschutzgroßprojekt Chance.Natur Lebensraum Altmühltal bedeutete. Landrat Manuel Westphal, die CSU-Fraktion mit Ausnahme von Gunzenhausens Bürgermeister Karl-Heinz Fitz und Teile der Freien Wähler stimmten gegen das Projekt. 

Es dauerte ein paar Sekunden, bis sich in der Stadthalle Gunzenhausen die Erkenntnis durchgesetzt hatte, was da gerade passiert war. Das lag daran, dass nach fünfstündiger Sitzung die Erschöpfung bei den Kreistagsmitgliedern greifbar war, es lag aber noch viel mehr daran, dass es keine Mehrheit gab. 30 Kreisräte hatten für eine Beteiligung des Landkreises am Projekt Chance.Natur gestimmt, 30 Kreisräte hatten gegen eine Beteiligung gestimmt.

Unentschieden mit Verlierer

Ein politisches Unentschieden in einer der spannendsten kommunalpolitischen Debatten der vergangenen Jahre. Nur: Anders als beim Fußball gibt es bei Abstimmung auch bei Gleichstand einen Verlierer. Das war in diesem Fall der positiv formulierte Beschlussvorschlag auf Teilnahme an dem Projekt.

Dieser hätte eine Mehrheit finden müssen, um angenommen zu werden Nachdem diese Erkenntnis sich durch die Reihen des Kreistags gefressen hatte, wurde es bald wieder ruhig.

Erschöpfte Kreisräte in Weißenburg-Gunzenhausen

Wie nach einem großen, mit letzter Kraft in der Verlängerung entschiedenen Finale im Fußball, hatte man den Eindruck, dass alle Beteiligten vor allem froh waren, dass es endlich vorbei ist. Beide Lager hatten sich nach einer zweistündigen Haushaltsdebatte über weitere drei Stunden hinweg einen engagierten, aber weitgehend fairen Schlagabtausch geliefert. Mangelnden Einsatz konnte sich keiner vorwerfen. Es wurden Befangenheitsanträge gestellt, Appelle formuliert, Plädoyers gehalten, Experten gehört, Vorwürfe gemacht und umgehend erwidert und am Ende abgestimmt. Das Resultat war bemerkenswert.

Das knappest mögliche Ergebnis

Mit dem knappest möglichen Ergebnis, das es geben kann, hat der Kreistag von Weißenburg-Gunzenhausen entschieden, eines der größten Naturschutzprojekte Bayerns zu Fall zu bringen. Damit votierte man dagegen, in den kommenden zehn Jahren rund zehn Millionen Euro im Projektgebiet von Colmberg bis Bubenheim in den Wiesenbrüterschutz zu investieren. Neun Millionen Euro davon wären von Bund und Land gekommen, jeweils eine runde halbe Millionen von den Landkreisen Ansbach und Weißenburg-Gunzenhausen.

Historische Entscheidung

Es dürfte sich um eine historische Entscheidung gehandelte haben. Das Bundesamt für Umwelt hatte zuvor auf Anfrage mitgeteilt, dass man von keinem Fall wisse, in dem ein Landkreis die Finanzmittel zur Umsetzung eines solchen Projektes nicht freigegeben hätte. Seit 1977 sind über Chance.Natur 88 Projekte in der ganzen Bundesrepublik gefördert worden, die für den Umweltschutz von nationalem oder sogar internationalem Interesse sind.

Im Vorfeld der Sitzung waren die Projektgegner als leichte Favoriten gehandelt worden. Diese Einschätzung wurde gefestigt, als sich zu Beginn der Sitzung die Reihen der CSU füllten. Als einziges Mitglied des Kreistags fehlte die Heidenheimer Bürgermeisterin Susanne Feller (CSU). Das war eine erste Niederlage für die Projektbefürworter, hatte man dort doch die Hoffnung, dass einige CSU-ler versuchen würden, sich der Abstimmung durch Fehlen zu entziehen.

Westphal hielt die CSU beisammen

Landrat Manuel Westphal war es aber gelungen, sein Lager zusammenzuhalten, obwohl nicht alle Mitglieder der CSU-Fraktion glücklich waren mit der Entscheidung, die sie treffen sollten. Am Ende gab es nur einen, allerdings prominenten Abweichler. Karl-Heinz Fitz, CSU-Bürgermeister von Gunzenhausen, stimmte als einziges CSU-Mitglied für die Teilnahme am Chance.Natur-Projekt. Freie Wähler waren das Zünglein Final entschieden hatten die Abstimmung die Freien Wähler, die sich als einzige Fraktion im Vorfeld nicht festgelegt hatten.

Hier stimmten Alfred Maderer, Josef Miehling. Wolfgang Hauber und Stefan Bauer für das Projekt. Ulrike Alt, Alexander Kohler, Dr. Werner Winter, Karl Auernhammer und Manfred Schuster entschieden sich dagegen. Dem Bündnis aus SPD, Grünen, ÖDP, FDP sowie dem parteilosen Felix Goldhorn fehlte damit eine Stimme, um sich gegen die CSU und die gute Hälfte der Freien Wähler durchzusetzen.

Weißenburg-Gunzenhausen ist raus

Eine Beteiligung des Landkreises an Chance.Natur ist damit vom Tisch. Ob es die Möglichkeit gibt, das Projekt allein im Landkreis Ansbach durchzuführen ist unklar. In Ansbach hat der Kreistag einstimmige für das Programm votiert und auch die örtlichen Landwirte hatten keine Einwände. Vor Ort war das Projekt Chance.Natur Lebensraum Altmühltal seit 2016 initiiert und dann ab 2020 in einer ersten Phase der Projektförderung konkret geplant worden. Der Landkreis war von Anfang an als Träger mit an Bord und an den Planungen beteiligt. Zu großen Diskussionen kam es erst Anfang vergangenen Jahres, als der Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) vom Projektbüro fertiggestellt wurde.

Landrat Manuel Westphal (CSU) und der Kreisverbands des Bayerischen Bauernverbands wehrten sich gegen etliche Detailpunkte der vorgeschlagenen Maßnahmen. Auch Jäger, Fischer und das Wasserwirtschaftsamt hatten Änderungsforderungen an den Plan. Diese wurden zwar weitgehend erfüllt und in den meisten Fällen Einigkeit erzielt, vor allem die Bauern und mit ihnen die CSU blieben eindeutig in ihrer Ablehnung.

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