Offener Brief nach "Folklore"-Äußerung

Club-Sportvorstand Hecking: "Mir ist es wichtig, nicht in eine rechte Ecke gerückt zu werden"

Wolfgang Laaß

NN-Sportredaktion

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2.2.2024, 11:00 Uhr
Sein "innerer Antrieb und Anspruch, dieses Leitbild jeden Tag zu leben": Dieter Hecking mit Can Uzun.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Sein "innerer Antrieb und Anspruch, dieses Leitbild jeden Tag zu leben": Dieter Hecking mit Can Uzun.

Schon Sekundenbruchteile danach, versicherte Dieter Hecking unlängst in einem Hintergrundgespräch, habe er seine Wortwahl bereut. Da war es aber bereits zu spät. Der Satz, dass die bundesweiten Demonstrationen gegen Rechts lediglich "Folklore" seien, flog ihm gewaltig um die Ohren.

Acht Tage später veröffentlichte der 1. FC Nürnberg auf seiner Homepage einen offenen Brief, in dem sich der Sportvorstand vor allem entschuldigt. "Einen Fehler" habe er begangen, "leid" tue ihm, dass es deswegen große Aufregung gab: "Als ich den Satz aussprach, wusste ich sofort, dass ich ein unpassendes Wort benutzt hatte."

Weil er sich auf der Podiumsdiskussion der "Neuen Presse" in Hannover nicht umgehend korrigiert habe, "sind einige Missverständnisse entstanden", die er jetzt, acht Tage später, unbedingt korrigieren möchte. Weil Dieter Hecking unter keinen Umständen möchte, dass Zweifel an seiner politische Gesinnung aufkommen.

Am Samstag auf der Bühne

"Ich weiß, dass Demonstrationen zur Meinungsbildung in einer Demokratie sehr wichtig sind", lässt er sich in dem offenen Brief zitieren, "ich respektiere und unterstütze jede und jeden der fast zwei Millionen Demonstrierenden, die in den vergangenen zwei Wochen auf der Straße klar Kante gegen Rechtsextremismus gezeigt haben und es hoffentlich weiterhin tun werden."

Am Samstag ab 16 Uhr werden auf dem Nürnberger Kornmarkt ebenfalls mehrere Zehntausend Menschen erwartet, wenn die Allianz gegen Rechtsextremismus, deren aktives Mitglied der Club seit 2012 ist, zu einer zentralen Kundgebung in der Metropolregion aufruft. Motto: "Nie wieder ist JETZT! Demokrat*innen gegen rechte Brandstifter."

Der 1. FC Nürnberg unterstützt die Veranstaltung ebenfalls und wird auch während des vorherigen Heimspiels am Samstag gegen den VfL Osnabrück (13 Uhr, Max-Morlock-Stadion) zum Besuch aufrufen. Mit auf der Bühne: die Spielerinnen Lea Paulick und Luisa Guttenberger, die Spieler Taylan Duman und Jan Gyamerah, Trainer Cristian Fiél sowie beide Vorstände.

Sein großer Wunsch

Dieter Hecking wird somit ebenfalls ans Mikrofon treten. "Demonstrationen können zu einem Stimmungsumschwung in unserem Land beitragen", sagt er am Tag davor im offenen Brief, "was mir auch sehr wichtig ist und was ich eigentlich bei meinem Interview ausdrücken wollte: Ich wünsche mir, dass mehr Menschen wählen gehen."

Möglichst viele an die Wahlurne, um das "Kreuzchen bei einer demokratischen Partei" zu machen", nur so könne die drohende Gefahr gebannt werden: "Mir ist es wichtig, nicht in eine rechte Ecke gerückt zu werden", betont Dieter Hecking, "dort war ich nie und da werde ich auch nie sein."

Nicht nur das gesellschaftliche Engagement seines Vereins stünden eindeutig dagegen, ebenso Dieter Heckings Sozialisation. Aufgewachsen im Ruhrgebiet, bevor er seinen ersten Profivertrag bei Borussia Mönchengladbach unterschrieb, hatte er drei Jahre lang Polizist im mittleren Dienst gearbeitet.

"Wie sähen unser Mannschaften aus?"

Recht und Ordnung lagen ihm schon damals am Herzen, auch heute steht er nicht nur "zu den Werten, die wir in unserer Vereinssatzung und in unserem Leitbild verankert haben", sein "innerer Antrieb und Anspruch" sei es deswegen, "dieses Leitbild jeden Tag zu leben". Unter anderem in seiner Arbeit als Sportvorstand.

"Wie sähen unsere Mannschaften beim 1. FC Nürnberg ohne Spielerinnen und Spieler aus anderen Ländern und mit Migrationshintergrund aus?", fragt Hecking, auch deshalb ist es ihm "sehr wichtig, Haltung zu zeigen gegen Menschen, die unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zerstören wollen und mit 'Remigration' und Deportationen von Mitmenschen drohen."

Der Club und auch er stünden "für Vielfalt und Akzeptanz!", der offene Brief schließt mit dem Aufruf, am Samstag auf den Kornmarkt zu kommen. "Ich bitte Euch: Zeigt weiterhin Haltung. Das macht mir Mut." Folklore ist definitiv etwas anderes. Aber das wird auch Dieter Hecking vor seiner "unglücklichen Wortwahl" gewusst haben.

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