Nur Sieb trifft

Niederlage gegen die Tennisbälle: Kleeblatt verliert nach langer Unterbrechung in Hannover

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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16.2.2024, 20:52 Uhr
Aller Kampf war umsonst: Gideon Jungs Kleeblatt verliert zum dritten Mal in Folge.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Aller Kampf war umsonst: Gideon Jungs Kleeblatt verliert zum dritten Mal in Folge.

Eigentlich könnten sie in Hannover gerade sehr glücklich sein. Seit Jahren versucht sich der ehemalige Bundesligist ja erfolglos an einer Rückkehr in sein vermeintlich natürliches Habitat, auch im Winter 2023/2024 schienen sie den Aufstieg mal wieder um ein Jahr vertagen zu müssen. Als Tabellenachter ging 96 in die Winterpause, der Abstand auf die drei obersten Ränge war bereits beträchtlich.

Mit zehn Punkten aus den ersten vier Spielen des neuen Fußballjahres aber kehrte die Hoffnung zurück. Um Fußball geht es beim traditionell sehr aufgeregten Klub aber nicht nur, was vor allem am jahrelangen Streit zwischen Vereinsboss Martin Kind und den Ultras liegt, die zuletzt mal wieder ein Konterfei des Geschäftsführer im Fadenkreuz gezeigt hatten, weshalb das Spiel beim Hamburger SV kurz vor dem Abbruch stand.

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Am Donnerstag legte der Stammverein Hannover 96 e.V. nochmal nach und erhob öffentlich Vorwürfe gegen die DFL. Die habe angeblich bereits vor der vieldiskutierten Abstimmung über einen Investoreneinstieg gewusst, dass Martin Kind die explizite Weisung seines Klubs ignorieren und mit Ja stimmen würde - was ein Verstoß gegen die 50+1-Regel wäre. Die Sorge vor einer erneuten Eskalation war deshalb am Freitagabend, als das Kleeblatt in Hannover vorbeischaute, groß.

Abgesehen von kritischen Spruchbändern blieb es zunächst erstaunlich lange ruhig im Niedersachsenstadion, doch dann bestätigten sich alle Befürchtungen. Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit flogen minutenlang Tennisbälle auf den Platz, weshalb Schiedsrichter Patrick Ittrich das Spiel insgesamt für 27 Minuten unterbrach. Nach der langen Pause verloren die Fürther ihre Linie - und dann auch das Spiel. Das 1:2 war die dritte Niederlage in Folge.

Trotz der Niederlage gegen Hertha BSC sah Fürths Trainer Alexander Zorniger keinen Grund, etwas an seiner Aufstellung zu verändern - und durfte sich nach kurzen Anlaufschwierigkeiten bestätigt sehen. Mit jeder Minute kam das Kleeblatt besser ins Spiel und erarbeitete sich auch erste Möglichkeiten. Doch weder Oussama Haddadis zu zentraler Abschluss (13.) noch Tim Lemperles Flachschuss (18.) machten Ron-Robert Zieler im Hannoveraner Tor Angst.

Auf der anderen Seite köpfte Nicolo Tresoldi nach Flanke des Ex-Fürthers Sebastian Ernst freistehend nur in Urbigs Hände, dann aber jubelten die knapp 250 mitgereisten Fans im Gästeblock. Armindo Sieb, der kurz zuvor nur knapp über das Tor geköpft hatte, bekam den Ball von Simon Asta an der Sechzehnmeterlinie, drehte sich blitzschnell, nahm kurz Maß und traf dann perfekt zum verdienten 0:1 (29.) ins Eck.

Auch danach machte das Kleeblatt ein sehr gutes Auswärtsspiel, ließ defensiv kaum etwas zu, war im Mittelfeld sehr präsent - erspielte sich aber bis zur Halbzeit keine wirkliche Torchance mehr. Knapp fünf Minuten nach Wiederanpfiff flogen dann die inzwischen obligatorischen Tennisbälle aus der Hannoveraner Fankurve. Erst einmal. Dann zweimal. Dann dreimal. Als er zum vierten Mal vergeblich anpfeifen wollte, schickte Schiedsrichter Patrick Ittrich die Mannschaften erst zu den Trainerbänken und nach weiteren Würfen schließlich in die Kabine.

26 Minuten lang war die Partie wegen solcher Szenen unterbrochen. Immer mittendrin: Schiedsrichter Patrick Ittrich.   

26 Minuten lang war die Partie wegen solcher Szenen unterbrochen. Immer mittendrin: Schiedsrichter Patrick Ittrich.    © Sportfoto Zink / Melanie Zink, Sportfoto Zink / Melanie Zink

"Diese Spielunterbrechung wird präsentiert von" war zeitgleich auf einem Banner auf der Tribüne zu lesen, kurz darauf kam das stilisierte Logo von Martin Kinds Unternehmen zum Vorschein: "Kind Störgeräte". Erst nach knapp zehn Minuten kamen die 22 Spieler wieder auf den Rasen - doch an Fußball war deshalb noch lange nicht zu denken. Mit Ittrichs erstem Pfiff flogen erneut Tennisbälle, auch beim zweiten Versuch, das Spiel fortzusetzen, fühlte man sich wie in Wimbledon - und nicht wie bei einem Spitzenspiel der zweiten Fußball-Bundesliga.

Erst nach 26 Minuten Pause ging es weiter - und schon glich Hannover aus. Phil Neumann köpfte eine Ecke von Enzo Leopold zum 1:1 ins Netz (61.). Es war das dritte Standard-Gegentor in Folge fürs Kleeblatt, das danach durch Sieb zweimal die Chance hatte, erneut in Führung zu gehen. Eine Viertelstunde vor Schluss versuchte es Hrgota zweimal hintereinander aus der Distanz, doch jubeln durften die in der 81. Minute erneut die Hannoveraner. Michalski verlor das Kopfballduell gegen Ex-Fürther Nielsen, Tresoldi traf zum 2:1.

In der zehnminütigen Nachspielzeit zwang Lemperle Zieler nochmal zu einem Rettungsflug, die wütend anrennenden Fürther erspielten sich mehrere Ecken, doch wirkliche Torgefahr strahlten sie sich nicht mehr aus. Um 20.53 Uhr pfiff Ittrich ein letztes Mal - und beendete ein weiteres grotestkes Fußballspiel.

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