Das rosa Schweinhorn ist gefährlich

Falsche Vorbilder: Der Sport in der Pandemie

19.11.2021, 08:05 Uhr
Falsche Vorbilder: Der Sport in der Pandemie

© Foto: Herbert Bucco/dpa

"Genießt es, übertreibt’s nicht", sagte das rosa Schweinhorn am "Elften im Elften", dem für viele Kölnerinnen und Kölner schönsten Tag des Jahres, in eine Kamera und erreichte damit: viele Kölnerinnen und Kölner. "Doch", sagte das rosa Schweinhorn dann aber noch, "macht alles, woran ihr Spaß habt." Stunden später wurden Bilder und Videos von einer rappelvollen Zülpicher Straße in der Domstadt durch das Internet gereicht und wer sich bis dato gefragt hatte, wie man sich einen Pandemietreiber wohl vorzustellen hat, der brauchte fortan keine Fantasie mehr.


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Am ausufernden Pandemie-Geschehen ist das rosa Schweinhorn, in dem Kölns wichtigster Fußballtrainer Steffen Baumgart steckte, sicher nicht schuld, auch nicht an den Feierbildern vom Party-Epizentrum der Stadt. Verantwortungsbewusst ist eine solche Aussage aber sicher auch nicht.

Erst die Pflege, dann der Fußball

Und trotzdem hat Steffen Baumgart auch Recht mit vielen Dingen, die er sagt. "Warum sollte eine Impfpflicht für Spieler eingeführt werden, wenn wir es nicht mal schaffen, bei Pflegepersonal, die ja tagtäglich am Menschen arbeiten, eine Impfpflicht einzuführen?", fragte Baumgart in die Runde. Er war auf Markus Söder angesprochen worden, der genau das ins Spiel gebracht hatte: eine Impfpflicht für Fußballprofis. Dass Journalisten einen Kölner Fußballtrainer zu den Ideen des bayerischen Ministerpräsidenten befragen, der auf Bundesebene nichts zu entscheiden hat und zielsicher die Vakanz von regierendem Personal erkennt, um mit steilen Vorschlägen auf sich aufmerksam zu machen, und dass der Fußballtrainer auch noch darauf antwortet – all das spielt nur dem Virus in die Karten. Denn die Probleme, die tatsächlich bedrücken, sind doch andere.

Täglich schicken Eltern ihre Kinder ungeimpft in die Schule und müssen damit rechnen, dass sie nicht nur Hausaufgaben, sondern auch ein Virus mitbringen. Gleichzeitig sind im Max-Morlock-Stadion plötzlich wieder 50 000 Fans zugelassen. Ja, mit Maske, und ja, im Freien. Aber in den Toiletten und S-Bahnen stehen sie sich dann doch wieder auf den Füßen.

Die Bayern und das Hotel

Längst entzweit die Frage nach dem Impfstatus Amateursport-Teams, die in der Halle aktiv sind. Dort gilt 2G – im Freien, also auch im Amateurfußball, gilt noch nicht einmal 3G. Nach einer Verhältnismäßigkeit darf man da lange suchen, man wird sie nicht finden. Deutschlands prominentester Ungeimpfter darf wohl doch mit dem FC Bayern in ein Augsburger Hotel ziehen, obwohl dort 2G gilt. Für "zwingend erforderliche und unaufschiebbare nichttouristische Beherbergungsaufenthalte" ist die bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung quasi über Nacht angepasst worden.

In der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag haben die Länder viele Maßnahmen beschlossen, die helfen können, die Pandemie einzudämmen. Dem Sport in Bayern wird das wenig helfen, zumal die Regelungen hier ohnehin schon strenger waren als in anderen Ländern.

Helfen würde es, wenn sich Verbände wie der Bayerische Fußball-Verband, Vereine wie der FC Bayern, Spieler wie Joshua Kimmich und Trainer wie Steffen Baumgart klipp und klar für das Impfen aussprechen, mit allen Konsequenzen. Gerne auch im rosa Schweinhorn-Kostüm.

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