Akte von jedem Spieler

Ein Trainer als Profiler: Wie detailliert Alexander Zorniger in Fürth arbeitet

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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16.1.2023, 11:00 Uhr
Alles im Blick: Alexander Zorniger während des Trainingslagers in der Türkei.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Alles im Blick: Alexander Zorniger während des Trainingslagers in der Türkei.

Selbst in der Mittagspause achtete Alexander Zorniger auf jedes Detail. Der Trainer des Kleeblatts wollte die Vorbereitung auf die Rückrunde in der zweiten Liga ja auch dazu nutzen, seine Spieler besser kennenzulernen. Auf dem Platz, natürlich, aber auch abseits davon. Zum Beispiel im Speisesaal. Während des Trainingslagers in Belek kam Zorniger deshalb immer als einer der Ersten in das weitläufige und schicke Restaurant des Hotel "Voyage".

Das hat "viel mit Disziplin zu tun"

Er tat das allerdings nicht, um vor allen anderen am Buffet zu sein und die frischesten Köfte oder das knusprigste Pide zu bekommen. Alexander Zorniger beobachtete einfach. Manches, was er da während der knappen Woche in der Türkei sah, gefiel dem Trainer nicht. "Wenn um 13 Uhr Essen ist, waren anfangs alle um vier Minuten vor Eins da", erzählt er. "Am Schluss kam der ein oder andere 15 Sekunden vor Eins."

Immer noch pünktlich, könnte man sagen. Alexander Zorniger aber ist davon überzeugt, dass die "Intensität", die er auf dem Platz sehen will, "viel mit Disziplin zu tun" hat. "Deshalb gucke ich schon genauer hin, wer versucht, irgendwelche Grenzen weiter auszuloten und rauszuschieben." Über diese Grenzen, innerhalb derer sich die Mannschaft bewegen soll, hat der Trainer schon bei seinem Amtsantritt gesprochen - und darüber, dass die Spieler sich besser nicht über die hinwegsetzen sollten.

Dass da mancher lieber kurz vor knapp zum vereinbarten Treffpunkt kam, hat der 55-Jährige hinterher sicher in seinen Akten notiert. Schon bei seinem vorherigen Klub Apollon Limassol hat Zorniger mit seinem Assistenten Jurek Rohrberg, der ihn nach Fürth begleitet hat, angefangen, Profile von jedem Spieler anzulegen. "Wir unterteilen in technisch, taktisch, sozial-mental und physisch", erzählte der Trainer in Belek, "damit decken wir sehr viele Bereiche ab, in denen wir täglich arbeiten."

Der Profiler arbeitete selbst auf dem Hinflug nach Antalya noch an seinen Akten. Die kurze Pause über Weihnachten und Silvester hat Alexander Zorniger genutzt, um seine subjektiven Eindrücke der vergangenen Wochen in sein "Blueprint" einzutragen, über den Wolken hat er versucht, seine sportlichen Eindrücke mit Daten verschiedener Statistik-Anbieter zu objektivieren. Zu erkennen, ob das, was er mit seinen eigenen Augen gesehen hat, richtig war. Ob die Statistiken ihn stützen - oder ob er doch mal falsch lag.

Ein Fan von Schubladen

Warum er das macht? Eine kurze Antwort gibt es darauf nicht. "Ein Problem in unserem Job ist, dass irgendwann ein Spieler den Verein verlässt und sein Berater dann behauptet, der Trainer habe nie mit seinem Spieler gesprochen", erzählt Zorniger. "Dann schaue ich in meine Aufschriebe." Denn dort wird jedes Gespräch vermerkt, ob es nun ein kurzer Plausch oder ein ausführlicher Austausch war. Auch in Belek haben er und sein Assistent Jurek Rohrberg viel geredet, meist in der Sonne, "wir haben jedem Spieler gesagt, wie wir ihn gerade sehen."

Selbst diese Gespräche, in denen er auch die Eindrücke seiner Co-Trainer einbringt, folgen immer einem klaren Plan. "Ich bin ein Fan von Schubladen bei den Spielern. Dass sie eine möglichst klare Struktur haben, wie wir arbeiten", sagt Zorniger. "Unsere ganzen Analysen sind aufgebaut nach Spiel mit dem Ball, Spiel gegen den Ball, offensives und defensives Umschalten sowie Standardsituationen." Auf dem Weg zum größtmöglichen sportlichen Erfolg will der Fürther Trainer nichts unversucht lassen, kein Detail übersehen. Nicht mal im Speisesaal.

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